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Die Segensprüche (11) — ברכות

Posted 5 yrs ago

Traktat über die Segenssprüche, enthaltend ein Gebot der Schrift, nämlich: den großen und heiligen Namen Gottes nach dem Essen zu preisen; die Erklärung hievon ist nun in folgenden Capiteln enthalten.

Erstes Capitel.
1) Es ist ein Gebot der Thora, nach jedem Mahl seinen Segen zu verrichten, denn es heißt (5 B. M. VIII, 10) "Hast du gegessen und bist satt geworden, so sollst du segnen den Ewigen, deinen Gott"; der Schrift nach ist man also nicht eher dazu verpflichtet, als bis man satt geworden, denn heißt: "Hast Du gegessen und bist satt geworden, so sollst du segnen"; unsere Gelehrten aber verordnen, daß, wenn man blos soviel, wie eine Olive groß gegessen, man schon den Segen sprechen müsse. 2) Auch ist es Verordnung der Schriftgelehrten, daß man bei jeder Speise, vor dem Verzehren derselben, den Segen spreche, — und sie nachher erst genieße, so daß man nicht das Mindeste mit Absicht esse oder trinke, ohne den Segen darüber gesprochen zu haben. Ebenso muß man, wenn man an etwas angenehm Duftendes riechen will, vorher den Segen sprechen, und dann erst sich den Genuß verschaffen; wer irgend Etwas ohne den Segensspruch genießt, hat gegen das Gebot gefehlt. Auch ist es Verordnung der Schriftgelehrten, daß man nach Allem, was man gegessen oder getrunken, wenn letzteres auf ein Quart, und Ersteres auf die Größe einer Olive sich beläuft, den Segen sprechen müsse; wenn man aber Speisen oder Getränke versucht, so ist weder ein vorhergehender, noch nachfolgender Segensspruch erforderlich, so lange das Versuchte nicht ein Quart ausmachte. 3) Und so wie man bei dem materiellen Genuß den Segen spricht, thue man es auch vor der Ausführung eines jeden Gebotes, — man spricht nämlich früher den Segen und verrichtet dann erst die Handlung; ebenso haben unsere Weisen noch viele Segenssprüche in Lob-, Dank- oder Bittform eingeführt, damit man des Schöpfers eingedenk sey, selbst wenn man nichts genießt, oder kein Gebot zu erfüllen hat. 4) Hiernach lassen sich alle Segenssprüche unter drei Abtheilungen bringen:
1. Die Segenssprüche beim Genusse;
2. Bei Erfüllung der Gebote;
3. Die der Lobpreisungen, welche als Lob, Dank oder Bitten hervorgebracht werden, um des Schöpfers stets eingedenk zu seyn, und dir Ehrfurcht gegen ihn stets rege zu erhalten. 5) Die Formeln aller Segenssprüche sind von Esra und seinem Gerichtstribunal eingeführt; daher darf man bei keiner — weder Etwas abändern, noch zusetzen, noch auslassen; denn wer das Gepräge der Weisen im Segensspruche abändert, ist als Irrender zu betrachten. Jeder Segensspruch, in dem nicht die Erwähnung des Namens Gottes mit dem Attribute der Weltregierung vorkommt, wird nicht als solcher angesehen, ausgenommen der Fall, wo er einem wirklichen Segensspruch vorangeht. 6) Alle Segenssprüche dürfen in irgend welcher Sprache abgehalten werden, nur muß die Art, wie sie von unseren Weisen abgefaßt wurden, beibehalten werden. Ist ein Segensspruch abgehalten, so genügt es, — selbst wenn das eigentliche Gepräge desselben verändert wurde, nur muß in ihm des Namens Gottes mit dem Attribute der Weltherrschaft, wie auch der Bedeutung des Segensspruch, wenn auch in einer profanen Sprache, Erwähnung gethan seyn. 7) Man muß alle Segenssprüche so laut sprechen, daß man sie selber hören kann; waren sie jedoch dem Sprechenden selbst nicht vernehmbar, so hat man dennoch seiner Pflicht genügt, gleichviel ob man sie ausgesprochen, oder bloß in Gedanken gehabt. 8) Man darf in keinem der Segenssprüche zwischen dem Segen und der Handlung, welche den Segen erfordert, eine Unterbrechung von einer andern, anderweitigen, Thätigkeit zulassen; wenn dies aber geschehen ist, muß man den Segen von Neuem sprechen. Entstand hingegen die Unterbrechung durch eine Thätigkeit, welche mit der in Rede stehenden in Bezug war, so ist es nicht nöthig, den Segen von Neuem zu sprechen; z. B. wenn man über Brod den Segen sprach, vor dessen Genuß aber sich mit den Worten unterbricht: Bringe Salz, Suppe, gebt diesem und jenem zu essen, reicht dem Vieh Futter und dergleichen, so ist es nicht nöthig von Neuem den Segen zu sprechen; dasselbe gilt auch für andere ähnliche Fälle. 9) Alle Segenssprüche dürfen auch von einem Entweihten abgehalten werden, ganz gleich ob die Entweihung der Art ist, daß er denselben Tag ihrer enthoben werden kann, oder nicht; verboten ist es aber, den Segensspruch zu halten, wenn man nackt ist*).

*Der Schluß dieses Paragraphen ist des Sittlichkeitgefühls halber, welches bei der Schuljugend in Rücksicht gezogen werden muß, ausgelassen.


10) Alle Segenssprüche dürfen, wenn sie auch von Jemand schon verrichtet waren, noch einmal, um für Andere dieselbe Pflicht zu erfüllen, gesagt werden; ausgenommen hievon sind die Segenssprüche des nicht pflichtmäßig auferlegten Genusses, welche man für Andere nur in dem Falle sprechen darf, wenn man auch selbst mitgenießt; hingegen dürfen die Segenssprüche, welche bei pflichtmäßigen Genüssen, wie z. B. beim Essen des ungesäuerten Brodes an den Pessagh-Abenden, oder bei der Weihung der Feier stattfinden, — für andere Genießende gesprochen werden, obgleich man nicht selbst mit ihnen den Genuß hat. 11) Wenn Jemand irgend einen Segensspruch von Anfang bis zu Ende anhört, und dabei die gehörige Andacht hat, um dadurch seiner Pflicht nachzukommen, so genügt es, selbst in dem Falle, wenn er nicht mit Amen anwortet; ein Jeder aber, der Amen auf einen Segensspruch sagt, wird gleich dem betrachtet, der den Segen gesprochen, jedoch nur dann, wenn Letzterer zu einem solchen Segensspruch verpflichtet ist; war Dieser aber bloß nach der Vorschrift der Gelehrten, der Amen Sagende hingegen nach der Thora selbst dazu verpflichtet, so genügt er dadurch nicht seiner Pflicht; es muß daher ein ebenso, wie er selbst, Verpflichteter seyn, dessen Segensspruch er anhöre, oder dem er mit Amen antworte, um dadurch seiner gleichen Pflicht zu genügen. 12) Wenn mehrere bestimmen zusammen Brod zu essen, oder Wein zu trinken, und einer nur den Segen spricht, aber Alle mit Amen einfallen, so ist ihnen Allen das Essen und Trinken erlaubt; war es aber nicht ihre Absicht zusammen das Mahl zu halten, sondern wollte es ein jeder für sich thun, so muß auch jeder für sich, obgleich es sich zufällig machte, daß Alle von einem Laib Brod aßen, den Segensspruch halten; dies hat übrigens blos auf Brod und Wein Bezug; — andere Speisen und Getränke hingegen erfordern keine verabredete Vereinigung; wenn daher einer der Versammlung den Segen gesprochen, und die Uebrigen mit Amen geantwortet haben, so dürfen Alle ohne Weiteres essen und trinken, obgleich sie nicht die Absicht hatten, den Genuß gemeinschaftlich zu haben. 13) Wer einen Israeliten irgend einen Segen, wie auch nicht den ganzen von Anfang bis zu Ende sprechen hört, und er auch zu einem solchen Segensspruche nicht verpflichtet ist, muß doch darauf mit Amen einfallen; war aber der Sprechende ein Atheist, oder ein Götzendiener, ein Bethörer, oder ein Knabe, der sich blos in Segenssprüchen übt, oder war es selbst ein großer Gelehrter, der aber das Gepräge des Segensspruches ändert, so antworte man darauf nicht mit Amen. 14) Wer da auf einen Segensspruch Amen sagt, der spreche es nicht zu schnell, nicht abgebrochen, nicht zu kurz, nicht lang gedehnt aus, sondern mittelmäßig; auch darf er seine Stimme nicht höher, als die des Segen-Sprechenden erheben; wer aber den Spruch gar nicht angehört, darf nicht Zugleich mit den Anderen Amen sagen. 15) Von einem Solchen, der unnütz einen Segensspruch sagt, heißt es, daß er den Namen Gottes zu falsch auf seinen Lippen trägt; er gleicht einem, der da falsch schwört, und es ist verboten darauf mit Amen einzufallen. Schüler hingegen darf man in den Segenssprüchen nach ihrer vollen Formel üben, obgleich diese auch während der Uebung gleichsam unnütz gesprochen werden; man antwortet aber darauf nicht mit Amen; Niemand würde auch dadurch seiner Segensspruch-Pflichtigkeit Nachkommen. 16) Wer auf seinen eigenen Segensspruch Amen sagt, verfährt ungeziemend; dies aber zum Schlusse des, nach einer Mahlzeit folgenden, letzten Segensspruches zu thun, ist lobenswerth, wie z. B. nach "Erbauer Jerusalems", in dem Mahlzeitsegen, oder nach dem letzten Segensspruche des abendlichen "Höre Israel", und so auch zum Schlusse der nach dem Genusse folgenden Segnungen. 17) Warum darf man aber Amen nach "Erbauer Jerulems" sprechen, da doch darauf die Formel des Guten und Wohlthuenden folgt? Weil diese Formel erst zur Zeit der Mischnagelehrten eingeführt wurde, und sie gleichsam als bloße Zugabe zu betrachten ist: wo also das "Erbauer Jerusalems" als der Schluß der eigentlichen Mahlzeit-Segnung zu betrachten ist. Warum darf man wiederum nicht Amen nach der Formel "Mit ewiger Liebe" sprechen? Weil sie blos als Schluß der ersten Formel der Segnung des "Höre Israel" gilt; - so darf man auch nicht in allen ähnlichen Fällen, in dener die Handlung zu einem vorangehenden Segensspruch verpflichtet, wie z. B. vor dem Lesen der Megila-Rolla, oder vor dem Anzünden der Einweihungslichte sich selber Amen sagen, damit dies nicht eine Unterbrechung, zwischen dem Segensspruche und der dazu verpflichtenden Handlung, bilde. 18) Warum aber darf man nicht nach dem Segensspruche des Genusses, auf seine eigene Formel mit Amen antworten? Weil dies bloß ein einzelner Segen ist, Amen aber nur als Schlußwort des letzten von mehreren Segenssprüchen dient, wie z. B. bei denen, welche für den König, oder den Hohenpriester und dergleichen, gesagt werden, wodurch eben angezeigt werden soll, daß hiemit alle Benedeiungen beendigt sind. 19) Wer etwas Verbotenes, sey es mit Muthwillen, oder durch Versehen, ißt, darf weder vor, noch nach dem Genuß, den Segen sprechen, z. B. wenn Jemand etwas nach den Schriftgelehrten Verzehntenpflichtiges ißt, oder auch vom ersten Zehent, bevor die Priesterhebe abgenommen wurde, oder vom zweiten Zehent und Geheiligten, die noch nicht gehörig eingelöst worden, so spreche er nicht den Segen, geschweige denn, wenn Jemand Etwas von gefallenen oder zerrissenen Thieren, oder von verbotenem Wein genießt, und dergleichen. 20) Hat Jemand aber Demai gegessen, was nur Armen erlaubt ist, oder vom ersten Zehent, nachdem zwar die Priesterhebe, aber nicht der Antheil der großen Hebe enthoben wurde, so darf er wohl vor und nach dem Genusse den Segen sprechen, wenn er zuvor den letztern durch die Aehren ersetzt hat; dasselbe gilt auch vom zweiten Zehent oder Geheiligten, wenn sie eingelöst worden, aber das Zugabenfünftel noch nicht entrichtet wurde, und so in anderen ähnlichen Fällen mehr.

Zweites Capitel.
1) Die Ordnung des Mahlzeitsegens ist folgende: Zuerst kommt die Formel: "Der da speist", dann die Formel: "Ueber das gelobte Land", drittens: "Erbauer Jerusalems" und viertens: "Der Gute und Wohlthuende". — Die erste Formel hat unser Lehrer Moses verordnet, die zweite Josua, die dritte David und sein Sohn Salomo, die vierte aber haben die Weisen der Mischna eingeführt. 2) Wenn Arbeiter bei einem Herrn beschäftigt sind, und dabei ihre Mahlzeit halten, dürfen sie vor dem Essen keinen Segensspruch halten, und auch nachher blos zwei, damit sie nicht zu viel von der Arbeit ihres Herrn vernachlässigen; von diesen zweien Segenssprüchen wird der erste — wie gewöhnlich gesprochen; der zweite aber beginnt mit der Formel über das gelobte Land, geht zur Formel: "Erbauer Jerusalems" über, und schließt dann wieder mit dem Segen des gelobten Landes. Arbeiten sie aber blos für Kost, oder speiste ihr Herr selbst mit ihnen zusammen, so müssen sie alle Segenssprüche, ganz wie alle Andere verrichten. 3) Die Formel über das gelobte Land muß eine der Gottespreisungen sowohl im Anfange, wie zum Schluß enthalte, und mit den Worten: "Für das Land und für die Speise" beschlossen werden. Wer in dieser Formel die Worte "das ersehnte, gute und geräumige Land" nicht spricht, hat seiner Pflicht nicht genügt; auch muß man darin des Bundes und der Thora Erwähnung thun, und zwar zuerst des Bundes, dann der Thora; — denn unter diesem Bunde wird die Beschneidung verstanden, bei welcher dreizehn Bundesbeschlüsse gefaßt wurden, wo hingegen bei der ganzen Thora blos drei stattfanden, wie es nämlich heißt (5 B. M. XXVIII, 69) "Diese sind die Bundesworte", dann (5 B. M. 69). "Außer dem Bunde, welchen er mit ihnen am Ghoreb geschlossen", und endlich (5 B. M. XXIX). "Ihr stehet da, u. s. w., um dich in den Bund aufzunehmen". 4) Die Formel beginnt: "Erbarme Dich, Ewiger, unser Gott, über uns, wie über Dein ganzes Volk Israel, über Jerusalem, Deine Stadt, und Zion, die Wohnung Deiner Ehre", — oder "Tröste uns Ewiger, unser Gott, in Jerusalem Deiner Stadt", und beschließe mit "Erbauer Jerusalems", oder "Tröster seines Volkes Israel, durch den Bau Jerusalems", woher auch die Benennung dieser Formel "Trostsegen" kommt. Wer in dieser Formel des Königthums des Hauses Davids nicht Erwähnung thut, hat seiner Pflicht nicht genügt, indem dieses der eigentliche Inhalt der Segensformel ist, weil ein vollkommener Trost nur durch die Rückkehr des königlichen Hauses Davids stattfinden kann. 5) An Sabbaten und Feiertagen beginne und beschließe man mit den Trostworten, erwähne aber der Tagesfeier in der Mitte. Man fange nämlich an mit: "Tröste uns Ewiger, unser Gott, durch Zion, Deine Stadt" oder: "Erbarme Dich, Ewiger, unser Gott, über Israel, Dein Volk, wie auch über Jerusalem, Deine Stadt", und schließe mit: "Tröster seines Volkes Israel durch den Bau Jerusalems", oder "Erbauer Jerusalems"; in der Mitte aber spreche man Am Sabbat: "Unser Gott, und Gott unserer Väter, geruhe uns zu erlösen, Ewiger, unser Gott, durch Deine Gebote und durch das Gebot dieses siebenten, großen und heiligen Tages, denn fürwahr dieser Tag ist groß und heilig vor Dir, und wir wollen auch an ihm ruhen und rasten mit Liebe, wie das Gebot Deines Willens lautet; durch Deinen Willen aber gieb uns auch Ruhe, Ewiger, unser Gott, und es mögen über uns kein Drangsal, Unglück, keine Trauer und keine Seufzer kommen, an dem Tage unserer Ruhe"; an Feiertagen spreche man: — "Es möge aufsteigen und gelangen"; so schalte man auch an Neumonds- und Zwischenfeiertagen in die Mitte dieser Formel auch: "Es möge aufsteigen und gelangen", ein. 6) Am Einweihungs- und Loosesfeste setze man zur Formel über das gelobte Land den Dank für die Wunderthaten, ganz wie im Gebete hinzu. Fiel der Feiertag, oder der Neumondstag auf einen Sabbat, so spreche man früher das "Geruhe uns zu erlösen" und dann das "Es möge aufsteigen und gelangen"; ebenso spreche man, wenn der Neumondstag des Teiweth auf einen Sabbat fällt, in der Formel des gelobten Landes das: "Ueber die Wunderthaten", dann aber "Geruhe uns zu erlösen" und "Es möge aufsteigen und gelangen" in der Trostformel. 1) In der Segensformel muß man drei Mal der Weltherrschaft Erwähnung thun; wenn ein Gast bei einem Hausherrn diesen Segen verrichtet, muß er auch einen Segen für diesen sprechen, er sage nämlich: "Es möge Dein Wille seyn, daß der Hausherr weder in dieser Welt zu Schanden, noch in der künftigen zu Schmach komme"; es steht außerdem einem Jeden frei, in diesen Segen noch eigene Wünsche für den Hausherrn einzuschalten. 8) Wenn man den Segen in dem Hause eines Trauerhaltenden verrichtet, so spreche man in der vierten Formel, "Der lebendige König, der gute, wohlthuende und wahre Gott, wahrer Richter, der da in Gerechtigkeit schlichtet, der in seiner Welt herrscht, und nach seinem Willen darin schaffet, dessen Volk und Knechte wir sind, und dem wir in jeder Lage zu danken, und ihn zu segnen verpflichtet sind", wobei man auch um das himmlische Erbarmen für den Trauerhaltenden flehen kann, um diesen nach Wunsch zu trösten, worauf dann der Vers: "Der Erbarmer" folgt u. s. w. 9) Bei einem jungen Ehepaar spreche man den bräutlichen Segen nach diesen vier Segensformeln, und zwar bei jeder Mahlzeit die in ihrem Hause gespeist wird; diese Segensformel darf aber weder ein Knecht, noch ein Unmündiger vollziehen. Wenn ein Wittwer eine Wittwe heirathet, so dauert der bräutliche Zustand nur einen Tag; wenn aber ein Jüngling eine Wittwe, oder ein Wittwer eine Jungfrau heirathet, so muß dieser Segen sieben Brautstageslang gesprochen werden. 10) Der Segen, den man im bräutlichen Hause als Zugabe spricht, ist die letzte Segensformel der sieben Trauungs- segenssprüche; diese Formel ist indessen nur für Diejenigen hinreichend, welche bei der Trauung gegenwärtig waren und alle sieben gehört haben; — waren aber nur Gäste gekommen, welche den Trauungssegnungen nicht beiwohnten, so muß man nach der Mahlzeit ihretwegen alle sieben Segenssprüche, ganz wie zur Trauung verrichten, jedoch nur, wenn ihrer zehn sind, den Bräutigam mitgerechnet. 11) Folgende sind die sieben Segenssprüche: "Gelobt seyst Du, Ewiger, unser Gott, König der Welt, der den Menschen gebildet". "Gelobt seyst Du, Ewiger, unser Gott, König der Welt, der Alles zu seiner Ehre erschaffen". "Gelobt seyst Du, Ewiger, unser Gott, König der Welt, der den Menschen geformt nach seinem Ebenbilde, und in dem Bilde der Gestalt seines Körperbaues ihm auch einen Bau für ewig und immerdar gegeben; gelobt seyst Du, Ewiger, Bildner des Menschen. Es freue sich, es freue sich und es jauchze die Kinderlose, nachdem die Kinder sich in ihr in Freuden versammelt; gelobt sey der Ewige, unser Gott, der die Stadt Zion in ihren Kindern erfreut. Erfreue, erfreue das sich liebende Paar, wie Du die Geschöpfe im Paradiese in der Urzeit erfreut hast; gelobt seyst Du, Ewiger, der da erfreut den Bräutigam und die Braut". "Gelobt seyst Du, Ewiger, unser Gott, König der Welt, der da erschaffen Freude und Gemüthlichkeit, Bräutigam und Braut, Frohsinn, Gesang, Lustbarkeit, Fröhlichkeit, Liebe, Brüderschaft, Friede und Geselligkeit; balde Ewiger, unser Gott, möge doch gehört werden in den Städten Judas und in den Straßen Jerusalems, die Stimme der Freude und Gemüthlichkeit, die Stimme des Bräutigams und die Stimme der Braut, die jauchzende Stimme der Bräutigame und die Gesänge der Jünglinge. Gelobt seyst Du, Ewiger, der da erfreut den Bräutigam und die Braut". 12) Vergaß man am Sabbate oder Feiertage die Heiligung des Tages zu sagen, so spreche man, wenn man sich dessen erinnert, vor dem vierten Segensspruche, am Sabbate: "Gelobt seyst Du, Ewiger, der da Ruhe geboten seinem Volke Israel, als Zeichen und als Bund der Heiligkeit; gelobt seyst Du, Ewiger, der da heiligt den Sabbat"; am Feiertage spreche man: "Gesegnet sey, der da Feiertage seinem Volke Israel gab, zur Freude und zur Gemüthlichkeit, gesegnet seyst Du, Ewiger, der da heiligt Israel und seine Feiertage; dann fange man den vierten Segensspruch an, und fahre fort; hat man sich aber nach der vierten Segensformel dessen erinnert, so bleibe man sogleich stehen, und fange den ganzen Mahlzeit-Segen von vorn an, nämlich von der Formel: "Der da ernährt". 13) Am Neumondetage spreche man, im Falle man das Gebet: "Es möge aufsteigen und gelangen" an der gehörigen Stelle zu sagen vergessen hatte, vor der vierten Segensformel: "Gesegnet sey, der da Neumondstage seinem Volke Israel zum Andenken gab"; fange darauf die vierte Segensformel an, ohne jenen Segensspruch zu beschließen. Erinnert man sich aber dessen erst, wenn man schon die vierte Segensformel begonnen, so beschließe man sie, ohne den Mahlzeitsegen von vorn wieder anzufangen; ebenso in den Zwischenfeiertagen, wie auch am Chanuka und Purim, hat man nicht nöthig den Mahlzeitsegen zu wiederholen, im Falle man die Tagesformel vergessen hat. 14) Hat Jemand nach dem Essen den Mahlzeitsegen zu sagen vergessen, so muß er ihn, wenn er sich dessen noch vor der Verdauung der Speisen erinnert, verrichten; erinnert er sich aber dessen nach der Verdauung, so spreche er nicht mehr den Mahlzeitsegen; ebenso ist zu verfahren, wenn ein Zweifel entsteht, ob man den Mahlzeitsegen gesprochen, oder nicht: wo es auch darauf ankömmt, ob man sich dessen vor, oder nach der Verdauung erinnert.

Drittes Capitel.
1) Fünf Getraidearten sind es: Waitzen, Gerste, Spelt, Hafer und Roggen; — der Spelt gehört zur Waitzen- und Haferart, der Roggen aber zur Gerstenart. Diese fünf Gewächse werden überall so lange Getraide genannt, als sie noch in Aehren sind, Korn nennt man sie, sobald sie gedroschen und geschwungen sind; wenn dies aber schon gemahlen und dessen Mehl geknetet und gebacken ist, heißt's Brod; das Brod, welches von einer dieser fünf Getraidearten gebacken wird, heißt überall Brod schlechtweg. 2) Wer nun Brod ißt, muß zuvor sprechen: "Gesegnet seyst Du, Ewiger, unser Gott, König der Welt, der da Brod hervorbringt aus der Erde"; nachher aber die genannten vier Segensformeln. Abgekochtes Korn hingegen ohne weitere Zubereitung, erheischt vor dem Essen den Segensspruch: "Der da schafft die Frucht der Erde", und nachher: "Der da erschaffen vielartige Wesen"; Mehl erheischt vor dem Essen den Segensspruch: "Auf dessen Wort Alles entstand", und nachher ebenfalls: "Der da erschaffen vielartige Wesen". 3) Wurde das Mehl von einer dieser fünf Arten abgekocht, und dann in Wasser, oder in andere Flüssigkeiten, eingerührt, so kommt es darauf an, ob es dick war, so daß es sich mehr zum Essen eignete, in welchem Falle man zuerst den Segen spricht: "Der da erschaffen verschiedenartige Speisen" und nachher; "über die Lebensnahrung und die Speise"; im Falle aber, daß es dünn war, so daß es mehr zum Trinken geeignet war, spreche man zuvor den Segen: "Auf dessen Wort Alles entstand", und nach dem Genusse: "Der da vielartige Wesen erschaffen". 4) Wurde Mehl von einer dieser fünf Arten in einem Topfe gekocht, sey es allein, oder mit andern Speisen vermischt, wie z. B. Pfannkuchen und dergleichen, oder wurde das Korn zerhackt, oder zerstoßen und dann in einem Topfe gekocht, wie z. B. Graupen, Grütze und dergl., welches Alles man Topfgerichte nennt, oder sey es auf jede andere Art Gekochtes, worin entweder Mehl oder Brod von diesen fünf Arten beigemischt wurde, — so spreche man zuerst den Segen: "Der da erschaffen verschiedenartige Speisen". 5) Jedoch hat dies nur dann seine Anwendung, wenn eine dieser Getraidearten von Jemand besonders gern gehabt wird, und in der Speise nicht als Zuthat zu betrachten ist; war aber die eine dieser fünf Getraidearten als Beimischung — Nebenspeise, so spreche man den Segen nur über die Hauptspeise, worin auch die Nebenspeise mitbegriffen ist; denn es ist allgemeine Regel bei den Segenssprüchen, daß, wenn eine Hauptspeise mit einer Nebenspeise vorliegt, man nur über die Hauptspeise den Segen zu sprechen hat, welcher auch schon für die Nebenspeise gilt, ganz gleich, ob die Nebenspeise mit der Hauptspeise vermischt war, oder nicht. 6) Unter vermischten Nebenspeisen ist zu verstehen, wenn z. B. zu Rüben oder Kohl beim Kochen etwas Mehl von diesen fünf Sorten gethan wird, um das Gemüse haltbarer zu machen; in diesem Falle hat man nicht nöthig zu sprechen: "Der verschiedenartige Speisen geschaffen", indem das Gemüse — Hauptspeise, das Mehl nur Nebensache ist; denn jede Sache, welche man in etwas Gekochtes zuthut, um es entweder haltbarer, oder wohlriechender zu machen, oder um ihr eine Farbe zu geben, heißt bloß Zuthat; was aber in die Speisen gethan wird, um dadurch die Speisen schmackhafter zu machen, wird als Mitspeise betrachtet. Die Honigsorten aber, bei welchen im Kochen Stärke gethan wird, um sie fester zu machen und so Confitüren zu bereiten, verlangen nicht den Segen: "Der da verschiedenartige Speisen geschaffen", weil der Honig die Hauptsache ist. 7) Als nicht vermischte Zuthat wird betrachtet, wenn man z. B. zu gesalzenem Fisch etwas Brod nimmt, damit das Salz nicht den Hals, oder die Zunge beiße, und spreche man hiebei den Segen bloß über den Salzfisch, was schon die Segenspflichtigkeit über das Brod überhebt, weil dies Zuthat ist ec. ec. 8) Wurde gebackenes Brod zerbröckelt in einem Topf gekocht, oder in einer Suppe eingerührt, so kommt es darauf an, ob die Brosamen, wie eine Olive groß und noch als Brod zu erkennen sind, wobei sich nämlich ihre Form nicht verändert habe — dann spreche man zuvor den Segen: "Der da hervorbringt Brod aus der Erde"; waren sie aber keine Olive groß, oder verloren sie die Brodgestalt durch das Kochen, so spreche man zuvor: "Der da verschiedenartige Speisen erschaffen". 9) Ein Teig, welcher in der Erde gebacken wird, wie es die Araber in der Wüste thun, erheischt zuvor den Segen: "Der da verschiedenartige Speisen erschaffen", weil dieses Backwerk nicht die Form von Brod hat; wenn man jedoch seine Mahlzeit darauf allein bestimmt, so spreche man: "Der da hervorbringt". Ebenso ist es, wenn ein Teig in Honig und Milch geknetet, und dann mit verschiedenem Gewürze gebacken wird, in welchem Falle dieses Pfefferkuchen heißt, so erheischt es dennoch, obgleich es doch Brod ist, den Segen: "Der da verschiedenartige Speisen erschaffen"; hat man jedoch eine Mahlzeit darauf hin bestimmt, so spreche man: "Der da hervorgebracht". 10) Wenn Reis gekocht, oder daraus Brod gebacken, wurde, so spreche man zuvor: "Der verschiedenartige Speisen erschaffen", und nachher: "Der verschiedenartige Wesen erschaffen"; jedoch hat dies nur in dem Falle seine Anwendung, wenn er mit keiner andern Sache vermischt war. Hirsenbrod aber, oder Brod von andern Linsenfrüchten, erheischen zuvor den Segen: "Auf dessen Wort Alles entstanden", und nachher: "Der da vielartige Wesen erschaffen". 11) Alles, worüber man zuvor: "Der da hervorbringt" spricht, erheischt nach dem Genusse den vollen Mahlzeitsegen, nach der Ordnung in vier Formeln; Alles aber, worüber man zuvor "Der da verschiedenartige Speisen schafft", gesprochen, erheischt zuletzt bloß einen Segensspruch von dem Inhalte der ersten drei — aus dem Mahlzeitsegen; aus dieser Verordnung, wird der Reis ausgenommen. 12) Alles dies hat nur dann seine Anwendung, wenn man wie eine Olive groß, oder mehr gegessen; wer aber weniger, als eine Olive groß, sey es Brod, oder seyen es andere Speisen, und wer auch weniger als ein Quart Wein oder andere Getränke getrunken, spricht nur zuvor den auf die Speisen bestimmten Segen, ohne nach dem Genüsse einen Segensspruch sagen zu müssen. 13) Folgender ist der Segensspruch von dem Inhalte der drei ersten Sprüche des Mahlzeitsegens: "Gelobt seyst Du, Ewiger, unser Gott, König der Welt, wegen der Nahrung, wegen der Speise, und wegen des ersehnten, guten und geräumigen Landes, das Du erwählt und unsern Vorältern als Erbtheil gegeben; erbarme Dich, Ewiger, unser Gott, über uns, über Israel Dein Volk, über Jerusalem Deine Stadt, über Zion, die Wohnstätte Deiner Ehre; bringe uns dahin, erfreue uns durch ihre Wiedererbauung, auf daß wir Dich ihretwegen in Heiligkeit und Reinheit segnen; Gelobt sey der Ewige, wegen des gelobten Landes und wegen der Nahrung". An Sabbaten und Feiertagen erwähne man in diesem Segensspruche im Allgemeinen auch der Heiligkeit des Tages, ganz wie es im Mahlzeitsegen geschieht.

Viertes Capitel.
1) Den Mahlzeitsegen, wie auch den einen Segensspruch vom Inhalte der drei Formeln, muß man an demselben Orte verrichten, wo man gespeist; wenn man aber gehend ißt, so setze man sich da hin, wo man zu essen aufgehört, und spreche dann den Segen; aß man stehend, so setze man sich daselbst hin und spreche den Segen; vergaß man den Segen zu sprechen und erinnert sich dessen, bevor man die Speise verdaut, so spreche man da den Segen, wo man sich dessen erinnert, — hat man aber muthwilliger Weise den Mahlzeitsegen vernachlässigt, so muß man an Ort und Stelle zurück, und da den Segen sprechen; jedoch hat der, welcher an der Stelle, wo er sich befand, den Segen sprach, seiner Pflicht genügt. Ebenso genügt es, wenn man stehend oder gehend den Mahlzeitsegen gesprochen; von vorn herein aber spreche man den Mahlzeitsegen und den Spruch vom Inhalt der drei Formeln nicht anders, als sitzend und da, wo man die Mahlzeit gehalten. 2) Wenn Jemand zweifelt, ob er vorher den Spruch, "Der da hervorgebracht", gesprochen oder nicht, so wiederhole er ihn nicht, weil er nicht ein Gebot der Thora ist; hat aber Jemand geradezu vergessen den Segen: "Der da hervorgebracht" vor dem Essen zu sprechen, so spreche er ihn, wenn er sich dessen noch vor dem Schlusse der Mahlzeit erinnert; sonst aber spreche er ihn nicht mehr. 3) Begann Jemand seine Mahlzeit in einem Hause, unterbrach sie aber, und ging nach einem andern Hause, — oder war Jemand im Essen begriffen, als ihn sein Nachbar hinwegrief, um mit ihm zu sprechen, und ging er bis zur Hausthüre hin, kehrt aber nachher an die frühere Stelle zurück, so muß er, weil er den Ort verlassen, zuerst den Mahlzeit-Schlußsegen über das bereits Gegessene halten, dann aber von Neuem: "Der da hervorbringt" sprechen, und hierauf die Mahlzeit beschließen. 4) Saß eine Gesellschaft zu Tisch, und ging einem Bräutigam oder einer Braut entgegen, so frägt es sich, ob von ihr ein Alter oder Kranker bei Tische geblieben; in diesem Falle können sie an ihren Platz zurückkehren, und ohne eines zweiten Segensspruches benöthigt zu seyn, die Mahlzeit fortsetzen; blieb aber Niemand bei Tische, als sie fortgingen, so muß sie zuerst den Schlußsegen, und nach ihrer Rückkehr den vorhergehenden Segensspruch von Neuem sprechen. 5) Ebenso ist es, wenn man in einer Gesellschaft zum Trinken, oder Früchte zu genießen, versammelt war; hier wird jeder, der seinen Platz verändert, ebenfalls als zu genießen aufhörend betrachtet, und deswegen muß er zuerst den Schlußsegen über das bereits Gegessene, und dann einen vorangehenden, über das noch zu Genießende, halten; wer aber den Platz von einem Winkel zum andern im Hause verändert, der braucht nicht den Segensspruch zu erneuern. Wenn Jemand an der Ostseite eines Feigenbaumes zu essen begonnen, dann aber seine Stellung ändert, und an der Westseite fortsetzen will, so muß er einen neuen Segensspruch halten. 6) Hat man über das Brod den Segen gesprochen, so ist man überhoben, ihn über das Zugemüse von gekochten Früchten, oder dergl., womit das Brod gegessen wird, zu halten; hat man über das Zugemüse den Segen gesprochen, so wird der Brodsegen nicht erlassen. Sprach man den Segen über Topfgekochtes, so ist der Suppensegen erlassen; sprach man aber den Segen über die Suppe, so ist der Segen über das Topfgekochte nicht erlassen. 7) Hat man im Gedanken beschlossen, das Essen oder Trinken zu unterbrechen, ändert aber nachher seinen Entschluß und setzt es wieder fort, so muß man einen neuen Segen sprechen, selbst wenn man den Platz nicht verlassen hat; wenn man aber die Mahlzeit nicht aufgiebt, sondern im Gegentheil zu ihr zurückzukehren denkt, so hat man keinen neuen Segen zu sprechen, selbst wenn die Unterbrechung einen ganzen Tag gedauert hat. 8) Waren Mehrere im Trinken begriffen und sprachen: wollen wir den Mahlzeitschlußsegen, oder die Tagesweihung sprechen, — so ist es ihnen verboten zu trinken, bis sie den Schlußsegen gesprochen, oder die Weihung gehalten; wollten sie jedoch das Trinken wieder vornehmen, bevor sie den Schlußsegen oder die Weihung gesprochen, so müssen sie, abgesehen davon, daß diese That nicht erlaubt ist, von Neuem den vorhergehenden Segen: "Der die Frucht des Weinstocks geschaffen", sprechen, und dann erst trinken; wenn sie aber sagten: wollen wir die Habdalah sprechen, so ist's nicht nöthig von Neuem den Genußsegen zu halten. 9) Tranken Mehrere Wein, und wurde ihnen dann eine andere Sorte gebracht, z. B. wenn sie weißen tranken, und man ihnen schwarzen brachte, oder wenn sie alten tranken, und man frischen brachte, so ist es nicht nöthig einen neuen Segen über den Wein zu sprechen, — sondern sie haben bloß zu sprechen: "Gelobt seyst Du, Ewiger, unser Gott, König der Welt, der Gute und Wohlthuende". 10) Man darf den Genußsegen über keine Speise und kein Getränk vorher sprechen, als bis sie vor dem Genießenden stehen; wenn man aber den Segen vorher spricht, und dann erst das zu Genießende bekommt, so muß man einen zweiten Segen sprechen; hat man eine Speise in der Hand gehalten, und darüber den Segen gesprochen, und ist sie dann aus der Hand gefallen und verbrannt, oder von einem Strom weggeschwemmt worden, so nehme man ein anderes Stück und spreche einen neuen Segen, selbst wenn es von derselben Sorte ist; um aber nicht den Namen Gottes im ersten Segensspruche umsonst ausgesprochen zu haben, sage man nun noch zuvor: "Gelobt sey der Name seiner königlichen Glorie auf ewig und immerdar". Man darf aber, wenn man aus einem Strome Wasser trinken will, den Segen sprechen und dann erst trinken, obgleich das Wasser, welches er trinkt, nicht dasselbe ist, welches vor ihm war, als er den Segen sprach; dieser Fall ist zulässig, weil er von vorn herein darauf bedacht gewesen war. 11) Speisen, welche während der Mahlzeit als zu derselben gehörig, aufgetischt werden, erfordern weder einen vorangehenden noch nachfolgenden Segensspruch, da der Segen: "Der da hervorbringt", welcher nämlich der Mahlzeit vorangeht, nebst dem Schlußsegen, alles Andere, was zur Mahlzeit gehört, mitbegreiffen, und hiemit von der Segenspflichtigkeit überheben; Speisen aber, die nicht zur Mahlzeit gehören, und während der Mahlzeit aufgetischt werden, erheischen wohl einen vorangehenden, aber keinen nachfolgenden Segensspruch; Speisen endlich, welche nach der Mahlzeit gegeben werden, sey es in Folge der Mahlzeit, oder nicht, erheischen sowohl den vorangehenden, als nachfolgenden Segen. 12) An Sabbaten und Feiertagen, wie auch bei einer Mahlzeit, welche nach einem Aderlaß, oder Bade und dergl. stattfindet, bei welcher Mahlzeit ein Jeder Wein trinkt, ist der Segensspruch über allen Wein, welchen man nach dem Essen vor dem Mahlzeitschlußsegen trinkt, in dem Falle zu erlassen, wenn man nur den vorangehenden Segen über den, vor dem Essen getrunkenen, Wein gesprochen. An gewöhnlichen Tagen aber muß man über den Wein, den man nach dem Essen trinkt, von Neuem den vorangehenden Segen sprechen. Brachte man den Tischgenossen während des Essens Wein, so spreche ein jeder den Segen für sich, da sprechen im Essen zu gefährlich ist, um Amen sagen zu dürfen; dieser Segensspruch aber bewirkt keinen Erlaß für den Wein, den man nach dem Eisen trinkt.

Fünftes Capitel.
1) Frauen und Knechte sind ebenfalls zum Mahlzeitschlußsegen verpflichtet, jedoch ist es zweifelhaft, ob diese Pflichtigkeit als Vorschrift der Thora, da zu deren Erfüllung doch keine Zeit bestimmt ist, oder ob sie bloß als Vorschrift der Gelehrten zu betrachten ist. Aus diesem Grunde können sie durch ihren Segen erwachsene Männer dieser Pflichtigkeit auch nicht überheben; Knaben aber sind zum Mahlzeitschlußsegen, bloß nach Verordnung der Schriftgelehrten, verpflichtet, um sie an die Erfüllung der Gebote zu gewöhnen. 2) Haben drei Personen zusammen Brod gegessen, so müssen sie vor dem Mahlzeitsegen die Segensworte der Vorbereitung sprechen, und zwar auf folgende Weise: waren die Tischgenossen von drei, bis zehn, an der Zahl, so spricht einer von ihnen: "Wir wollen segnen Den, von dessen Gut wir gegessen", worauf Alle antworten: "Gesegnet sey Der, von dessen Gut wir gegessen, und durch dessen Güte wir gelebt", was der eine nun wiederholt. 3) Nachher spricht derselbe: "Gelobt seyst Du, Ewiger, unser Gott, König der Welt, der das Weltall in seiner Güte speiset", und fährt so fort, bis zum Schluß aller vier Segensformeln; die Anderen fallen dann nach jeder Formel mit Amen ein. 4) Waren aber der Tischgenossen zehn und darüber, so geschieht die Vorbereitung mit dem Namen Gottes; der den Segen spricht sagt nämlich: "Wir wollen den Segen geben unserm Gott, von dessen Gut wir gegessen"; worauf die Anderen antworten: "Gelobt sey unser Gott, dessen Gut wir gegessen, und durch dessen Wohlthat wir gelebt". Dieses wiederholt der Vortragende, und fängt darauf den Mahlzeitschlußsegen an. 5) Wenn Jemand bei einem Brautpaare zu Tische sitzt, (dies gilt für den Zeitraum von vor der Hochzeit, seitdem man sich mit dem Nöthigen zur Vorbereitung des Hochzeitmahls zu, beschäftigen anfängt, bis dreißig Tage nach der Hochzeit), so spreche er im Mahlzeitschlußsegen: "Wir wollen Den segnen, dessen Wohnstätte die Freude ist, und von dessen Gut wir gegessen", worauf die Anderen antworten: "Gesegnet sey, in dessen Wohnstätte die Freude ist, von dessen Gut wir gegessen"; waren der Tischgenossen zehn, so spreche der Vortragende: "Wir wollen segnen unsern Gott, in dessen Wohnstätte die Freude ist, und dessen Gut wir gegessen", worauf die Anderen antworten: "Gesegnet sey unser Gott, in dessen Wohnstätte die Freude ist ec."; ein Gleiches findet auch statt, wenn man ein Mahl in Veranlassung der Hochzeit, im Laufe eines Jahres nach der Hochzeit, giebt, wodann man immer: "In dessen Wohnstätte die Freude ist", zu sagen hat. 6) Alle sind zum Vorbereitungssegen ebenso verpflichtet, wie zum Mahlzeitschlußsegen; sogar Ahroniden, die vom Allerheiligsten in der Tempelhalle essen, sind davon nicht ausgenommen. Demzufolge werden Ahroniden, wenn sie mit Israeliten an einem Tische gespeist, und zwar so, daß die Ahroniden Priesterhebe, die Israeliten aber Nichtgeheiligtes aßen — zugerechnet , und somit zum Vorbereitungssegen, wie zum Mahlzeitschlußsegen verpflichtet. 7) Frauen, Knechte und Unmündige, können nicht zur Vorbereitungszahl zugezogen werden, wohl aber dürfen sie unter sich selbst den Vorbereitungssegen sprechen, jedoch ist darauf zu sehen, daß keine Gesellschaft von Frauen, Knechten und Minderjährigen stattfinde, da dies unanständig aussieht; wohl aber dürfen Frauen für sich, oder Knechte für sich den Vorbereitungssegen sprechen, wenn sie nur nicht den Namen Gottes dabei erwähnen. Ein Knabe der schon weiß, wem der Segen gilt, darf zur Vorbereitung zugezogen werden, wenn er auch nicht mehr als sieben bis acht Jahre alt ist; auch kann er zugezogen werden, ganz gleich, ob zur Zahl der Drei oder zur Zahl der Zehn, um den Vorbereitungssegen darnach einzurichten; ein Nicht-Israelit darf zum Vorbereitungssegen nicht zugezogen werden. 8) Zum Vorbereitungssegen darf nur Derjenige zugezogen werden, der Brod, wenigstens wie eine Olive groß, gegessen; haben sieben Mitglieder Brod gegessen, und drei — Suppe oder dergl., so werden sie zu dem Vorbereitungssegen mit dem Namen Gottes zugezogen; jedoch muß in diesem Falle der Vortragende einer von denen seyn, die Brod gegessen; haben aber sechs — Brod gegessen, und vier — Gemüse, so werden sie nicht zugezogen; denn die Brodessenden müssen durchaus eine merkliche Mehrzahl bilden; überhaupt aber hat dies bloß auf die Vorbereitung der Zehn Bezug, bei dem Fall der Drei hingegen — muß durchaus ein jeder von ihnen, wenigstens eine Olive groß, Brod gegessen haben, dann werden sie erst zusammen gerechnet. 9) Hatten zwei schon ihr Essen beendigt, als der dritte zum Essen hinzukam, so kann er zur Zahl der Drei zugezogen werden, wenn er nur irgend Etwas, von welchen Speisen es auch sey, genießen kann. Der Gelehrteste der Tischgenossen muß immer den Vortrag halten, sollte er auch später gekommen seyn. 10) Haben drei zusammen gespeist, so dürfen sie sich nicht zu dem Mahlzeitschlußsegen absondern; dasselbe gilt, wenn vier und fünf zusammen gespeist haben; wenn ihrer von sechs bis zehn sind, so dürfen sie sich wohl zum Mahlzeitschlußsegen abtheilen; waren ihrer zehn und darüber, so dürfen sie es nicht, bis ihrer zwanzig sind, denn im Falle daß nach der Absonderung eben so ein Vorbereitungssegen von jeder Abtheilung Gehalten werden könnte, darf eine Theilung auch stattfinden. 11) Wenn drei Menschen von drei Tischgesellschaften, zu je drei, zusammen kamen, so dürfen sie sich nicht vor dem Segen entfernen; hat aber schon ein jeder von ihnen den Vorbereitungssegen gehalten, so dürfen sie sich wohl entfernen, und sind zusammen nicht zum Vorbereitungssegen verpflichtet, indem sie schon einmal dazu zugezogen waren. Wenn drei Menschen sich zu Tische begeben, so dürfen sie sich, selbst wem ein jeder für sich sein Brod ißt, beim Schlußmahlzeitsegen nicht absondern. 12) Wenn zwei Tischgesellschaften in einem Halse speisen, so werden sie, im Falle sie einander sichtbar sind, zu einem Vorbereitungssegen zugezogen: sind sie einander nicht sichtbar, so spreche eine jede Gesellschaft den Vorbereitungssegen für sich; war aber ein und derselbe Diener bei beiden Tischen, so daß er dieselben zugleich servirte, so werden sie zu einem Vorbereitungssegen zugezogen, selbst in dem Falle, wenn sie sich einander nicht sehen; jedoch müssen die Worte des Vortragenden beiden Gesellschaften vernehmbar seyn. 13) Speisten drei zusammen, und entfernte sich einer von ihnen auf die Straße, so können die beiden Nachgebliebenen, wenn sie ihm nachrufen, daß er nur anhören möchte, was sie beten, die Vorbereitungsformel, ihn mitrechnend, sprechen, und das genügt der Pflicht, obgleich er auf der Straße geblieben; jedoch hat dieser den Mahlzeitschlußsegen für sich zu sprechen, wenn er nach Hause kommt. Speisten zehn zusammen und verläßt einer die Gesellschaft, so darf man die Vorbereitungsformel der zehn nicht eher sprechen, als bis er auf seinen Platz zurückgekehrt ist. 14) Speisten drei zusammen, und beeilte sich einer von ihnen den Mahlzeitschlußsegen für sich zu sprechen, so dürfen die beiden anderen ihn doch zum Vorbereitungssegen zuziehen: in welchem Falle diese ihrer Pflicht genügen, der dritte aber nicht, indem ja nach dem Mahlzeitschlußsegen keine Vorbereitung stattfinden kann. 15) Speisten zwei zusammen, so spreche ein jeder den Segen für sich; verstand der eine den Segen zu sprechen, der andere nicht, so spreche jener mit lauter Stimme, und dieser falle mit Amen nach jeder Segensformel ein, wodurch er seiner Pflicht genügt. Ein Sohn darf für seinen Vater, ein Knecht für seinen Herrn, eine Frau für ihren Gatten den Segen sprechen, wodurch die Genannten ihrer Pflicht genügen. Jedoch sagten die Weisen, es sey ein Fluch, wenn Weib und Kind für Mann und Vater den Segen sprechen. 16) Es ist indessen zu bemerken, daß sie bloß in dem Falle ihrer Pflicht genügen, wenn sie gegessen, ohne satt geworden zu seyn, wodann die Pflichtigkeit zum Schlußsegen nur als Satzung der Schriftgelehrten gilt, weshalb auch ein Unmündiger, ein Knecht, oder eine Frau sie hiebei ersetzen können; speiste Jemand aber bis zur Sättigung, wodann er nach Vorschrift der Thora den Schlußsegen zu halten verpflichtet ist, so kann weder Frau, noch Unmündiger, noch Knecht für ihn den Segen sprechen, weil jeder in der Erfüllung seiner Pflicht, die von der heiligen Schrift herrührt, auch nur durch einen von der Thora selbst dazu Verpflichteten ersetzt werden kann. 17) Tritt Jemand zu Fremden ein, und trifft sie gerade bei der Vorbereitungsformel, so kommt es darauf an, ob der Vortragende bei den Worten: "Wir wollen segnen" hält, in welchem Falle der Eintretende antworten muß: "Gesegnet sey Er und gebenedeiet auf immerdar"; kam er aber hinzu, als die Tischgenossen mit dem: "Gesegnet sey, von dessen Gut wir gegessen", einfielen, so spreche er darauf bloß ein Amen.

Sechstes Capitel.
1) Ißt Jemand ein solches Brod, worauf man den Segensspruch: "Der da hervorbringt" halten muß, so ist er zu einem vorangehenden und nachfolgenden Händewaschen verpflichtet; sogar wenn das Brod nicht geheiligtes war, seine Hände auch nicht eingeschmutzt, und er sich keiner entweihenden Berührung entsinnt, so speise er doch nicht, bevor er beide Hände gewaschen. Ebenso erfordert jede Speise, die in einem der sieben Getränke eingerührt ist, vorangehendes Händewaschen. 2) Wäscht Jemand seine Hände, ganz gleich, ob zum Essen, oder zum "Höre Israel", oder zum Gebete, so spreche er zuvor den Segen: "Der da uns geheiligt durch seine Gebote, und uns befohlen das Waschen der Hände"; denn dies ist ein Gebot unserer Weisen, denen zu gehorchen wiederum ein Gebot der Schrift ist, da es heißt: "Nach dem Gesetze, welches sie dich lehren werden". Das nachfolgende Händewaschen aber erfordert keinen Segensspruch, indem eß nur wegen der Gefährdung der Gesundheit verordnet ist; um so mehr aber — muß Jedermann die Vorschrift dieser Handlung beobachten. 3) Das Waschen der Hände nach jedem Gerichte ist etwas Freiwilliges: will Jemand, so thue er es, — und auch nicht. Früchte, die nicht geheiligt sind, erfordern weder das vorangehende, noch das nachfolgende Händewaschen; wer es aber dennoch thut, gehört zu den Arroganten. Jedes Brod hingegen, in dem sich Salz befindet, erfordert das nachfolgende Händewaschen, weil zu besorgen ist, daß darin sodomitisches Salz, oder auch anderes, mit sodomitischem vermischtes Salz war, und man in Folge dessen erblinden könnte, wenn man mit den Händen die Augen berührte; es ist daher auch Pflicht, nach jeder Mahlzeit, wegen des darin befindlichen Salzes, die Hände zu waschen. In einem Kriegslager ist man von dem vorangehenden Händewaschen dispensirt, weil man mit dem Kriege beschäftigt ist, hingegen aber zum nachfolgenden, wegen der Gefahr, verpflichtet. 4) Die Hand muß bis zum Gelenke gewaschen werden. Das Maaß des zum Waschen der Hände erforderlichen Wassers — ist ein Quart für beide Hände. Alles, was als Hin- derniß bei der Untertauchung gilt, ist auch bei der Waschung der Hände zu erwägen, und Alles, was zum Maaße des Tauchbades zugezogen werden darf, kann auch zum Maaße des Quarts zugezogen werden. 5) Ist Jemand zur Händewaschung verpflichtet, und steckt er die Hände in's Tauchbadwasser, so ist dies hinreichend; taucht er sie aber in Wasser, worin nicht das volle Maaß des Tauchbades war, oder gar in geschöpftes Wasser, welches sich stehend in der Erde befindet, so hat er dadurch nichts bewirkt, indem geschöpftes Wasser nur durch das Bespülen die Hände reinigt. 6) Ein Jeder, der die Hände wäscht, muß vier Bedingungen beobachten:
1) In Bezug auf das Wasser selbst, daß es nicht zum Händewaschen unzulässiges sey.
2) In Bezug auf das Maaß, daß für je zwei Hände eine Quart sey.
3) In Bezug aufs Gefäß, daß das zum Waschen genommene Wasser sich in einem gesetzlichen Gefäße befinde, und
4) In Bezug auf den sich Waschenden, daß die Bespüllung durch Menschenkraft geschehe. 7) Vier Fälle machen das Wasser unzulässig:
1) Die Veränderung der Farbe.
2) Das Offenstehen des Wassers.
3) Wenn das Wasser schon gebrauchtes war.
4) Wenn es so verdorben ist, daß es sogar für's Vieh untrinkbar geworden. Unter Wasser von veränderter Farbe ist zu verstehen, wenn es in Gefäßen, oder in Erdbecken, eine andere Farbe annimmt? durch etwas darein Gefallenes, oder durch den Ort, wo es sich befindet, gefärbt wird; ebenso wenn das Wasser unbedeckt blieb, und zwar so lange, als es zum Trinken verboten macht, so wird es auch umzulässig zur Händewaschung. 8) Alles gebrauchte Wasser ist gleichsam Spülwasser geworden, und folglich zum Händewaschen unzulässig; z. B. wenn man in geschöpftem Wasser Geschirre ausgespült, oder: Brod geweicht und dergl., — ganz gleich, ob das Wasser sich nachher in Gefäßen, oder im Erdbecken befindet, es bleibt immer zum Händewaschen unzulässig; wurden jedoch schon ausgespülte Gefäße, oder ganz neue, darin gespült, so wird das Wasser dadurch nicht unzulässig gemacht. 9) Das Wasser, worin der Bäcker das Brod tunkt, ist zum Händewaschen unzulässig, dasjenige aber, woraus er während des knetens schöpft, ist zulässig; weil bloß das Wasser, welches sich in seiner Hand befindet, als gebrauchtes zu betrachten ist keineswegs aber dasjenige, von dem er geschöpft. Außerdem ist alles Wasser, das zum Tränken eines Hundes untauglich, z.B. wenn es so bitter, salzig, trübe oder übelriechend wird, — wenn es sich in Gefäßen befindet, zum Händewaschen unzulässig; ist es aber im Erdboden stehendes Wasser, so ist's erlaubt, die Hände darin zu tauchen. In den Warmbädern zu Tiberias an Ort und Stelle, darf man wohl die Hände in die Quellen tauchen; schöpfte man aber aus ihnen mit einem Gefäße, oder zog man aus ihnen einen Kanal nach einem andern Orte, so darf man mit diesem Wasser, weder die vorangehende, noch nachfolgende Händewaschung bewerkstelligen, weil es nicht zum Trinken für das Vieh taugt. 10) Der sich Waschende kann das Wasser zu Bischen auf die Hände gießen, bis das gehörige Maaß voll ist; man darf auch das ganze Quart mit einem Mal ausgießen, sogar vier oder fünf Menschen können die Hände nebeneinander, oder untereinander halten, und mit einem Aufguß die Hände waschen, jedoch ist dabei zu beobachten, daß die Hände von einander abstehen, damit das Wasser auch alle Hände berühre, und daß in diesem Wasserstrom für jeden wenigstens ein Quart sey. 11) Man darf das Maaß zur Händewaschung weder aus den Wänden des zerbrochenen Geschirrs, noch aus dem vertieften Boden, noch aus den Scherben, noch aus den Dauben eines Fasses auf die Hände gießen; hat man aber diese Dauben zur Händewaschung eingerichtet, so ist's erlaubt. Ebenso kann man aus einem Weinzober, wenn er dazu eingerichtet ist, die Hände waschen; ein Sack oder Beutel, die dazu eingerichtet wurden, sind unzulässig; auch darf man nicht mit seiner Handvoll Wasser seinem Nächsten die Hände waschen, denn die hohle Hand bildet kein Gefäß. Ebenso sind Geschirre, die so beschädigt sind, daß sie dadurch der Entweihung nicht unterliegen, nicht zur Waschung der Hände zu gebrauchen, da solche — Scherben heißen. 12) Man kann mit allen Geschirren die Händewaschung vornehmen, selbst mit solchen, die aus Mist oder Erde gemacht sind, wenn sie nur ganz sind; ein Gefäß aber, das nicht ein Quart groß ist, oder kein Quart Wasser enthält, darf nicht zur Waschung gebraucht werden. 13) Ein Jeder ist zulässig seinem Nächsten die Hände zu waschen, selbst ein Taubstummer, Blödsinniger, und Unmündiger; ist gar kein Anderer zugegen, so halte man das Gefäß zwischen den Knieen und begieße so die Hände, oder biege das Faß auf die Hände und begieße sie, oder fasse das Gefäß mit der einen Hand und begieße die andere; auch ist ein Affe zur Händebegießung zulässig. 14) Eine Tränke, wohin das Wasser entweder mit der Hand, oder mit einem Rade, geleitet wird, und wo das Wasser, sich in einer Rinne fortzieht, um so Gemüsegärten oder Vieh zu tränken, bewirkt, wenn man die Hände darin steckt und das Wasser sie vorüberfließend bespült, keine gesetzliche Händewaschung, indem hier kein Begießer ist; waren aber die Hände so nahe dem Ausstrome des Eimers, daß das Wasser auf seine Hände gleichsam durch die Kraft der menschlichen Begießung kommt, so ift's giltig. 15) Entstand in Hinsicht des Wassers ein Zweifel, ob es schon gebrauchtes ist, oder nicht, oder ob es das gehörige Maaß enthält, oder ob es rein, oder entweiht ist, oder zweifelt gar Jemand, ob er seine Hände schon gewaschen, oder nicht, so wird in solchen Fällen immer für die Reinsprechung entschieden; denn jeder Zweifel, der bei der Händereintgung entsteht, wird immer für die Reinsprechung entschieden. 16) Bei der, dem Essen vorangehenden Händewaschung, muß man die Hände aufwärts halten, damit das Wasser, nachdem es über das Gelenk gelangt, nicht zurück auf die Hände laufe; bei der, dem Essen nachfolgenden Händewaschung aber, muß man die Hände nach unten halten, damit jede Spur des Salzes weggespült werde; die vorangehende Händewaschung kann sowohl über einem Geschirre, als über der Erde stattfinden; die nachfolgende aber — nur über einem Geschirre; die vorangehende Waschung kann, ganz gleich ob mit kaltem, oder am Feuer gewärmtem Wasser stattfinden; die nachfolgende aber darf nicht mit warmem geschehen; jedoch bezieht sich dieses Verbot nur auf so heißes Wasser, bei welchem sich die Haut der Hand zusammenzieht, in welchem Falle die Salz-Klebrigkeit nicht abgespült wird, indem man die Hand mit dem Wasser nicht reiben kann; war das Wasser bloß laulig, so kann man auch die dem Essen nachgehende Waschung mit ihm vornehmen. 17) Ein Jeder kann die Händewaschung, die er Morgens verrichtet, als für alle im Laufe des Tages vorkommenden Fälle giltig machen, so daß er vor jeder Mahlzeit die Hände nicht besonders zu waschen braucht; nur muß er zur Zeit an die schon verrichete Waschung denken; vergaß er aber ihrer, so muß er jedes Mal, so oft eine Händewaschung erforderlich ist, diese auch vornehmen. 18) Man darf die Hände mit einem Tuche umwickeln, und so Brod, oder irgend etwas Anderes, das in Flüssigkeiten eingerührt ist, essen, obgleich man die Hände nicht gewaschen. Wer Anderen zu essen giebt, bedarf nicht der Händewaschung, wohl aber der gespeist wird, obgleich ihm das Essen von einem Anderen in den Mund gelegt wird, und er es garnicht berührt; man muß sich auch die Hände waschen, wenn man mit Gabeln ißt. 19) Es ist verboten, einem, der die Hände nicht gewa- schen, Speisen zu reichen; man darf sie ihm sogar nicht in den Mund legen. Es ist auch verboten, das Händewaschen als etwas Geringfügiges zu betrachten, indem die Weisen mehrere Gebote und Ermahnungen in dieser Beziehung hinterließen; so ist es gesagt, wenn Jemand nur so viel Wasser hat, als er zum Trinken braucht, so wasche er mit einem Theil davon die Hände, um essen zu können, und trinke erst dann den Rest. 20) Man muß die Hände vorerst trocknen, und dann erst essen; wer aber mit nicht getrockneten Händen ißt, gleicht einem, der entweihtes Brod ißt; ebenso muß man die Hände, nachdem man sie zum Schlusse der Mahlzeit gewaschen, trocknen, und alsdann erst den Segen sprechen; der Mahlzeitschlußsegen folgt übrigens unmittelbar auf die Händewaschung, so daß man sich durch keine andere Handlung unterbrechen lassen darf; es ist selbst nicht erlaubt, zwischen der Händewaschung und der Sprechung des Schlußsegens, Wasser zu trinken.

Siebentes Capitel.
1) Die Weisen Israels beobachteten bei der Mahlzeit viele Gebräuche, welche alle der Sittlichkeitsgebühr entsprangen: nämlich beim Eintritt zum Essen wusch sich der Vornehmste der Gesellschaft die Hände, und nachdem Alle in den Speisesaal getreten waren, setzten sie sich angelehnt in der Ordnung um den Tisch, so daß der Vornehmste obenan, der ihm zunächst Stehende nebenan zu sitzen kamen. Waren da drei Lehnstühle, so saß der Vornehmste obenan, der ihm zunächst Geachtete höher (rechts) als er, und der Dritte abwärts niedriger als er, (links). 2) Der Hausherr spricht dann den Segen: "Der da hervorbringt" bis zu Ende, und schneidet das Brod an; der Gast hingegen spricht den Mahlzeitschlußsegen, damit er darin dem Hausherrn einen Segen sprechen könne; ist aber kein Hausherr da, so schneidet der Vornehmste von ihnen das Brod an, und spricht auch den Segen. 3) Der das Brod anschneidet, darf es nicht früher thun, als bis Salz, oder irgend eine Zuthat, vor einem jeden Tischgenossen hingestellt wurde, außer nur in dem Falle, wenn man bloß trocknes Brod zu essen beabsichtigt. Man schneide weder ein kleines Stück an, weil dies geizig aussieht, noch ein Stück, das größer als ein Ei ist, weil dies wie Freßsüchtigkeit ausgelegt werden könnte; am Sabbat aber kann man wohl ein großes Stück abschneiden; auch darf man nur an der Stelle anschneiden, wo das Brod am besten gebacken ist. 4) Besonders lobenswerth ist es, ein ganzes Brod anzuschneiden; ist nun ein ganzes Gerstenbrod und ein angeschnittenes Waitzenbrod vorhanden, so lege man das ganze nach Innen zu dem angeschnittenen zusammen, und schneide beide an, so daß man mit dem Waitzenbrode beginne, und mit dem Gerstenbrode ergänze; am Sabbat und Feiertage ist es Pflicht, die Mahlzeit bei zwei Bröden zu beginnen, indem man beide in die Hand nimmt, und eines anschneidet. 5) Der da die Mahlzeit eröffnet, legt einem jeden der Tischgenossen ein Stück vor, das Uebrige behält er in seiner Hand. Der Anschneidende darf aber dem Tischgenossen das Stück Brod nicht in die Hand geben, außer — wenn dieser ein Trauernder ist. Der Anschneidende ißt auch zuerst, so daß die Tischgenossen nicht früher essen dürfen, als bis er Etwas von der Mahlzeit genossen; der Anschneidende darf aber seinerseits nicht früher essen, als bis das Amen vom Munde der Tischgenossen verhallt. Wollte der Anschneidende seinem Lehrer, oder einem, der größer als er in Weisheit ist, Ehre erweisen, indem er ihm früher genießen lassen will, so ist's ihm erlaubt. 6) Wenn zwei Tischgenossen da sind, so muß einer auf den andern bei jeder Schüssel warten; wenn ihrer aber drei sind, so ist's nicht nöthig; haben zwei ihr Essen beendigt, so muß der dritte auch zu essen aufhören; wenn aber einer zu essen aufgehört, so sind die anderen zwei nicht gehalten ein Gleiches zu thun, sondern setzen das Essen fort, so lange sie es wollen; während des Essens ist es nicht erlaubt zu sprechen, denn dies könnte den Essenden gefährlich werden; wenn daher Wein während des Essens aufgetischt wird, so spreche ein Jeder den Segen für sich; denn wenn Jemand den Segen über den Wein laut spräche und ein Anderer während des Herunterschluckens Amen sagte, so könnte es für ihn gefährlich werden; auch darf man weder den Essenden, noch seine Speise unverwandt ansehen, da dies ihn in Verlegenheit setzen könnte. 7) Der Diener, der vor den Tischgenossen steht, darf nicht mitessen; indessen ist es doch Sache des Mitleids, daß man ihm Etwas von jedem Gerichte in den Mund thue, damit er sich beruhige. Hat man ihm Wein gereicht, so muß er auf jeden Becher einen besondern Segensspruch halten, da dieser Genuß nicht von seiner Willkühr abhängt, sondern von dem Willen der Darreichenden. 8) Entfernte sich Jemand von den Tischgenossen *), und blieb in einem Gespräche lange weg, so wasche er die Hände, bevor er wieder zurückkommt; war die Tischgesellschaft bloß zum Trinken versammelt, so nehme er vorher seinen Platz ein wasche die Hände, und wende dann erst das Gesicht zu den Tischgenossen: denn sonst könnte man argwöhnen, er habe, weil hier nicht gespeist wird, seine Hände gar nicht gewaschen. 9) Man darf kein rohes Fleisch auf Brod legen, keinen vollen Becher über Brod hinüberreichen, auch darf man keine Schüssel mit Brod unterstützen, noch Brod werfen, was auch mit keinem andern Eßwerk, das keine Schale hat, gethan werden darf, wie z. B. mit Maulbeeren, Weintrauben und Feigen, weil sie dadurch schmutzig werden; es ist aber erlaubt, den Wein bei dem jungen Brautpaare durch Röhren zu ziehen, auch dürfen gebrannte Mandeln und Nüsse vor sie hingeworfen werden, jedoch nur im Sommer und nicht in Wintertagen, weil sie davon schmutzig werden könnten; es darf aber nicht die Händewaschung mit Wein, sey es ganz reiner oder gemischter, stattfinden; eben so wenig darf man andere Speisen oder Getränke zu etwas Verächtlichem gebrauchen. 10) Die eingeladenen Gäste dürfen Nichts von dem ihnen Vorgesetzten nehmen, um es dem Sohne, oder der Tochter des Hausherrn, zu reichen; denn der Einladende könnte, im Falle er nicht mehr, als das Vorgesetzte hat, in Verlegenheit kommen, nachdem das Kind in seiner Unwissenheit sich mit den Speisen entfernte. Niemand darf seinem Nächsten ein Faß Wein schicken, in dem auch Oel ist, denn es könnte sich ereignen, daß einmal *) Hier ist ein Casus ausgelassen. ein solches Faß lauter Wein enthielte, und nur ein wenig Oel im Spundloche, und daß der Empfänger des Fasses in der Meinung, es sey ihm Oel geschickt, dazu Gäste einladet, durch welchen Irrthum er in Verlegenheit gerathen würde; so sind auch alle dergleichen Handlungen verboten, die den Hausherrn in Verlegenheit setzen könnten. 11) Nach der Mahlzeit decke man den Tisch ab, fege den Ort, wo gespeist wurde, und wasche sich dann die Hände, denn es steht zu besorgen, daß so viele Brosamen nachgeblieben, die zusammen eine Olive groß ausmachten, worauf weder zu treten, noch zu waschen erlaubt ist; machen aber alle Brosamen zusammen keine Olive aus, so darf man sie auch von vornherein vernichten. 12) Brachte man nach dem Essen das Wasser zur Händewaschung, so wasche Derjenige zuerst die Hände, der den Schlußsegen spricht, damit der Vornehmere nicht so lange mit schmutzigen Händen sitze, bis sich ein Anderer rein gewaschen, — darauf nehmen die anderen Tischgenossen nach einander die Waschung vor; man bezeige aber bei dieser Handlung keinen Vorzug, indem man bei schmutzigen Händen, bei Brückenpassagen, oder bei Wegen, keine Bevorzugung thut; dies ist bloß bei einer Thüre, wo eine Mesusa (Thürspruch) angebracht ist, der Fall, und dann auch nur beim Eintritt ins Haus. 13) Hat man die Waschung der Hände beendigt, sie abgetrocknet und auch den Schlußsegen gesprochen, und hat man Dessert (im Orient auch aromatisches Räucherwerk) gebracht, so spricht Derjenige den Segen darüber, der den Mahlzeitschlußsegen gesprochen, die Anderen aber fallen mit Amen ein. 14) Hat man Wein zur Mahlzeit, so bringe man einen Becher von einem Quart — oder mehr — groß, nehme dazu Gewürze, fasse den Wein mit der Rechten und die Wohlgerüche mit der linken Hand, und spreche zuerst den Mahlzeitschlußsegen, dann den Segen über den Wein, zuletzt den über die Gewürze; bestanden die Spezereien in wohlriechendem Oel, so beschmiere der den Segen Sprechende damit den Kopf des Dieners; war aber der Diener auch ein Gelehrter, so muß er es an die Wand schmieren, damit er nicht mit Wohlgerüchen auf die Straße gehe. 15) Obgleich der Mahlzeitschlußsegen keinen Wein erfordert, so hat man doch, wenn man über den Wein, wie wir oben den Gebrauch beschrieben, den Segen spricht, den Segenbecher von innen und von außen auszuspülen, und ihn mit reinem Wein zu füllen; nachdem man aber zur Formel des gelobten Landes gelangt, gieße man, damit er zum Trinken angenehmer sey, zu dem Weine etwas Wasser. So lange aber der Mahlzeitschlußsegen und der Segen über den Wein nicht beendigt, und der Wein nicht getrunken, darf man nicht sprechen, sondern es haben alle Tischgenossen bis dahin zu schweigen, — und können dann erst mittrinken.

Achtes Capitel.
1) Alle Baumfrüchte erfordern vor dem Genusse den Segen: "Schöpfer der Frucht des Baumes"; nach, dem Genusse "Schöpfer verschiedenartiger Wesen", — die fünf Fruchtarten aber, die in der Thora aufgezählt sind, nämlich: Weintrauben, Granaten, Feigen, Oliven und Datteln, erfordern nach dem Genüsse die Segensformel vom Inhalte der drei Segenssprüche. Ueber Erdfrüchte und Grünes spricht man zuerst den Segen: "Schöpfer der Erdfrüchte" und nachher: "Schöpfer vielartiger Wesen". Gegenstände, die nicht zum Pflanzenreiche gehören, wie z. B. Fleisch, Käse, Fische, Eier, Wasser, Milch, Honig und dergl., erfordern zuerst den Segen: "Auf dessen Wort Alles entstand", und nachher "Schöpfer vielartiger Wesen"; wer aber Wasser nicht um den Durst zu löschen trinkt, ist weder vor, noch nach dem Trinken, den Segen zu sprechen verpflichtet. 2) Drückt Jemand Früchte aus, so spreche er über deren Saft zuerst den Segen: "Auf dessen Wort Alles entstand" und zuletzt: "Schöpfer vielartiger Wesen"; ausgenommen hievon sind Weintrauben und Oliven; denn auf den Wein muß man zuerst sprechen: "Schöpfer der Frucht des Weinstockes", und nach dem Genusse — die Formel vom Inhalte der drei Segenssprüche. Ueber Oel wiederum hat man zuerst: "Schöpfer der Frucht des Baumes" zu sprechen; jedoch ist dies nur dann der Fall, wenn Jemand Halsschmerzen hat, und Oel mit abgekochtem Wasser, oder dergl. getrunken, und so einen Genuß von dem Trinken hat; trank er aber das Oel rein, und ohne Halsschmerzen zu haben, so spreche er blos den Segen: "Auf dessen Wort Alles entstand", — da er vom Geschmacke des Oels gar keinen Genuß hat. 3) Wenn man Früchte oder Kräuter, die gewöhnlich roh gegessen werden, gekocht oder abgebrüht ißt, so spreche man zuerst den Segen: "Auf dessen Wort Alles entstand" und zuletzt: "Schöpfer vielartiger Wesen"; wenn man hingegen Kräuter, die gewöhnlich abgekocht gegessen zu werden pflegen, wie z. B. Kohl und Rüben, roh ißt, so spreche man zuerst den Segen: "Auf dessen Wort Alles entstand" zuletzt: "Schöpfer vielartiger Wesen". Wenn man dasselbe jedoch kocht oder abbrüht, so spreche man zuerst: "Schöpfer der Frucht der Erde", zuletzt: "Schöpfer vielartiger Wesen". Gegenstände aber, die man ebenso roh, als gekocht — essen kann, erfordern immer, ganz gleich, ob man sie roh oder gekocht ißt, den gewöhnlichen Segen, nämlich, wenn es Baumfrüchte sind: "Schöpfer der Frucht des Baumes", und wenn es Erdfrüchte oder Kräuter sind: "Schöpfer der Frucht der Erde". 4) Ueber die Brühe solcher Kräuter, die man gewöhnlich zu kochen pflegt, spricht man ebenfalls den Segen: "Schöpfer der Frucht der Erde", jedoch nur in dem Falle, wenn man die Kräuter — der Brühe wegen, abgekocht hat, indem diese Brühe da, wo es Gebrauch ist sie zu trinken, wie die Kräuter zu betrachten ist. Ueber den Dattelhonig spricht man: "Auf dessen Wott Alles entstand." Datteln aber, die mit der Hand zerrieben und von ihren Kernen befreit werden, erfordern zuerst den Segen: "Schöpfer der Frucht des Baumes", und dann die Formel der drei Segenssprüche. 5) Die süßen Rohre, deren ausgedrückter Saft so lange gekocht wird, bis er gerinnt und sich dem Salze gleich kristiallisirt, erfordern nach der Meinung aller Gaonim: "Der Schöpfer der Frucht der Erde", nach Einigen aber: Schöpfer der Frucht des Baumes; ebenso behauptete man, daß wer solche Rohre saugt: "Schöpfer der Frucht der Erde" sprechen müße; mich dünkt aber, daß dies gar keine Frucht sey, und folglich keine andere Formel erfordert als: "Auf dessen Wort Alles entstand", indem der Honig aus solchem Rohre, der durch Sieden bei einem Feuer sich verändert, nicht wichtiger ist, als der von Datteln, welcher gar keine Veränderung durch Feuer erleidet, und dennoch nur die Formel: "Auf dessen Wort Alles entstand" erfordert. 6) Der Palmenstengel, nämlich die Spitze der Palmen, die wie Weißholz aussieht, erfordett zuerst: "Auf dessen Wort Alles entstand"; die Kaperstrauchblüthen erfordern: "Schöpfer der Frucht der Erde", weil sie keine Baumfrucht sind; die Kaperstrauchbeeren aber, nämlich die Frucht, die wie feine kleine Datteln aussieht, erfordern die Formel: "Schöpfer der Frucht des Baumes". 7) Pfeffer und Ingver, so lange sie feucht sind, erfordern den Segensspruch: "Schöpfer der Frucht der Erde", sind sie aber trocken, so erfordern sie gar keinen Segensspruch, weder vor, noch nach dem Genusse, — indem sie bloß Würze, aber keine Speise ausmachen; ebenso ist bei einer Speise, die zu keinem eigentlichen Essen, und bei einem Getränk, das nicht zum eigentlichen Getränk bestimmt ist — keine Segensformel, weder vor, noch nach dem Genüsse, nöthig. 8) Verschimmeltes Brod, überzogener (verdorbener) Wein, etwas Gekochtes, das die Farbe verloren, und unreif abgefallene Früchte, Bier, Essig, Heuschrecken, Salz, Pilze und Schwämme, erfordern den Segensspruch: "Auf dessen Wort Alles entstand". Eine allgemeine Regel ist's, wo man zuerst: "Auf dessen Wort Alles entstand" spricht, sagt man nach dem Genusse die Formel: "Schöpfer vielartiger Wesen", und Alles, was nach dem Genusse einen Segen erfordert, verlangt auch einen vor dem Genusse desselben. 9) Hefen, auf den man drei Maaß Wasser gießt, und von dem man vier Maaß Getränke abzieht, erfordert den Segen: "Schöpfer der Frucht des Weinstockes", weil dies noch immer verfälschter Wein genannt werden kann. Zieht man aber weniger als vier Maaß ab, so spreche man zuvor, obgleich noch Weingeschmack in ihm vorhanden ist, den Segen: "Auf dessen Wort Alles entstand". 10) Sprach man über Baumfrüchte: "Schöpfer der Frucht der Erde", so ist der Pflicht genügt; sprach man über Erdfrüchte: "Schöpfer der Frucht des Baumes", so genügt es nicht; sprach man aber über alle Gegenstände: "Auf dessen Wort Alles entstand", so hat man seiner Pflicht genügt, selbst wenn es über Brod und Wein wäre. 11) Nahm Jemand ein Glas Bier in die Hand, und begann zwar den Segensspruch mit: "Auf dessen Wort Alles entstand", irrte sich aber, und schloß mit: "Schöpfer der Frucht des Weinstockes", so hat er den Segen nicht von Neuem zu sprechen. Ebenso ist es, wenn vor ihm Erdfrüchte waren, und er den Segen: "Schöpfer der Frucht der Erde" begonnen, dann sich aber geirrt und mit: "Schöpfer der Frucht des Baumes" beschlossen, er wiederhole auch dann nicht den Segen. Dasselbe gilt auch, wenn Jemand etwas Gekochtes von Getraide vor sich hat, und den Segen: "Schöpfer vielartiger Speisen" zu sagen anfing, sich aber irrt und: "Der da her- vorbringt" spricht, — wodurch seiner Pflicht genügt ist, weil, während er des Namens Gottes und der Weltherrschaft erwähnte, was doch, die Hauptidee der Segensformel ausmacht, er die Absicht hatte, den für diese Speisen gesetzlichen Segensspruch zu sagen; da also im Wesentlichen des Segensspruches kein Irrthum obwaltete, was zwar am Schlusse der Fall war, so hat er ihn nicht nochmals zu wiederholen. 12) Entsteht in Bezug dieser Segenssprüche der Zweifel, ob man schon den Segen gesprochen oder nicht, ganz gleich, ob den vorangehenden oder nachfolgenden, so wiederhole man sie nicht, da sie alle bloß Satzungen der Schrift- gelehrten sind. Hat aber Jemand aus Vergessenheit die Speise in den Mund genommen, ohne den Segen gesprochen zu haben, so hat er, im Falle es Flüssigkeiten waren, diese herunterzuschlucken, und dann den Segen zu sprechen; waren es aber solche Früchte, die, wenn man sie aus dem Munde nimmt, Ekel erregend sind, z. B. Maulbeeren und Weintrauben, so behalte man sie im Munde, spreche den Segen, und schlucke sie erst dann herunter; — waren es aber Früchte, die, aus dem Munde genommen, nicht Ekel erregend sind, z. B. Bohnen oder sonstige Hülsenfrüchte, so nehme man sie zuvor aus dem Munde, auf daß man mit leerem Munde den Segen sprechen könne, und genieße erst dann die Frucht. 13) Befanden sich vor Jemandem mehrere Sorten, so kömmt es darauf an, ob der Segensspruch für alle gleich ist, in welchem Falle er über einen Gegenstand den Segen spricht, und für die anderen dadurch befreit ist; müßten die Segensformeln verschieden seyn, so spreche er über jeden Gegenstand den dafür bestimmten Segen, und wähle als erste Speise — welche er will; hat er zu einem Gegenstand nicht mehr Lust, als zum andern, so kommt es darauf an, ob unter ihnen eine von den sieben Fruchtarten ist; in diesem Falle muß er zuerst den Segen darüber sprechen; unter diesen sieben geht die voran, welche im Bibelverse voran steht. Diese sieben sind nämlich in folgendem Verse aufgezählt (5 B.M. VIII, 8). Ein Land mit Waitzen, Gerste, Weinstöcken, Feigenbäumen und Granatäpfeln; ein Land mit Oelbeeren und Honig. Unter diesem Honig wird der Dattelhonig verstanden. Die ganzen Datteln indessen gehen den Weintrauben voran, weil die Datteln das zweite Wort von dem Worte Land, während Weintrauben das dritte bilden. 14) Eine Segensformel, von dem Inhalte aller drei, nämlich der fünf Fruchtarten, der gewöhnlichen Früchte und des Weines, ist dieselbe, welche für Getraide bestimmt ist, mit dem Unterschiede, dast man bei gewöhnlichen Früchten zu sagen hat: "Für die Bäume und die Frucht des Baumes, für die Gewächse des Feldes und für das ersehnte Land ec.; über den Wein aber sagt man: "für den Weinstock und für die Frucht des Weinsiockes", und schließt in beiden "für das Land und für die Früchte" ein; war es im Lande Israel, so füge man: "fürs Land und ihre Früchte" hinzu. Es giebt Viele, die in der Formel vom Inhalte der drei, vor dem Schlusse noch folgende Worte ein schalten: "Der Du bist ein guter und wohlthuender Gott", was der Inhalt der vierten Formel ist; Andere hingegen behaupten, daß die vierte Segensformel nur für den Mahlzeitschlußsegen angeordnet ist. 15) Hat man Wein getrunken, Datteln gegessen, auch etwas von den fünf Getraidearten, so spreche man zuletzt: "Gesegnet sey der Ewige, unser Gott, König der Welt für die Nahrung und Speise, für den Weinstock und die Frucht des Weinstockes, für den Baum und die Frucht des Baumes, für die Gewächse des Feldes und für das ersehnte Land ec."; wodann man schließt: "Gelobt sey der Ewige, für das Land, die Nahrung und die Früchte". 16) Hat man aber Fleisch gegessen und dabei Wein getrunken, so spreche man über jeden Gegenstand einen besondern Schlußsegen; ißt man Feigen oder Weintrauben, Aepfel und Birnen und dergl., so spreche man nach dem Genusse bloß den Schlußsegen vom Inhalte der drei, weil er alle Früchte in sich begreift, diese allesammt aber auch Baumfrüchte sind, u. s. w.


Neuntes Capitel.
1) Ganz gleich, wie es verboten ist — irgend Speise und Getränke zu genießen, ohne vorher den Segen darüber gesprochen zu haben, so darf man auch — ohne einen Segensspruch, den Genuß von Wohlgerüchen sich nicht erlauben; — dieser Segensspruch über Wohlgerüche — ist verschieden; — wenn nämlich das Wohlriechende — von Baumgewächsen oder Holzgattungen ist, so spreche man "Schöpfer wohlriechender Bäume"; — war der Gegenstand ein Gras, oder dergleichen, so spreche man: "Schöpfer duftender Kräuter; war das Wohlriechende aber weder von Bäumen, noch sonst von Vegetabilien überhaupt, wie z. Bisam (Myrrhe), welches von einem Thier kömmt, so spreche man "Schöpfer wohlriechender Gegenstände"; — war es endlich eine Frucht, die zugleich genießbar ist, z. B. der Ethrog (Paradiesapfel), — so spreche man: "Der da Wohlriechendes in die Früchte gelegt". Sprach man jedoch bei allen obgenannten Gegenständen: "Schöpfer wohlriechender Gegenstände", so genügt dies. 2) Ueber Räucherwerk darf der Segen nicht eher gesprochen werden, als bis der duftende Rauch sich erhebt; — die Formel des Segensspruches richtet sich nach dem brennenden Gegenstände; — gehört dieser daher einer Baumgattung an, so ist der Spruch "Schöpfer wohlriechender Bäume", waren es Kräuter, "Schöpfer duftender Kräuter", war er animalischer Art, — "Schöpfer wohlriechender Gegenstände". 3) Ueber Balsamöl und dergleichen spreche man "Schöpfer angenehmen Oels"; über Oel von Oliven dagegen, die so lange gepreßt oder gemahlen wurden, bis das Oel einen angenehmen Duft verbreitet, spreche man "Schöpfer duftender Bäume"; — über Oel, welches so wohlriechend ist, wie das (heilige) Salböl, spreche man "Schöpfer wohlriechender Gegenstände". Brachte man Jemandem Oel und Myrthen zugleich, so spreche man den Segen über die Myrthen, wodurch man des Segensspruchs für das Oel überhoben ist, weil derselbe Segen: "Schöpfer duftender Bäume", — auf beide anwendbar sind. 4) Hatte Jemand etwas Wohlriechendes von Bäumen, und zugleich wohlriechende Kräuterarten, so genügt ein Segensspruch für beide nicht, sondern hat man denselben für jeden Gegenstand besonders zu sprechen. Wurde Jemandem Wein und Oel zugleich gebracht, so fasse er den Wein mit der rechten, und das Oel mit der linken Hand, spreche den Segen über den Wein, trinke ihn sofort, spreche dann den Segen über das Oel, rieche daran, und benetze damit den Kopf des Darbringenden; war letzterer aber ein Gelehrter, so benetze man damit die Wand. 5) Ueber einen Gegenstand, von dem es zweifelhaft, ob er zur Baum- oder zur Kräutergattung gehöre, spreche man "Schöpfer duftender Gegenstände", — gleichfalls, wenn der Gewürzkrämer etwas Wohlriechendes aus verschiedenen Spezereien zusammengemengt, — spreche man "Schöpfer wohlriechender Gegenstände"; — kommt man in einen Gewürzladen, wo sich verschiedene Spezereien befinden, so spreche man ebenfalls: "Schöpfer wohlriechender Gegenstände". Verweilte man den ganzen Tag in einem solchen Laden, so hat man diesen Segensspruch nur einmal zu sprechen, ging man aber aus und ein, so spreche man ihn jedes Mal. 6) Ueber die Rose und über den Rosmarin spreche man: "Schöpfer duftender Bäume"; — über Gartenlilien "Schöpfer duftender Bäume", über Feldlilien dagegen "Schöpfer duftender Kräuter"; über Rosenwasser, Rhododendron, Weihrauch, Mastix und dergleichen, spreche man "Schöpfer duftender Bäume". 7) Ueber drei Arten von Wohlgerüchen darf man den Segen gar nicht sprechen, nämlich: 1) über einen verbotenen, 2) über einen solchen, der blos dazu dienen soll — übeln Geruch zu beseitigen, und 3) über einen Wohlgeruch, der nicht an und für sich dazu gemacht ist, um daran zu riechen. 8) So z. B. darf kein Segen gesprochen werden über Wohlgerüche, die zum Götzendienste gehören, oder über solche, deren sich Frauen bedienen, mit denen der Umgang verboten, weil schon der Genuß dieses Wohlgeruches selbst nicht erlaubt ist; eben so wenig darf der Segen über Wohlgerüche gesprochen werden, die bei Leichen, oder an unreinen Orten, angewendet werden, wie auch nicht über Oele, welche dazu dienen, den Geruch des Schweißes zu beseitigen, — da alle diese Wohlgerüche nur zur Verdrängung übler Dünste dienen. Ueber Räucherwerk, womit man Geschirre und Kleider duftend macht, spreche man ebenfalls den Segen nicht, weil solche nicht unmittelbar dazu gemacht sind, um daran zu riechen; eben so wenig hat Derjenige, welcher an duftende Kleider riecht, den Segen dabei zu sprechen, weil Letzteren der Wohlgeruch nur mitgetheilt worden. 9) Ueber Wohlgerüche bei einer Heidnischen Tischgesellschaft darf der Segen nicht gesprochen werden, weil dergleichen Gesellschaften nur des Götzendienstes halber veranstaltet werden. Erging sich Jemand außerhalb der Stadt, und es dufteten ihm Wohlgerüche daraus entgegen, so spreche er den Segen über dieselben nur in dem Falle, wenn die Mehrzahl der Stadt-Einwohner aus Israeliten besteht, ist diese aber von mehr Heiden als Israeliten bewohnt, so spreche er den Segen nicht. Bei einer Vermischung von Wohlgerüchen, die den Segen erfordern, mit solchen, die den Segen nicht erfordern, richte man sich nach dem größten Theile der Substanz.

Zehntes Capitel.
1) Viele andere Segenssprüche und sonstige Preisesworte ohne Eingang und Schluß, haben unsere Weisen zum Lobe und Preise des Heiligen, Gelobt sey Er! angeordnet, ganz wie die Segenssprüche des Gebetes, die wir bereits oben angeführt; so z. B. hat Derjenige, der sich ein neues Haus gebaut, oder neue Effekten kauft, — gleichviel, ob er sonst dergleichen schon besitzt, oder nicht, die Worte zu sprechen: "Gelobt sey der Ewige, unser Gott, König der Welt, der uns leben ließ, uns erhalten, und uns diese Zeit hat erreichen lassen". 2) Denselben Segensspruch hat man zu sprechen, wenn man einen Freund nach dreißig Tagen wiedersieht; sieht man aber Jemanden erst nach zwölf Monaten wieder, so spreche man: "Gelobet seyst Du, Ewiger, der die Todten wieder lebendig macht"; — sieht Jemand eine Frucht, die sich jedes Jahr erneut, zum ersten Mal wieder, so spreche er: "Der Du uns Leben ließest u. s. w." 3) Hat Jemand eine gute Nachricht erhalten, so spreche er: "Gelobet seyst Du, Ewiger, König der Welt, der Gute und Wohlthuende"; ist dagegen Jemandem eine üble Nachricht zugekommen, so spreche man: "Gelobet seyst Du, Richter der Wahrheit", — letzterer Segensspruch aber muß eben so inbrünstig gesprochen werden, wie man jenen, über eine erfreuliche Nachricht spricht, denn es heißt, (5 B. M. VI, 5): "Und du sollst lieben den Ewigen, deinen Gott, von ganzem Herzen, von ganzer Seele, und von ganzem Gemüthe", woraus also zu folgern ist, daß, der außerordentlichen Liebe zu Gott gemäß, zu welcher wir verpflichtet sind, — wir auch in Drangsalen nicht weniger an Ihm mit Innigkeit und Freude hangen sollen. 4) Ereignet sich mit Jemandem etwas Gutes, oder hört man etwas Angenehmes, — obgleich, der Wahrscheinlichkeit nach, dieses Gute ein Unglück zu verursachen droht, so spreche man dennoch: "Der Gute und Wohlthuende"; begegnet wiederum Jemandem etwas Widerwärtiges, oder hört man eine unglückliche Nachricht, obgleich aus den Umständen zu vermachen ist, daß dieses Uebel ein Glück zur Folge haben könne, so spreche man: "Richter der Wahrheit"; denn der Segensspruch richtet sich nicht nach der Zukunft, sondern nach der Gegenwart. 5) Regnete es stark, so spreche derjenige, welcher ein Feld besitzt: "Der uns erleben ließ"; besitzt Jemand einen Acker gemeinschaftlich mit Anderen, so spreche er: "Der Gute und Wohlthuende", — besitzt er aber selbst kein Feld, so spreche er: "Wir beugen uns vor Dir, Ewiger, unser Gott, für jeden Regentropfen, den Du uns herabsendest; — wäre unser Mund des Gesanges voll, wie das Meer — (des Wassers), u. s. w.", bis: "Diese, diese werden loben und preisen und segnen Deinen Namen, unser König; gelobet sey der Ewige, Gott der vielen Danksagungen und Lobpreisungen". 6) Die Segenssprüche über den Regen hat man von dem Augenblicke an zu sprechen, wo das Wasser so hoch über der Erde ist, daß sich Bläschen von dem Regen auf dem Wasser zeigen und einander begegnen *). 8) Bei vier Vorfällen muß man den Danksegen sprechen: 1) Wenn ein Kranker genesen; 2) wenn ein Eingekerkerter aus dem Gefängniß entlassen worden; 3) wenn Seefahrer den trocknen Boden betreten, und 4) wenn Reisende bewohnte Orte erreichen. Dieser Dankessegen muß in Gegenwart von zehn Personen gesprochen werden, unter denen sich wenigstens zwei Gelehrte befinden, denn es heißt (Psalm 105), "Und sie werden Ihn erhöhen in der Versammlung des Volkes, und vor der Sitzung der Alten werden sie Ihn loben". — Dieser Dankessegen wird vollzogen wie folgt: der Dankende erhebe sich und spreche: "Gelobet seyst Du, Ewiger, unser Gott, König der Welt, der allen Sündern Gutes spendet, der auch mir alles Glück zugetheilt", — worauf die Zuhörer erwiedern: "Der dir Glück gespendet, Der spende es dir immerdar". 9) Siehet Jemand einen Ort, wo dem Volke Israel Wunderthaten offenbart wurden, wie z. B. das rothe Meer, oder die Furth des Jarden, so spreche er: "Gelobet seyst Du, Ewiger, unser Gott, König der Welt, der Wunder erzeigt hat unseren Eltern an diesem Orte", und auf gleiche Weise überall, wo der Menge Wunder offenbart worden: — wo aber solche nur für Einzelne geschehen, spreche dieser Einzelne, wie auch sein Sohn und Enkel, "Gelobet seyst Du Ewiger, unser Gott, König der Welt, der mir (oder der

*) §. 7 ist des Zartgefühles wegen, welches man bei der Schuljugend zu schonen hat, hier weggelassen.

meinen Eltern), ein Wunder offenbart an diesem Orte". — Wer die Löwengrube des Daniel, oder den feurigen Ofen, in welchen Chanania, Mischael und Azaria geworfen wurden, sieht, spreche: "Gelobet seyst Du, Ewiger, unser Gott, König der Welt, der den Frommen ein Wunder offenbart an diesem Orte". Sieht Jemand einen Ort, wo Götzen gedient wird, so spreche er: "Gelobet seyst Du, Ewiger, unser Gott, König der Welt, der solche Langmuth übt — gegen die Uebertreter seines Willens"; — sieht Jemand dagegen einen Ort, wo der Götzendienst aufgehört, so spreche er — wenn dieser Ort im Lande Israel ist: "Der Du den Götzendienst aus unserm Lande entfernt"; — war der Ort im Auslande, so spreche er: "Der Du den Götzendienst von diesem Lande entfernt", in beiden Fällen aber setze man noch hinzu: "Wie Du ihn von diesem Orte entfernt, so mögest Du es auch an allen andern Orten thun, und das Herz aller Götzendiener zu Deinem Dienste wenden". 10) Wer in Israel Häuser in blühendem Zustande sieht, der spreche: "Gelobet seyst Du, Ewiger, unser Gott, König der Welt, der die Grenzsteine der Wittwe wieder aufgerichtet"; sieht man sie dagegen verwüstet, so spreche man: "Gelobet sey der Richter der Wahrheit". Siehet man Israelitische Gräber, so spreche man: "Gelobet seyst Du, Ewiger, unser Gott, König der Welt, der Euch erschaffen mit Recht, Euch gerichtet mit Recht, Euch erhalten mit Recht, Euch getödtet mit Recht, und künftig Euch auferstehen lassen wird mit Recht, zum Leben der künftigen Welt, — Gelobet seyst Du, Ewiger, der die Todten wieder lebendig macht". 11) *) Wer weise Nicht-Israeliten sieht, spreche: "Gelobt seyst Du, Ewiger, unser Gott, König der Welt, Der von seiner Weisheit dem Fleische und Blute zuertheilt". Sieht Jemand Nicht-Israelitische Könige, so spreche er: "Gelobt seyst Du, Ewiger, unser Gott, König der Welt, Der von seiner Ehre dem Fleische und Blute zuertheilt." 12) Sieht Jemand einen Mohren, oder sonst irgend einen Menschen von auffallenden Gesichtszügen oder Körperbau, so spreche er: "Gelobet seyst Du, Ewiger, unser Gott, König der Welt, der seine Geschöpfe so mannigfaltig erschaffen"; — beim Anblicke eines Blinden, eines Krüppels, eines Aussätzigen oder Fleckigen und dergl., spreche man "Gelobet seyst Du, Ewiger, unser Gott, König der Welt, — Gerechter Richter"; — sieht man aber solche, die bereits als Krüppel auf die Welt gekommen, so spreche man: "Der seine Geschöpfe mannigfaltig erschaffen". Sieht man einen Elephanten, einen Affen, einen Bartgeier, so spreche man: "Der seine Geschöpfe mannigfaltig erschaffen". 13) Erblickt man besonders schöne und anmuthige Geschöpfe und liebliche Baume, so spreche man: "Gelobet seyst Du, in dessen Welt es so schön ist"; — wer sich an Frühlingstagen auf dem Felde oder in Gärten ergeht, und dort die blühenden Bäume und aufknospenden Blumen erblickt, spreche: "Gelobet seyst Du, Ewiger, König der Welt, — der es in seinem Weltall an Nichts hat fehlen lassen, und

*) Der Anfang und Schluß der § 11 ist, um jedes Mißverständniß zu beseitigen, hier ausgelassen.

darin so schöne Geschöpfe, liebliche und anmuthige Bäume erschaffen, auf daß die Menschen ihr Vergnügen daran haben". 14) Ueber Orkanartige Stürme, über Blitz und Donner und Erdrauschen, welches ein dem Lärmen großer Windmühlen ähnliches Rauschen hervorbringt, über Meteore, oder solche Lufterscheinungen, die fallenden oder fliehenden Sternen gleichen, wie auch über Cometen, — spreche man: "Gelobet seyst Du, von dessen Kraft und Macht das Weltall erfüllt ist", — auch kann man darüber sprechen: "Schöpfer der Urwelt". 15) Ueber Berge und Hochebnen, über See'n, Wüsten und große Flüsse, sobald man dieselben erst nach dreißig Tagen wieder sieht, spreche man: "Schöpfer der Urwelt". Wer den Ocean nach dreißig Tagen wieder erblickt, spreche: "König der Welten, der das große Meer erschaffen!" 16) Beim Erblicken des Regenbogens spreche man: "Gelobet seyst Du, Ewiger, König der Welt, der da eingedenk des Bundes, bewährt in seinem Bündnisse und beständig in Seinem Worte ist"; — sieht man den Neumond, so spreche man: "Gelobet seyst Du, Ewiger, unser Gott, König der Welt, der durch sein Wort die Himmel, und durch den Hauch seines Mundes alle Himmelskörper erschaffen, ihnen Gesetze und Zeiten angewiesen, auf daß sie ihre Bestimmung nicht verändern, die auch froh und freudig sind — den Willen ihres Schöpfers zu erfüllen, und also in Wahrheit wirken und Gerechtigkeit erzielen: Der auch dem Monde geboten, daß er sich immer erneuere — zur Krone des Ruhmes für die in der Geburt Geweihten, die sich ebenfalls erneuern werden wie er, um ihren Schöpfer zu preisen, für die Herrlichkeit seiner Weltherrschaft und für Alles, das Er geschaffen; gelobt seyst Du, Ewiger, der die Monde erneuet". 17) Dieser Segen muß stehend gesprochen werden, denn, wer den Segen über den Neumond zur gehörigen Zeit spricht, der ist gleichsam, wie der Huld des Herrn theilhaftig geworden; sprach man den Segen über den Neumond aber nicht während der ersten Nacht, so thue man dieses während der ersten sechzehn Tage im Monat, d. h. bis der Mond voll ist. 18) Wer die Sonne, an dem Tage, wo sie im Wendepunkte des Frühlings steht, beim Anfange des Cyclus von achtundzwanzig Jahren, erblickt, nämlich am Morgen des vierten Tages des Monats Nissan, (weil der Moment des Wendepunktes selbst, in den Anfang der vierten Nacht fällt), — spreche: "Schöpfer der Urwelt". Eben so, wenn der Mond in das Sternbild des Widders tritt, im Anfänge des Monats, ohne daß selbiges weder nach Norden, noch nach Süden abgewichen, — oder wann jede der fünf anderen Planeten beim Aufgange des Sternbildes des Widders, ihren Kreislauf ohne Abweichung nach Norden oder Süden begonnen, wie auch zu jeder Zeit, wann man das Sternbild des Widders am östlichen Ende des Horizontes aufsteigen sieht, — spreche man: "Schöpfer der Urwelt *). 20) Beim Eintritt in ein Badehaus spreche man: "Es möge ein Wille vor Dir, Ewiger, unser Gott, seyn, daß Du mich zum Frieden hinein, und zum Frieden wieder herausgehen lassest, und mich in diesem, wie in dergleichen Fällen in Zukunft errettest"; — kommt er aber zum Badehause heraus, so spreche er: "Ich beuge mich vor Dir, Ewiger, mein Gott, daß Du mich von dem Feuer errettet hast, u. s. w".

*) § 19 ist hier weggelassen.


21) Bevor man sich zur Ader läßt, spreche man: "Es möge ein Wille vor Dir seyn, Ewiger, mein Gott, daß diese Handlung mir zum Heile diene, wie Du stets Heilung auch ohne unser Verdienst uns spendest"; — nach Beendigung des Aderlasses sage man: "Gelobt seyst Du, Ewiger, der die Kranken heilet." 22) Geht Jemand seine Vorrathskammer zu messen, so spreche er: "Es möge ein Wille vor Dir seyn, Ewiger, mein Gott, daß Du stets segnen mögest das Werk meiner Hände; — begann man aber schon mit dem Messen, so spreche man: "Gelobt seyst Du, Der gesegnet hat diesen Vorrath; — ist man bereits mit dem Messen fertig, und spricht erst dann das Gebet, so ist dieses ein falsches Gebet: gleich wie auch in allen anderen Fällen, wo man nach bereits geschehener That — um Erbarmen fleht, dieses ebenfalls ein falsches Gebet heißt. 23) Wer ins Beth-Hamidrasch kommt, spreche: "Es möge ein Wille vor Dir seyn, Ewiger, mein Gott, daß ich nicht irren möge in einer Verhandlung des Gesetzes, daß ich nicht etwas Reines als unrein, nicht etwas Verbotenes als erlaubt, noch etwas Erlaubtes als verboten ansehe, und daß meine Collegen mit mir sich freuen mögen, daß ich nicht in dem Gesetze geirrt, und ebenso mögen meine Collegen nicht irren, auf daß ich mit ihnen mich freue". 24) Beim Hinausgehen aus dem Beth-Hamidrasch spreche man: "Ich beuge mich vor Dir, Ewiger, mein Gott, daß Du mir das Loos zuertheilt zwischen denen, die im Beth-Hamidrasch sitzen, und nicht zwischen denen, die da sitzen in den Schenkstuben: denn ich stehe Morgens früh auf, wie Diese, doch thue ich dieses wegen der Worte der Thora, sie aber — wegen nichtiger Dinge; — ich arbeite, wie sie, aber ich thue dies wegen der Worte der Thora, und empfange den Lohn dafür, sie — arbeiten ohne Lohn; — ich eile, und sie eilen, — ich zum ewigen Leben, — sie — zur Gruft des Verderbens". 25) Vor dem Eintritte in eine Hauptstadt, spreche man: "Es möge vor Dir ein Wille seyn, Ewiger, mein Gott, daß Du mich in diese Residenz zum Frieden führen mögest"; — ist man glücklich daselbst angekommen, so spreche man: "Ich beuge mich vor Dir, Ewiger, mein Gott, daß Du mich glücklich hierher gebracht"; — will man die Hauptstadt verlassen, spreche man: "Es möge ein Wille seyn vor Dir, Ewiger, rnein Gott, daß Du mich aus dieser Stadt zum Frieden führen mögest"; — ist man glücklich abgereist, so spreche man: "Ich beuge mich vor Dir, Ewiger, mein Gott, daß Du mich glücklich aus dieser Residenz hinweggeführt, und wie Du mich glücklich von hinnen geführt, so leite mich auch ferner zum Frieden, unterstütze mich zum Frieden, und errette mich aus der Hand eines Feindes und eines Laurers auf dem Wege". 26) Ueberhaupt soll stets der Mensch wegen des Zukünftigen beten und um Erbarmen flehen, und Danksagungen sprechen über das, was bereits geschehen: und zwar muß er Letzteres nach Kräften thun; — je mehr aber Jemand den Ewigen lobt und preist, um desto lobenswerther ist er selbst.

Eilftes Capitel.
1) Alle Segenssprüche werden mit einem: "Gesegnet seyst Du" begonnen und beschlossen; — ausgenommen sind hiervon blos die letzte Segensformel des Höre Israel, und jede Formel, welche mit der nächstfolgenden zusammenhängt, ferner, die Segenssprüche über Früchte und dergleichen, wie auch die, der Erfüllung eines Gebotes vorangehenden Formeln; — unter diesen, hier erwähnten Formeln nämlich, welche Lob und Danksagungen enthalten, giebt es einige, welche mit "Gesegnet seyft Du" beginnen, aber nicht beschlossen werden, und wiederum solche, welche mit einem "Gesegnet seyst Du" beschlossen werden, aber nicht damit beginnen; Ausnahmen hievon giebt es nur wenige, nämlich: die Segensformel bei der Gesetzesrolle und bei dem Anblicke Israelitischer Gräber, obschon diese Formeln schon ebenfalls zu den Lob- und Danksagungen, gehören; — alle übrigen Segensformeln bei Erfüllung von Geboten, werden mit einem "Gesegnet seyst Du" begonnen, nicht aber beschlossen. 2) Es giebt Gebote, zu deren Erfüllung der Israelit verpflichtet ist — sich zu bemühen, und solchen nachzustreben, wie z. B. die Thephilin, die Laubhütte, der Palmzweig, der Hörnerschall: und diese eben werden Pflichtgebote genannt, weil man in jedem Falle verpflichtet ist, selbige zu erfüllen; ferner giebt es Gebote, welche keiner unbedingten Pflicht, sondern mehr einer freiwilligen Handlung gleichen, wie z. B. das Anbringen der Mesusoth und des Dachgeländers: denn Niemand ist geradezu verpflichtet in einem mesusothpflichtigen Hause zu wohnen, sondern kann sein ganzes Leben in einem Zelte oder Schiffe zubringen, und auf diese Weise der Mesusapflicht überhoben seyn, — eben so wenig ist Jemand verpflichtet — sich dem Gebote des Dachgeländers zu unterwerfen; — bei der Erfüllung aber jedes Gebotes, welches der Mensch gegen Gott zu beobachten hat, sey es nun ein Pflichtgebot oder Nichtpflichtgebot, hat er einen vorangehenden Segen zu sprechen. 3) Eben Dasselbe gilt auch in Betreff aller Gebote, die von den Schriftgelehrten herrühren, sey es nun nach deren Satzungen ein Pflichtgebot, wie z. B. das Lesen der Rolle, das Anzünden eines Lichtes am Sabbat und am Einweihungsfeste, oder seyen es Gebote die keine unbedingte Pflicht sind, wie z. B. über das Communications-Merkmal und das Händewaschen, bei welchen allen man ebenfalls den vorangehenden Segen "Der uns geheiliget durch seine Gebote und uns Dies und Jenes befohlen u. s. w. sprechen soll. — Wo aber finden wir in der Thora Belege für dergleichen Gebote? — Es heißt nämlich: "Alles was sie dir sagen werden, sollst du thun"; folglich wird der Inhalt und Gedanke dieser Segensformel seyn: "Der Du uns geheiligt und durch Deine Gebote befohlen — den Gelehrten zu gehorchen, welche verordnet, das Licht der Einweihung anzuzünden, oder — die Rolle zu lesen"; — und so wird sich's mit allen Geboten verhalten, die von den Schriftgelehrten herrühren. 4) Warum hat man beim Händewaschen zum Schlusse der Mahlzeit den Segen nicht zu sprechen? — Weil die Gelehrten uns das Händewaschen nur wegen Vermeidung von Gefahr verordnet, und Handlungen, welche zur Beseitigung einer Gefahr dienen, zu keinem Segensspruche verpflichten, wie z. B. in dem ähnlichen Falle, wo man Nachts das Wasser, bevor man es trinkt, durchseiht, aus Besorgniß daß nicht etwa ein Blutegel hineingekommen, — wobei man doch nicht den Segen sprechen kann "Der Du uns befohlen, Wasser durchzuseihen", — und auf gleiche Weise verhält es sich mit allen dergleichen Fällen. 5) Vollzog Jemand ein Gebot, ohne den Segen gesprochen zu haben, so kömmt es darauf an, ob die Erfüllung des Gebotes noch immer fortdauert, in welchem Falle es gestattet ist, den Segen auch nach Beginn der Vollziehung zu sprechen; — ist die Handlung aber bereits ganz vollzogen, so spreche man den Segen nicht. Hat z. B. Jemand sich in Zizith gehüllt, oder Thephilin angelegt, oder sich in die Laubhütte gesetzt, ohne vorher den Segen gesprochen zu haben, so spreche er, selbst nachdem er sich bereits in die Zizith gehüllt: "Der uns geheiligt durch seine Gesetze, und uns geboten, uns in Zizith zu hüllen", oder, nach Anlegung der Thephilin "Thephilin an zu legen", — wie auch gleicherweise nach dem Niedersitzen in der Laubhütte "in der Laubhütte zu sitzen befohlen", und so in dergleichen Fällen mehr. 6) Hat aber Jemand ein Vieh geschlachtet, ohne vorher den Segen gesprochen zu haben, so spreche er nicht mehr nach dem Schlachten "Der uns geheiliget durch seine Gesetze, und uns das Schlachten geheißen"; und gleichfalls, wenn Jemand bereits das Blut bedeckt, — die Priesterhebe und den Zehenten abgesondert, oder die Untertauchung vorgenommen, ohne vorher den Segen gesprochen zu haben, so spreche er den Segen nicht mehr, — und dergleichen mehr. 7) Ein einziges Gebot giebt es nur, welches den Segensspruch erst nach dessen Erfüllung erfordert, nämlich die Untertauchung eines Proselyten: weil er vor derselben nicht sagen konnte "Der Du uns geheiliget durch Deine Gebote, und uns befohlen", — da er weder geheiligt, noch ihm Etwas geheißen worden war, so lange er noch nicht untergetaucht; — nach der Untertauchung aber spricht er den Segen wohl, weil dieser von vorn herein bis nach der Handlung verschoben worden, da der Proselyt sich vorher dazu nicht eignete. 8) Ueber jedes Gebot, welches durch seine Vollziehung auch das Ende der Pflichtigkeit bedingt, spreche man den Segen während der Vollziehung selbst, — ein Gebot aber, dessen Vollziehung noch ein zweites bedingt, erfordert den Segen erst nach Erfüllung des Letztern. — Wer z. B. eine Laubhütte baut, einen Palmzweig oder ein Horn sich anschafft, oder Zizith, Thephilin oder Mesusoth für sich macht, der spreche, während der Verfertigung dieser Gegenstände nicht: "Der uns geheiliget durch seine Gesetze, und uns geboten eine Laubhütte zu bauen, einen Palmzweig anzuschaffen, oder Thephilin zu schreiben", — weil deren Benutzung noch ein zweites Gebot bedingt; — sondern spreche den Segen erst dann, wann er sich in der Laubhütte befindet und sich daselbst niedersetzt, — den Palmzweig schüttelt, den Hörnerschall vernimmt, sich in Zizith hüllt, die Thephilin anlegt, oder die Mesusa anbringt. Wer aber ein Dachgeländer macht, muß wohl während dessen Verfertigung sprechen: "Der uns geheiliget durch seine Gebote, und uns befohlen — ein Geländer zum Dach zu machen"; — dasselbe gilt auch in ähnlichen Fällen. 9) Jedes Gebot, welches nur zu gewissen Zeiten beobachtet wird, wie z. B. über das Horn, die Laubhütte, den Palmenzweig, das Lesen der Rolle und das Einweihungslicht, desgleichen auch alle Gebote, die ein Besitzthum betreffen, wie z.B. Zizith, Thephilin, Mesusa und Dachgeländer, wie auch solche, die nicht oft Vorkommen, und nicht zu jeder Zeit ausführbar, dadurch aber gleichsam denjenigen Geboten ähnlich sind, die nur für bestimmte Zeiten verordnet worden, wie z. B. die Beschneidung und Loskaufung des erstgebornen Sohnes, — erfordern, bei deren Erfüllung, den Segen: "Der uns hat leben lassen"; — hat man über die Laubhütte, den Palmzweig oder dergleichen, das: "Der uns hat leben lassen" — nicht zur Zeit der Anfertigung gesprochen, so thue man dies zu der Zeit, wo man sie zur Erfüllung der Pflicht selbst verwendet; — dasselbe gilt auch in ähnlichen Fällen. 10) Ganz gleich, ob Jemand nun eine Pflicht um seiner selbstwillen, oder aus Rücksichten für Andere erfüllt, — so spreche er immer, vor der Erfüllung derselben "Der da uns geheiliget durch Seine Gebote, und uns befohlen zu thun" — ; den Segen aber: "Der uns hat leben lassen" spreche man nur über ein Gebot, welches man seiner eigenen Person willen erfüllt; — hatte Jemand mehrere Gebote zugleich zu erfüllen, so genügt dabei nicht ein einmaliges "Der uns geheiliget durch seine Gebote, und uns befohlen" für alle Gebote zugleich —, sondern hat man bei jedesmaliger Vollziehung eines Gebotes, einen besondern Segen zu sprechen. 11) In der Formel des Segensspruches ist der Umstand zu berücksichtigen, daß, wenn das Gebot die vollziehende Person selbst betrifft, — man zu sprechen hat: "Und uns befohlen zu thun", — wo das Gebot sich aber auf Andere bezieht, spreche man: "Und uns befohlen wegen des Thuns". 12) Wenn man nämlich die Thephilin anlegt, so spreche man: "Thephilin anzulegen"; hat man sich in Zizith gehüllt, "uns in Zizith zu hüllen", hat man sich in die Laubhütte gesetzt, "in der Laubhütte niederzusitzen", — und ebenso "das Sabbatlicht anzuzünden", "das Halel-Gebet zu beschließen"; — ebenfalls, wenn man im eignen Hause eine Mesusa befestigt, so spreche man "eine Mesusa anzubringen"; — hat man für sein eigenes Dach ein Geländer gemacht, spreche man "Der uns geheiligt durch seine Gebote, und uns befohlen — ein Geländer zu machen"; hat man die Priesterhebe für sich selbst erhoben, so spreche man: "Der uns geboten zu erheben"; — beschneidet man seinen eignen Sohn, so spreche man: "Den Sohn zu beschneiden", schlachtet man sein eigenes Pessagh-Lamm, so spreche man: "Zu schlachten". 13) Wenn man aber eine Mesusa für Andere anbringt, so spreche man: "Der uns wegen der Anbringung einer Mesusa befohlen", — hat man für Andere ein Dachgeländer gemacht, so spreche man: "Ueber Aufstellung eines Dachgeländers", hat man für Andere die Priesterhebe abgesondert, so spreche man: "Ueber die Absonderung der Priesterhebe", — hat man den Sohn seines Nächsten beschnitten, so spreche man: "Und uns wegen der Beschneidung befohlen" u. s. w. 14) Vollzog aber Jemand ein Gebot, sowohl für sich wie auch zugleich für Andere, so kömmt's wieder darauf an, ob es kein Pflichtgebot war, wodann man den Segen "wegen der Erfüllung" zu sprechen hat; — so z. B. spreche man: "Wegen des Gebotes über das Communications-Merkmal"; war es aber ein Pflichtgebet, wobei man für sich und für Andere die Vollziehung vornimmt, so spreche man: "Zu thun", — daher sage man: "Zu vernehmen den Hörnerschall". 15) Hat man den Palmzweig in die Hand genommen, so spreche man: "Ueber das Erfassen des Palmenzweiges", denn, sobald man denselben erhoben, hat man der Pflicht bereits genügt; — spricht man aber den Segen vor dem Erfassen, so heißt es: "Den Palmenzweig zu erheben", ganz wie in der Laubhütte "niederzusitzen"; woraus zu ersehen ist, daß ein Jeder, der den Segen nach der Handlung verrichtet "wegen des Erfüllens" sprechen muß. Eine Ausnahme von dieser allgemeinen Regel machen die Segenssprüche über das "Händewaschen" und über das "Schlachten", die, weil sie auf freiwillige Handlungen sich beziehen, selbst in dem Falle, daß man dieselben für sich vornehme, erfordern, daß man spreche: "Ueber das Schlachten", "über das Zudecken des Blutes" und "über das Händewaschen"; — eben so spreche man "über das Wegschaffen des Sauerteigs", gleichviel, ob dasselbe für die eigne Person oder für Andere geschehe, denn, von dem Augenblicke an, wo Jemand in seinen Gedanken die Vernichtung des Sauerteiges beschlossen, ward das Gebot der Fortschaffung schon gleichsam vollzogen, bevor man noch, — wie späterhin erklärt werden wird, — die Haussuchung unternommen. 16) Jede Handlung, die blos Sitte ist, und wäre es ein, noch von den Propheten sich herschreibender Gebrauch, wie z. B. das Erheben des Bachweidenzweiges am 7ten des Laubhüttenfestes, — geschweige denn, was sich als Gebrauch von den Weisen herschreibt, wie z. B. das Lesen des Halel-Gebetes an den Neumondstagen, wie auch an den Zwischentagen des Pessaghfestes, — erfordert keinen Segensspruch; — eben so wird jede Handlung, von der es zweifelhaft ist, ob dabei der Segen gesprochen werden müsse, oder nicht, — ohne Segensspruch vollzogen; — auch hüte sich Jedermann nichtpflichtgemäße Segenssprüche herzusagen, wohingegen das Vervielfältigen der pflichtmäßigen — nur zum Lobe gereicht, wie auch David sagt: (Ps. CXLV, 2) "An jedem Tage werde ich Dich segnen". Schluß-Anmerkung.

Ende des zweiten Buches und des ersten Theiles.