Der Schabbat (30 Kapitel) Teil 2

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Zwanzigstes Capitel.

1) Man darf am Sabbat mittelst seines Viehes keine Last fortschaffen, denn es heißt: „Damit sie ruhen, dein Ochs, dein Esel, und all' dein Vieh" (2 B. M. XXIII, 12) Es gilt gleichviel ob es ein Ochs, ein Esel, ein anderes Vieh, oder ein Vogel ist. Bringt Jemand dennoch Etwas mittelst seines Viehes hinweg, so erleidet er keine Geißelung, obschon ihm geboten ist, sein Vieh ruhen zu lassen. In diesem Falle fällt die Strafe deshalb weg, weil jenes Verbot ein, blos aus einem Gebote gefolgertes — ist. Wenn daher Jemand am Sabbat seinen Esel mit einer Last vor sich hertreibt, so ist er frei. 2) Es ist ja aber doch in der Thora auch ein, sich hieraus beziehendes, ausdrückliches Verbot vorhanden, nämlich: „Du sollst keine Arbeit verrichten, weder du, noch dein Sohn, und deine Tochter, weder dein Knecht, und deine Magd, noch dein Vieh" (2 B. M. XX, 10)? Dies bezieht sich blos auf das sonst verbotene Ackern und dergleichen, und dies Verbot gilt also als eine Warnung, deren Übertretung eine richterliche Todesstrafe nach sich zieht, veranlaßt daher auch keine Geißelung. 3) Es ist einem Israeliten verboten ein großes Hausthier einem Nicht-Israeliten zu borgen, oder zu vermiethen*); denn dieser würde es am Sabbat arbeiten lassen, während dem Besitzer doch die Plicht auferlegt ist, für die Ruhe seines Viehes Sorge zu tragen. Ferner verbieten die Lehrer des Gesetzes sogar, ein großes Hausthier einem Nicht-Israeliten zu verkaufen**), weil dies den Israeliten auch zum Verborgen, oder zum Vermiethen veranlassen könnte. Verkauft einer dennoch sein Vieh (am Vorabend des Sabbats), so wird er mit einer Geldbuße (Abstandsgeld), bis zum zehnfachen Betrag des Verkauspreises, belegt, damit nur der Kauf zurückgehe. Sogar wenn das Thier lahm ist, darf man solchen Kauf nicht schließen. Jedoch ist es gestattet, durch die Vermittelung eines Mäklers, es zu verkaufen; weil der Mäkler es weder vermiethen noch verborgen wird. 4) Dagegen darf man Nicht-Israeliten Pferde verkaufen; weil diese blos zum Reiten, und nicht zum Lasttragen bestimmt sind, und es als Regel gilt, Lebendiges als sich selbst tragend anzusehen. Ebenso gut wie es unerlaubt ist, einem Nicht-Israeliten ein Hausthier zu verkaufen, so ist es auch nicht erlaubt ein solches einem Israeliten zu verkaufen, der im Verdacht steht jenes Verbot zu übertreten. Man darf ihnen wohl eine Kuh, behuf Schlachtens verkaufen, doch dies muß gleich vor den Augen (des Verkäufers) geschehen. Aber man darf Niemanden, der den Zweck nicht genannt, Etwas verkaufen,

*) Nämlich für den Tag des Sabbats. **) Nämlich nahe vor Sabbatanfang.

selbst keinen Mastochsen, weil der Nicht-Israelit ihn doch einige Zeit noch halten, und unterdessen arbeiten lassen könnte. 5) Wo es üblich ist, ihnen (den Nicht-Israeliten) kleines Vieh zu verkaufen, ist dies auch erlaubt; wo es nicht üblich ist, darf man es nicht thun. Keines Ortes aber darf man ihnen große Thiere überhaupt, ganz wie großes Hausvieh, verkaufen, es geschehe denn vermittelst eines Mäklers. 6) Wenn einen Reisenden die Dunkelheit überrascht, und er keinen Nicht-Israeliten *) zur Hand hat, dem er seine Börse abgeben könnte, so lege er, wenn er ein Thier mit sich führt, im Gehen ihm seine Börse auf, sobald es aber stehen bleibe will, nehme er die Börse wieder von ihm hinweg, damit es nicht mit der Börse auf dem Rücken stehen bleibe, und auf diese Weise, ein Aufnehmen und ein Niederlegen bewirkt werde. So lange die Börse auf dem Rücken des Viehes sich befindet, ist es verboten, dasselbe, wenn auch nur durch Worte, zu leiten, denn dies hieße am Sabbat Lastthiere antreiben. Auch haben die Weisen ausdrücklich angeordnet, daß man nur dann die Börse dem Viehe auflegen dürfe, wenn kein andres, erlaubteres Mittel, zur Hand ist. 7) Ist ein Taubstummer, ein Blödsinniger oder ein Minderjähriger zugegen, so lege man die Börse auf den Esel, und gebe sie keinem von jenen, weil sie zum israelitischen Volke gehören. Ist nur ein Taubstummer und ein Blödsinniger, aber kein Vieh vorhanden, so gebe man die Börse dem Blödsinnigen; ist ein Blödsinniger und ein Minderjähriger zugegen, so gebe man sie dem Blödsinnigen; ist nur ein Taubstummer und ein Minderjähriger zugegen, so gebe man

*) Der unabhängig von ihm, wie auch von den Mosaischen Geboten, ist.

sie wem man will. Sind aber weder Hausthiere, noch einer von allen den oben Genannten Personen gegenwärtig, — so gehe er damit, immer weniger als vier Ellen weit auf einmal, fort. Sogar Etwas Gefundenes, das man aber bereits in den Handen gehalten, kann man aus diese Weise fortbringen. Hatte man aber den fraglichen Gegenstand noch nicht in die Hand genommen, so bewache man denselben, wo mögliche bis es finster wird, andernfalls bringe man ihn eben so, immer nur in einer Entfernung von weniger als vier Ellen, vorwärts. 8) Man darf ein Stück Vieh, mittelst eines, für dasselbe bestimmten Strickes, oder Zaumes, innerhalb des öffentlichen Platzes führen, der Zaum muß aber so beschaffen seyn, daß er genau für das Thier paßt, wie z. B. ein Halsgeschirr für ein Pferd; eine Halfter für ein Kameel, ein Nasenring für einen Maulesel, ein Schloß für einen Hund. Wollte man aber ein Thier leiten mittelst eines Geschirres, das seinen Zweck gar nicht erfüllte, z. B. ein Pferd mittelst einer ihm am Gebisse befestigten Leine, oder wollte man überhaupt ein Thier mittelst eines Geschirres regieren, welches man zur Leitung dieses Viehes gar nicht bedarf, weil dasselbe schon mittelst einer leichtern Vorrichtung im Zaume gehalten werden könnte, wenn man z. B. einem Esel das Halsgeschirr eines Pferdes, oder einer Katze ein Schloß anlegen wollte, so hieße dies: das Vieh eine Last forttragen lassen; denn solche Zähmungsmittel, welche entweder übertrieben, oder zu unbedeutend sind, werden als Lasten betrachtet. 9) Man darf Kameele nicht an einander binden und führen, und Letzteres selbst dann nicht, wenn sie noch vom Vorabend her zusammengebunden waren; dagegen ist es erlaubt, mehrere Stricke in die Hand zu nehmen, nur muß keiner derselben um eine Handbreite von der Hand herabhängen. Ebenso ist erforderlich, daß der Strick in seiner Länge vom Maule des Viehes bis zur Hand des Führers, sich immer wenigstens um eine Handbreite über dem Boden befinde. Der Grund aber, warum man nicht aneinander gebundene Kameele führen darf, ist, weil dies ein Aussehen haben würde, als wenn man sie zum Verkauf nach dem Viehmarkte, oder zur Aufführung von Spielen fortführte. Daher darf man auch nicht ein Vieh mit einer Schelle am Halse austreiben, wenn dieselbe auch so gedämpft wäre, daß man sie kaum hören könnte. 10) Man darf ein Thier nicht mit an seiner Decke befestigten Schellen, nicht mit einem Siegel am Halse oder an der Decke, nicht mit Riemen am Fuße, auch nicht mit einer leiterähnlichen Vorrichtung am Halse ausgehen lassen. Ferner darf ein Esel nicht mit einer Decke ausgetrieben werden, wenn dieselbe nicht schon seit dem Vorabende zum Sabbat festgebunden worden ist; ein Kameel darf nicht, mit einem Lappen an den Hintertheilen, ausgetrieben werden, es sey denn, daß der Lappen an jene Theile und an den Höcker festgebunden wäre; ebenso wenig auch mit gebundenen Vorder- oder Hinterfüßen. Dasselbe gilt auch von anderem Vieh. 11) Hähne dürfen nicht ausgetrieben werden mit Bändern, oder Hemmriemen, zwischen den Füßen; Schaafböcke, nicht mit einem Reife unter dem Schwänze, Mutterschaafe nicht mit Hölzchen in der Nase, um sie zum Niesen zu bringen, und dadurch die Kopfwürmer zu entfernen; Kälber, nicht mit einem kleinen Joche am Halse, um sie damit zu bändigen und so zum Ackern zu gewöhnen; keine Viehgattung darf mit einem netzartigen Sacke am Maule ausgetrieben werden, um es am Beißen, oder Fressen, zu verhindern; eine Kuh, nicht mit einer Igelhaut an der Euter, zur Verhütung des Aussäugens der Milch, während sie schläft, durch irgend ein Kriechthier, auch nicht mit einem Riemen zwischen den Hörnern, weder um sie zu schmücken, noch der Sicherheit wegen. Eine Ziege, deren Hörner eingebogen sind, darf man am Sabbat mit einer, an diesen Einbiegungen befestigten Halfter, austreiben; dagegen ist es verboten, die Halfter am Barte der Ziege zu befestigen, denn sie könnte dieselbe davon losziehen, und man würde dadurch in den Fall kommen, die Halfter mit der Hand am öffentlichen Platze fortzubringen. Dasselbe gilt auch in ähnlichen Fällen. 12) Die Böcke können, mit einem, vor die Brust gebundenen Leder, um sie vor den Anfällen der Wölfe zu sichern; auch mit bunten Lappen zum Schmuck; die Schaafmütter, mit einer, sie einhüllenden Decke, zur Reinhaltung der Wolle, ausgetrieben werden*); die Ziegen mit unterbundenen Eutern, wenn dies Behufs des Austrocknens der Milch geschehen, nicht aber, wenn man es thut, um das Ausrinnen der Milch, bis zur Melkzeit am Abend, zu verhindern. 13) Einen Esel darf man nicht mit einem Sattel austreiben, wenn derselbe auch schon seit Freitag aufgebunden; ein Pferd nicht mit einem Fuchsschwanze, oder mit einem rothen Lappen, zwischen den Augen, ein anderes Hausthier nicht mit einem Korbe am Munde, oder mit Metallschuhen an den Füßen, ebenso wenig mit einem Amulet, von dem man noch nicht weiß, daß es für das Vieh tauglich ist. Hingegen darf man es wohl austreiben mit einem Wundverband,

*) Hier ist Einiges, lediglich der lernenden Jugend wegen, ausgelassen.

mit Brettchen eines Beinbruchs wegen *); auch ist gestattet, es mit einer gedämpften Schelle im Gehöfte umhergehen zu lassen, und einem Esel am Sabbat eine Decke aufzulegen, und ihn im Gehöfte umhergehen zu lassen; aber man darf ihm am Sabbat keinen Maulkorb anlegen. 14) Ebenso, wie es geboten ist, am Sabbat, für die Ruhe des Viehes zu sorgen, so gilt dies Gebot auch in Ansehung der Knechte und Mägde; obschon dieselben vernünftige Wesen, und mit eignem Willen begabt sind, so ist es uns doch zur Pflicht gemacht, auf sie zu achten, und sie am Sabbat vom Arbeiten abzuhalten; denn es ist gesagt: „Damit sie ruhen, dein Ochs und dein Esel, und sich erhole der Sohn deiner Magd, und der Fremde" (2 B. M. XXIII, 12). Unter Knechte und Mägde, die wir zur Ruhe anhalten müssen, sind nur solche zu verstehen, die beschnitten wurden, und überhaupt dem Knechtsstande sich weihend, untergetaucht worden sind, auch diejenigen Gesetze angenommen haben, welche von den Knechten beobachtet werden müssen. Knechte aber, die nicht beschnitten und nicht untergetaucht worden sind, und blos die sieben, den Noachiden vorgeschriebenen, Gesetze angenommen haben, dürfen, gleich ansäßigen Fremden, am Sabbat, öffentlich für sich arbeiten, wie es die Israeliten an Werkeltagen thun. Man soll aber ansäßige Fremde, nur zur Zeit der Feier des Jubeljahres, in die Gemeinde aufnehmen. Da nun laut diesem Gesetze ein solcher Fremder für sich am Sabbat arbeiten kann, so viel er will, ein frommer Proselit hingegen, in allen Stücken einem Israeliten vollkommen gleichzuachten ist: was ist demnach mit den

*) Auch hier ist Etwas, der Anständigkeit wegen, in Betreff der lernenden Jugend, weggelassen.

Worten: „Und sich erhole der Sohn deiner Magd, und der Fremde" gemeint? Antwort: es ist dies so zu verstehen, daß ein ansäßiger Fremder, der Hausknecht oder Tagelöhner bei einem Israeliten ist, ungefähr so, wie der Sohn der Magd, für seinen Herrn, den Israeliten, am Sabbat, keine Arbeit verrichten möge; hingegen ist es ihm aber wohl gestattet für sich selbst zu arbeiten, selbst wenn dieser Fremde unser Knecht wäre.


Einundzwanzigstes Capitel.

1) In der Thora ist gesagt: „Du sollst abstehen"; es ist also Pflicht, selbst von solchen Verrichtungen abzustehen, die nicht zu den eigentlichen Arbeiten zu zählen sind. Es haben die Gesetzlehrer, dieses Rastgebotes (Schebuths) wegen, Vielerlei untersagt; manches, wegen seiner Aehnlichkeit mit wirklichen Arbeiten, und manches, weil man befürchtete, daß es zu Uebertretungen verleiten könnte, auf welche die Strafe der Steinigung gesetzt ist. Es sind folgende: 2) Wer Vertiefungen ebnet, ist schuldig des Ackerns wegen*). Wenn Jemand, am Sabbat, eine Vorrathscheuer ausräumt, um dadurch eine Pflicht zu erfüllen, z. B. um darin Gäste aufzunehmen, oder um daselbst Lehrvorträge zu halten, so räume er sie nicht ganz und gar aus, damit er nicht darauf verfalle, Vertiefungen auszufüllen. Den Koth vom Fuße, streiche man an der Wand, oder an einem Balken, aber nicht am Boden, ab, damit man dadurch keine Vertiefung ausgleiche. Man verscharre den Speichel am Boden nicht mit dem Fuße, weil dadurch Löcher geebnet werden könnten; dagegen ist es gestattet, absichtslos vorbeigehend, den Speichel am Boden auszutreten.

*) Auch hier ist Einiges, des Anstands wegen, ausgelassen.

3) Es ist den Weibern verboten am Sabbat mit Nüssen, Mandeln und dergleichen am Boden zu spielen, denn es könnten kleine Vertiefungen dadurch geebnet werden. Man darf den Boden nicht fegen, weil kleine Vertiefungen dadurch geebnet werden könnten, es sey denn, daß der Boden mit Steinen gepflastert wäre. Man darf Wasser auf den Boden sprengen, ohne zu besorgen, daß dadurch kleine Vertiefungen geebnet würden; denn man beabsichtigt es ja nicht. Man darf den Boden, selbst wenn er mit Steinen gepflastert wäre, weder mit Oel schlüpfrig machen, noch denselben abblasen oder abwaschen, nicht einmal am Feiertag, und geschweige denn am Sabbat; denn wenn dem Menschen eine solche Werktagsarbeit ohne weitern Unterschied nachgesehen würde, so könnte dies zur Folge haben, daß auf nicht gepflastertem Boden kleine Vertiefungen dadurch geebnet würden. 4) Wenn ein Hofraum durch Regen kothig wird, so nehme man Stroh, und lege ihn damit aus; aber dieses Auslegen darf nicht mittelst eines Korbes oder einer Kiste, vielmehr etwa mittelst der Bruchstücke einer Kiste geschehen: damit man es nicht wie eine Werktagsarbeit verrichte, und verleitet werde, kleine Vertiefungen auszugleichen. 5) Wer Pflanzen wässert, macht sich des Säens schuldig. Daher ist es nicht erlaubt, aus einer Cisterne, mittelst eines Schöpfrades, Wasser zu schöpfen, weil zu besorgen ist, man möchte bei dieser Gelegenheit auch Wasser für seinen Garten, und für seine Johannisbrodpflanzung einschöpfen. Wenn daher, die Cisterne mit dem Schöpfrade, im Gehöfte sich beflndet, so ist es erlaubt, daraus, vermittelst des Rades, zu schöpfen. 6) Wer eine Pflanze aus der Erde reißt, macht sich des Erntens schuldig. Deshalb darf man am Sabbat keinen Honig aus dem Bienenstöcke holen, weil diese Handlung dem Ausreißen ähnlich ist. Man darf nicht auf einen frischen, oder verdorrten, Baum steigen, sich nicht an ihn hängen, nicht an ihn lehnen, ihn nicht Freitags besteigen, um den ganzen Sabbat darauf sitzen zu bleiben. Man darf an Nichts, im Erdboden wurzelndem, irgend eine Art Verrichtungen vornehmen, aus Besorgniß, es könnte losgerissen werden. 7) Früchte, die am Sabbate vom Baume abfielen, darf man erst zu Ausgang des Sabbat's essen, damit Niemand sich beifallen lasse, dergleichen auch abzupflücken. An einem, im Wachsen begriffenen Myrthenbaum, darf man riechen, weil der Genuß, den derselbe gewährt, nur die Organe des Geruchs trifft, und der Duft ist doch schon an und für sich, (ohne unser Zuthun), vorhanden; dies ist aber nicht der Fall bei einer wachsenden Ethrog- oder Apfelfrucht, oder bei einer andern eßbaren Frucht, weil zu befürchten steht, — man möchte verlockt werden, dieselbe abzuschneiden und zu verzehren. 8) Wenn die Wurzeln eines Baumes drei Handbreiten aus der Erde herausragen, so darf man darauf nicht sitzen; ragen sie aber nicht so weit heraus, so werden sie dem Boden gleich geachtet. Reichen sie aber von einer Höhe von mehr als drei Handbreit, auf weniger als drei herunter (ohne die Erde zu berühren) so darf man darüber allerlei Verrichtungen vornehmen. Sind die Wurzeln höher als drei Handbreiten, so ist es verboten auf ihnen zu sitzen, wenn sie auch auf der einen Seite dem Boden gleich sind, oder ein Zwischenraum von drei Handbreiten hoch sie vom Boden trennt. 9) Man darf am Sabbat nicht auf einem Thiere reiten, weil man darauf verfallen könnte, sich eine Ruthe abzuschneiden, um es anzutreiben. Man hänge sich nicht an ein Thier, man besteige es nicht am Freitag bei Tag, um den Sabbat über auf demselben zu verweilen. Man darf sich nicht an die Seite eines Viehes anlehnen, wohl aber an einen bereits an die Seite des Thieres, angelegten Gegenstand. Besteigt Jemand am Sabbat einen Baum, aus Versehen, so darf er wieder herabsteigen; that er es aus Muthwillen, so darf er nicht wieder herabsteigen. Sitzt er auf einem Thiere, so soll er, auch wenn er aus Muthwillen aufgestiegen, dennoch absteigen, und zwar, weil das Thier dabei leidet. Ebenso darf man am Sabbat die Last von einem Thiere abladen, damit ein lebendiges Wesen nicht leide. 10) Hat also das Vieh eine Last Getraide auf sich, so drucke man seinen Kopf nieder, und treibe es an, wodurch die Last von selbst herunterfällt. Kommt Jemand am Abend des Sabbat von der Reise mit einem beladenen Thiere, so nehme er, sobald er das äußerste Weichbild der Stadt erreicht, alle Gegenstände, welche man am Sabbat nehmen darf, herunter, und lasse diejenigen, welche man nicht aufnehmen darf, herunterfallen, indem er die Stricke auflöst. Sind in den Säcken zerbrechliche Gegenstände enthalten, wenn nur die Säcke klein sind, so bringe er Kissen und Pfühle, und breite sie unter, damit die Säcke auf dieselben fallen; denn weil die Säcke klein und leicht sind, so kann man die Kissen unter ihnen nachher beliebig hinwegziehen, und macht dadurch auch keinen Gegenstand zum fernern Gebrauch am Sabbat, nach der Vorherbestimmung, unfähig.*) Ist aber das Thier blos mit Glastafeln beladen, so binde man immerhin die Säcke los, und lasse sie herabfallen,

*) Am Freitag hat man nämlich in Gedanken die am Sabbate zu gebrauchenden Geschirre, je für ihren Behuf, zu bestimmen.

wenngleich sie zerbrechen, weil sie nämlich doch ohne dies in kleinen Stücken zerschnitten werden sollen, und mithin kein großer Verlust dadurch entsteht, kleine Verluste aber nicht in Betracht kommen. Sind die Säcke groß, und enthalten Glasgeschirre und dergleichen, so lade man sie langsam ab, lasse sie aber jedenfalls nicht auf dem Thiere, um nicht ein lebendiges Wesen umsonst zu quälen. 11) Wer Früchte zu einem großen Laib zusammenpreßt, macht sich des Garbenbindens schuldig. Wenn daher Früchte im Hofe zerstreut wurden, so sammle man sie allmählig und verzehre sie; aber man sammle sie nicht in einen Korb, oder in eine Kufe, wie man es am Werkeltage thut; denn gestattete man dies, so könnte es Jemand beifallen, sie mit der Hand in die Kufe hineinzupressen, und er käme leicht in den Fall des Garbenbinders. Ebenso darf man nicht Salz und dergleichen zusammenscharren, weil es dem Garbenbinden ähnlich ist. 12) Wer Etwas auskernt, macht sich des Dreschens schuldig; wer Oliven oder Trauben ausdrückt, macht sich des Auskernens schuldig. Daher darf man selbst Maulbeeren und Granaten nicht ausdrücken, weil es doch Manche giebt, welche gewohnt sind, sie gleich Oliven und Trauben auszudrücken, lAndere Früchte aber, als: Quitten, Aepfel und Mispeln, darf man am Sabbat ausdrücken, weil dies sonst nicht üblich ist. 13) Eingelegtes und Gekochtes darf man drücken, um mürbe zu machen, aber nicht um die wässrigen Theile auszubressen. Man darf nicht Schnee zerreiben, um dadurch Wasser zu bekommen; aber man darf denselben in einer Schale, oder einem Becher, zergehen lassen. Lauch, unreife Weinbeeren, und junge Aehren, welche am Freitag vor Sonnenuntergang zerschnitten wurden, dürfen am Sabbat nicht gestoßen werden, handelt es sich aber nur darum, sie mit bloßer Hand zu zerreiben, so ist dies am Sabbat gestattet. Daher ist es auch gestattet, am Sabbat die Grütze im Topfe, nachdem man sie vom Feuer abgenommen, mittelst des Kochlöffelstieles vollends zu zerreiben. 14) Wer junge Aehren zerreiben will, thue es auf eine veränderte Weise, damit es nicht das Ansehen habe, als wenn er dresche. Wer mit dem Munde saugt, ist frei. Wer krankhaft schluchzt, darf mit dem Munde saugen. Da dies nur ein ungewöhnliches Auskernen ist, so hat man seiner Unbequemlichkeit willen, obgleich keine Gefahr dabei ist, doch kein eigentliches Verbot darüber verhängt. 15) Wenn am Sabbat sich Saft aus Früchten absondert, seyen es nun Oliven oder Weintrauben, so darf man ihn bis zu Ausgang des Sabbat nicht genießen, damit man nicht darauf verfalle, Früchte am Sabbat eigends auszudrücken. Sind es Maulbeeren oder Granaten, so ist es erlaubt den herausgelaufenen Saft zu genießen, vorausgesetzt, daß die Früchte zum Essen bestimmt waren; waren sie aber zum Ausdrücken bestimmt, so bleibt auch der von selbst geronnene Saft am Sabbat verboten. 16) Bei Oliven und Weinbeeren, die schon am Freitag zerdrückt wurden, ist es erlaubt den von selbst herausfließenden Saft zu genießen. Ebenso ist, wenn man Honigkuchen vor dem Sabbat in Stücken bricht, der Genuß des von selbst am Sabbat abfließenden Honigs erlaubt, weil kein Verbot da verhängt werden kann, wenn der Kuchen schon am Vorabend in Stücken gebrochen wurde. 17) Wörfeln und Säubern, gehören zu den Hauptarbeiten; wenn daher schon gestattet ist, junge Aehren mit den Fingerspitzen zu zerreiben, so muß das Ausblasen, wenn es auch mit starkem Athem geschieht, dennoch nur auf eine Hand beschränkt bleiben; und darf nicht mittelst eines Korbes, oder einer Schüssel, bewirkt werden, weil zu besorgen ist, man möchte sich verleiten lassen, sie mittelst eines groben, oder eines feinen Siebes zu reinigen, wodurch man dann eine Schuld auf sich laden würde. Hefen absondern, ist eine Unterarbeit des Säuberns oder des Siebens. Wenn daher auch schon erlaubt ist, klaren Wein, oder klares Wasser, durch ein Seihetuch oder ägyptisches Korbgesiecht durchzuseihen: so ist es dennoch nicht gestattet, im Seihetuch eine Vertiefung anzubringen, wie man an Wochentagen thun würde, weil dies dahin führen könnte, Hefen vermittelst des Durchschlages abzusondern. Auch darf man einen Durchschlag nicht auf werkeltäglicher Weise ausspannen, weil dies leicht dazu führen könnte, Hefen auszusondern. Das Butterschlagen ist ebenfalls eine Unterarbeit des Säuberns. Wenn es daher auch gestattet ist, Sesam oder Nußkerne in Honig zu thun, so darf man sie dennoch nicht mit der Hand zusammenkneten. 18) Wer Kraut zum Kochen fein schneidet hat eine Unterarbeit des Malens verrichtet, und ist schuldig. Man darf daher nicht Futterkräuter oder Schoten, weder für kleines, noch für großes Vieh zerschneiden, weil dies dem Mahlen ähnlich sieht. Wohl darf man aber dem Viehe Kürbisse zerschneiden und das Aas für die Hunde. Auch darf man Bündel Stroh aufmachen, um es dem Vieh vorzulegen, ferner kleine Bündel mit der Hand auflockern, aber keine großen, da letztere mehr Arbeit erfordern. 19) Wenn Jemand Bündel von Pfefferkraut, Jsop oder Thymian und dergleichen zum Viehfutter mischt, so ist ihm gestattet — davon für sich zu nehmen; doch darf er davon nur mit den Fingerspitzen abbrechen, und es dann verzehren; aber es ist ihm nicht gestattet, dies mit voller Hand, wie an einem Wochentage, zu thun, weil ihn dies verleiten könnte, diese Kräuter zu zerstoßen. 20) Wenn Jemand am Sabbat gestoßenen Pfeffer, oder dergleichen, zu den Speisen nöthig hat, so zermalme er ihn mittelst eines Messerhefts, in einer Schüssel, aber nicht im Mörser, weil dies Mahlen hieße. Deshalb ist es gesunden Menschen verboten, Arzneimittel am Sabbat zu gebrauchen, weil es Veranlassung geben könnte, Medicamente zu zerreiben. 21) Man darf nämlich weder Etwas essen, das keine Speise für Gesunde ist, z. B. griechischen Jsop und Pfefferkraut, noch darf man abführende Speisen genießen, z.B. Wermuth und dergleichen; noch auch Getränke, die nicht bei Gesunden üblich sind, z. B. eine Abkochung von Droguen und Kräutern. 22) Wohl aber darf man Speisen und Getränke genießen, die gewöhnlich von Gesunden genossen werden, z. B. Korianda, Hopfen und Jsop, welche, obschon sie auch als Heilmittel gebraucht werden, und man sie dazu auch absichtlich gebraucht, dennoch erlaubt sind, weil sie auch von gesunden Menschen genossen werden. Hat Jemand, vor Beginn des Sabbat's, angefangen Asantwasser zu gebrauchen, und ist im fortwährenden Gebrauch begriffen, so kann er damit auch am Sabbat fortfahren, selbst in solchen Gegenden, wo nicht Gesunde Asantwasser zu trinken pflegen. Allenthalben darf man den ägyptischen Lythus trinken. 23) Auch darf man sich am Sabbat mit dem Oele salben, welches von gesunden Leuten zum Salben gebraucht wird, selbst wenn es in der Absicht, sich damit zu curiren, geschieht; solche Oelgattungen aber, welche nicht von Gesunden gebraucht werden, sind nicht erlaubt. Wer Lendenschmerzen hat, darf sich nicht mit Wein oder Essig einreiben, wohl aber mit Oel, ausgenommen mit Rosenöl, wenn dies nicht an solchen Orten geschieht, wo auch Gesunde mit solchem Oele sich zu salben pflegen. Allenthalben aber ist es gestattet, sich mit Oel und Salz einzureiben. Wer an Hand oder Fuß sich beschädigt, läßt die Wunde mittelst Wein, aber nicht mit Essig vernarben; wer aber eine zarte Haut hat, dem ist auch der Gebrauch des Weins, als Wundmittel, verboten. 24) Wer an den Zähnen leidet, darf nicht mit Essig den Mund spülen, und wieder ausspeien, aber wohl denselben einschlürfen und hinunterschlucken. Wer am Halse leidet, darf sich nicht mit Oel gurgeln, wohl aber ein Quantum davon verschlucken, und wenn der Schmerz davon geheilt wird, so ist kein Bedenken dabei. Man darf nicht Mastix kauen, oder die Zähne am Sabbat mit Auripigmentum abreiben, wenn man dabei die Absicht hat, diese Substanz als Heilmittel zu gebrauchen, wohl aber darf man es des üblen Mundgeruchs wegen gebrauchen. 25) Man darf nicht Wein ins Auge bringen, wohl aber darauf legen; nüchternen Speichel darf man selbst auf das Auge nicht legen. Man kann, am Sabbat, ohne Bedenken Augensalbe, die schon am Freitag zubereitet ist, auf die Augen streichen. Wer sich den Finger beschädigt, darf ihn nicht der Heilung halber mit Binsen verbinden, ihn auch nicht mit den Händen drücken, um Blut daraus zu entfernen. 26) Man darf kein warmes Wasser oder Oel über eine Wunde gießen, auch nicht über Wollflocken, um dieselben dann auf den Schaden zu legen. Wohl aber darf man diese Flüssigkeiten, nahe an der Wunde gießen, wenngleich dieselben dann auch dieselbe benetzen. Man darf auf einen Schaden trockene Wollflocken legen, aber keine alten, weil diese einem Wundpflaster gleich geachtet werden. 27) Man darf ein Wundpflafter, wenn es auf irgend ein Geräthschaft gefallen ist, wieder auflegen; fiel es aber auf den Erdboden, so darf man es nicht wieder auflegen. Im Tempel kann man von vorne herein ein Wundpflaster auf eine Wunde legen, weil dort keine Rastvorsicht beobachtet wird. Man darf an jedem Orte die Oeffnung der Wunde abwischen, aber nicht das Wundpflaster, weil es leicht kommen könnte, daß zugleich die Masse des Pflasters mit gestrichen würde. 28) Es ist erlaubt, sich am Sabbat den Unterleib zu salben und zu reiben; allein beides muß gleichzeitig geschehen, damit es nicht auf werkeltägliche Weise bewirkt werde. Dagegen darf man sich am Sabbat nicht in Schweiß treiben. Was versteht man unter: sich in Schweiß treiben? Antwort sich von Anderen mit aller Kraft den Leib drücken lassen, bis man ermüdet, und der Schweiß hervordringt, oder so lange gehen, bis man ermüdet ist, und schwitzt. Denn man darf, sich am Sabbat nicht so anstrengen, daß der Schweiß ausbreche weil das Schwitzen als Heilmittel betrachtet wird. Man darf nicht auf dem Boden der Dimosith-Warmbäder in Palästina treten, weil der Boden in Schweiß bringt, und Heilung bewirkt. 29) Man bade nicht in solchen Gewässern, die die Eigenschaft haben abzuführen, auch nicht in schlammigen, wo man stecken bleibt, nicht in stinkendem Gerberwasser, nicht im See von Sedom, auch nicht an unreinen Stellen des großen Meeres, weil dies alles unangenehm ist, es aber heißt: „Nenne den Sabbat Vergnügen" (Jes. LVIII, 13). Wenn man aber nicht lange im Wasser bleibt, sondern ungesäumt wieder aussteiget, so ist es sogar, z. B. einem Grindköpfigen gestattet, ein solches Bad zu nehmen. 30) Man darf sich nicht mit einer Bürste bürsten; sind aber die Hände mit Schmutz und Koth bedeckt, dann bürste man sich ohne Bedenken, auf gewohnte Art. Es ist gestattet, Menschen zum Vergnügen zu salben und zu streichen, nicht aber das Vieh; ist dieses aber krank, dann darf man sein Leiden durch Salben und Streichen lindern. Man darf ein Thier, welches zu viel Wicken gefressen, im Gehöfte hin und her treiben, damit es genese; hat es einen Blutsturz bekommen, so darf man es ins Wasser stellen, damit das Blut abkühle, unbekümmert, daß man darauf verfallen könnte, für dasselbe auch Medicamente zu bereiten. 31) Man darf am Sabbat kein Erbrechen erregen, jedoch ist es nur verboten, dies mittelst eines Tranks zu bewirken, weil man sonst leicht veranlaßt seyn könnte, Droguen zu zerreiben; wohl aber darf man das Erbrechen erregen, indem man die Hand in den Mund steckt*). Man darf am Sonnabend den Nabel, um ihn hervorzuholen, mit einem Becher überdecken; ferner, den Rücken gerade richten, ein Kind einwindeln, verschobene Ohrenadern, mit der Hand sowohl, als mit einem Instrumente in Ordnung bringen, und das herabhängende Zäpfchen im Schlunde emporheben; weil bei diesen Uebeln keine Droguen gebraucht zu werden pflegen, und dabei nicht zu

*) Es versteht sich von selbst, daß in diesen und allen ähnlichen Fällen, die medicinische Behandlung nur dann beschränkt wird, wenn nicht die mindeste Gefahr droht.

besorgen ist, daß etwas gestoßen werde, sie auch überdies keinen Schmerz verursachen. 32) Das Durchsieben gilt als eine Hauptarbeit. Daher darf man nicht Futterstroh mit dem Siebe sieben, auch nicht ein Sieb mit Futter, auf einen hohen Ort, so legen, daß: die Spreu abfällt, weil dies dem Sieben ähnlich sieht; dagegen ist es erlaubt, Futterstroh im Siebe aufzunehmen, und zur Krippe zu bringen, wenn auch die Spreu, während des Tragens abfällt, weil man voraussetzen darf, daß es ohne Absicht geschieht. 33) Wer vermischte Substanzen in Wasser durchrührt macht sich des Knetens schuldig. Deshalb darf man nicht viel Röstmehl mit Wasser durchrühren, weil dies zum Kneten gewöhnlichen Mehls veranlassen könnte; aber Röstmehl in kleinen Quantitäten mit Wasser durchrühren, ist erlaubt. Wenn aber das Getraide, bevor es noch ein Dreimaaß einbringt, geröstet wird, und man mahlt es sandgrob, auf welche Weise man das sogenannte geröstete Grobmehl gewinnt, so darf man es, mit Essig und dergleichen, auch in großer Menge, einrühren; nur muß der Teig weich seyn, denn es ist nicht erlaubt ihn hart zu machen, weil dies mtt dem Kneten Ähnlichkeit hat. Auch muß es auf ungewöhnliche Weise geschehen, man schütte nämlich das geröstete Mehl ein, und thue dann den Essig hinzu. 34) Obgleich die Kleie eigentlich nicht knetbar ist, so darf man sie dennoch nicht kneten, weil man dann vielleicht auch Erde, und dergleichen, mitkneten würde. Man darf Wasser auf Kleie gießen, und dann mit dem Löffel, denselben darin abwaschend, einmal der Länge und einmal der Breite nach hindurchfahren. Aber man mische die Masse nicht mit der Hand ein, weil dies dem Kneten ähnlich sieht. Ist es nicht gehörig gemischt, so schütte man das Gemengsel aus einem Geschirre in das andere, bis dies erfolgt ist, und setze es dann den Hühnern, oder den Ochsen, vor. Es ist gestattet auf diese Weise einen großen Zuber voll Kleie zu mengen, dieselbe dann in kleine Gefäße zu vertheilen, und jedem Viehe einzeln davon vorzusetzen. Man darf in einem großen Geschirre einen ganzen Cur, ja selbst zwei Cur mengen. 35) Man darf am Sabbat weder Hausvieh, noch ein anderes Thier, oder Geflügel, auf dieselbe Weise füttern, wie es am Wochentage geschieht; weil dies Jemand verleiten könnte, auch Erbsen zu zerstoßen, oder Mehl zu kneten, und zu dergleichen mehr. Man darf z. B. am Sabbat kein Kameel auf drei bis vier Tage füttern; man darf kein Kalb, oder ein ähnliches Thier, auf den Boden legen, das Maul aufsperren, und Wicken mit Wasser hineinthun; man darf nicht in die Schnäbel der Tauben und Hühner Futter so weit hineinstecken, daß es nicht wieder herauskommen könne; dagegen darf man das Vieh füttern und tränken, so lange es auf den Füßen stehen bleibt, man darf ihm Wicken und Wasser, von jedem besonders, so weit in das Maul stecken, daß es wieder herauskommen könnte; ebenso darf man mit der Hand einen Vogel füttern, sobald man das Futter so weit hineinsteckt, daß es nicht wieder zurückgehen könne; auch braucht wohl kaum bemerkt zu werden, daß es gestattet ist, ihnen Futter vorzulegen, damit sie davon selbst fressen. 36) Dies alles gilt aber nur bei Thieren, deren Ernährung uns obliegt, z. B. beim Vieh, bei Hausthieren, Haustauben, Gänsen und Hühnern; diejenigen Thiere aber, für deren Erhaltung man nicht selbst zu sorgen hat, als: Schweine, Tauben in den Taubenschlägen, und Bienen, darf man weder Futter noch Trank vorsetzen. Es kann Jemand sein Vieh auf wachsendes Gras treiben, und es fressen lassen; aber er darf es nicht geradezu nach solchem Futter, welches Mukza ist, hinführen; blos kann er sich dem Viehe so in den Weg stellen, daß das Vieh von selbst zur Mukza sich wende und fresse. Ebenso verfährt man auch in den Feiertagen.


Zweiundzwanzigstes Capitel.

1) Die Weisen untersagten Gebackenes aus dem Ofen zu holen, obschon dies keine eigentliche Arbeit ist, damit Niemand dadurch zum Backen verleitet werde. Wenn Jemand noch bei Tage Brod in den Ofen setzt, und ihn darauf die Sabbatweihe überrascht, so nehme er davon für sich, so viel als zu drei Mahlzeiten nöthig ist, aus dem Ofen heraus, und ermuntere auch Andere, das Gleiche zu thun. Wennschon das Herausholen keine Arbeit ist, so hole man das Gebackene dennoch nicht mit einem Spaten, sondern nur mit einem Messer heraus, damit es nicht auf die übliche Weise geschehe. 2) Warum haben die Gesetzlehrer verboten, am Sabbat ins Bad zu gehen? Antwort: Die Bader sind daran schuld, weil dieselben am Sabbat Wasser aufzuwärmen pflegten, und es, für am Vorabend des Sabbat's gewärmtes, auszugeben; daher wurde verfügt, daß man am Sabbat in keine Badstube gehe, nicht einmal um darin zu schwitzen. Ebenso bestimmte man, daß es nicht erlaubt seyn solle, den ganzen Körper mit warmem Wasser zu waschen, selbst wenn dasselbe am Freitag gewärmt worden, wohl aber Gesicht, Hände und Füße. Dieses Gebot erstreckt sich aber nur auf das am Feuer gewärmte Wasser, bei dem eine Verwechselung mit Badstubenwasser stattfinden könnte; mit tiberiensischem Warmwasser aber und ähnlichem, darf man den ganzen Körper waschen. Man darf nicht in dem warmen Wasser innerhalb einer Höhle baden, weil es in derselben warm ist, und man da leicht in Schweiß gerathen könnte, und dieselbe dann als Badstube zu betrachten wäre. 3) Man darf sich am Feuer wärmen, hinausgehen, und sich dann den ganzen Körper mit kaltem Wasser abwaschen. Dagegen ist es nicht gestattet, zuerst den ganzen Körper mit kaltem Wasser zu waschen, und dann denselben vor dem Feuer zu wärmen: weil auf diese Weise das Wasser auf dem Körper lauwarm würde, und dies ebenso gelten müßte, als wenn man den ganzen Körper mit warmem Wasser gewaschen hätte. Wenn eine Röhre mit kaltem Wasser in heißes, und sogar in das Warmebad zu Tiberia gezogen wird, so ist das auf diese Weise gewärmte Wasser, als am Sabbat gewärmt, zu betrachten, und es ist nicht erlaubt, es zum Baden oder zum Trinken zu gebrauchen. 4) Man darf eine Schale mit Wasser an das Feuer setzen, nicht um es zu wärmen, sondern nur damit die Kälte sich herausziehe; dasselbe gilt auch von einer Flasche mit Oel, welches man lau, aber nicht warm werden lassen darf. Auch ists erlaubt, die Hand mit Wasser oder Oel anzufeuchten, und sie an die Flamme zu halten; jedoch darf das Wasser nicht so heiß werden, daß der Leib eines Kindes dadurch verbrannt werden würde. Auch darf man ein Stück Zeug wärmen, und es am Sabbat auf den Unterleib legen. 5) Es ist nicht erlaubt, kaltes Wasser in eine Badewanne mit warmem Wasser zu gießen, weil das erstere dann stark erwärmt werden würde; auch ist es nicht erlaubt eine Flasche mit Oel hineinzusetzen, weil dies so gut ist, als wenn man es kochte. Dagegen ist es erlaubt warmes Wasser in eine Wanne mit kaltem zu gießen. 6) In einen Wärmekessel, aus dem das warme Wasser entfernt worden, darf man kaltes Wasser einschütten, damit es lau werde. Man darf warmes Wasser in kaltes, und kaltes in warmes gießen, das letztere aber nur dann nicht, wenn das warme Wasser sich in dem ursprünglichen, vom Feuer abgenommenen, Gefäße befindet, weil dann das hineingegossene Wasser zu stark erwärmt werden würde. Ebenso darf man kein Gewürz in einen Topf mit siedendem Wasser thun, wenn er auch vom Feuer abgenommen ist; wohl aber Salz, weil Salz nur bei sehr starkem Feuer sich auflöst. Sind aber die Speisen aus dem Topfe in eine Schüssel ausgeschüttet, so darf man, wenn sie auch kochend waren, in Letztere Gewürze thun, weil sie im zweiten Gefäß nicht fortkochen können. 7) Asant, darf man weder in laues, noch in kaltes Wasser, zum Weichen einlegen, wohl aber in Essig. Hat Jemand aber bereits am Donnerstag und Freitag davon getrunken, so darf er ihn am Sabbat in kaltes Wasser einweichen, dies in die Sonne stellen, bis es sich erwärmt, und dann davon trinken, damit er nicht von Neuem erkranke, wenn er dessen Gebrauch aussetzt. 8) Was vor dem Sabbat gekocht, oder in heißem Wasser eingeweicht war, darf man, wenn es auch bereits wieder kalt geworden, am Sabbat doch wieder in heißes Wasser hineinthun. Was aber immer kalt war, und nie in heißes Wasser gekommen ist, darf man am Sabat mit heißem Wasser waschen, wenn die Waschung nicht zugleich die völlige Zurichtung des Gegenstandes ist; aber es ist nicht erlaubt, ihn in heißes Wasser zum Einweichen zu legen.
Man darf Etwas an der Sonne wärmen, obschon es verboten ist, an einem von der Sonne erwärmten Gegenstände einen andern zu wärmen, weil in jenem Falle keine Verwechselung zwischen Sonne und Feuer stattfinden könnte. Daher darf man kaltes Wasser in die Sonne stellen, um es zu erwärmen. Ebenso darf man gutes Wasser in ungenießbares setzen, um es kühl zu erhalten, oder gekochte Speisen in einen Keller, damit sie sich daselbst erhalten. 10) Man darf Wasser, Salz und Oel mit einander vermengen, und sein Brod hineintauchen, oder diese Mischung in ein Gericht thun, jedoch nur in geringer Quantität; aber viel davon hinein zu mengen ist verboten, weil dies dann das Aussehen von einer der Kocharbeiten haben würde. Auch ist es verboten starke Salzlake zuzubereiten, welche aus zwei Drittheilen Salz und einem Drittheil Wasser besteht, weil man sich dadurch das Ansehen geben würde, als wenn man Fleisch einpökeln wollte. Es ist gestattet ein Ei zu salzen, nicht aber Rettig und dergleichen; weil dies das Aussehen hat, als wenn man am Sabbat Etwas einlegen wollte, das Einlegen aber ist verboten, weil es Aehnlichkeit mit dem Kochen hat. Wohl aber ist's gestattet, Rettig und dergleichen in Salz zu tauchen und zu verzehren. 11) Man darf am Sabbat Wein, Honig und Pfeffer zusammenrühren und es genießen; nicht aber Wein mit Wasser und Balsamöl, weil dies bei gesunden Menschen nicht gebräuchlich ist; und so auch in ähnlichen Fällen. 12) Senf, der am Vorabende zum Sabbat, zu einem Teige verarbeitet wurde; löse man am Morgen vermittelst der Hand oder eines Geräthes auf, thue Honig hinein und rühre es um, schlage es aber nicht mit Heftigkeit. Kresse, welche Tags zuvor zerquetscht worden, darf man mit Oel, Knoblauch und Gewürzen versetzen und zusammenrühren, diese Mischung aber nicht mit Schnelligkeit bewirken. Lauch, der schon am Freitag klein geschnitten worden, darf man am andern Morgen in zermalmte Bohnen thun und beides zusammenmischen, es aber nicht zerreiben. 13) Wer ein Haar vom menschlichen Körper abnimmt, ist Scheerens wegen schuldig. Deshalb ist es verboten die Hände mit Stoffen abzureiben, welche unfehlbar das Haar vernichten, als: Aloe und dergleichen. Man darf aber die Hände reinigen, mit Weihrauch, Pfeffer- oder Jasminstaub und dergleichen, unbekümmert, ob sie auch das Haar vertilgen: weil dies ohne Absicht geschieht. Vermengt Jemand Stoffe, die unfehlbar die Haare entfernen, mit solchen, bei welchen dies noch zweifelhaft ist, so kommt es darauf an, ob die erstern den größern Theil ausmachen, in welchem Falle man sich damit die Hände nicht reinigen darf; machen sie aber nicht den größern Theil aus, so ist dies erlaubt. 14) Man darf am Sabbat nicht in einen Metallspiegel sehen, aus Besorgniß, man könnte damit selbst, einige herabhängende Haare abnehmen; selbst dann nicht, wenn dar Spiegel an der Wand befestigt ist. Aber in einen nicht metallenen Spiegel, darf man sehen, selbst wenn er nicht befestigt ist. 15) Wer Etwas wäscht, macht sich des Wollebleichens schuldig; und wer aus einem Kleide das Wasser ausdrückt, des Waschens. Daher darf man in das Mundloch eines Kruges oder dergleichen, um ihn dicht zu verstopfen, keinen Lappen, Flocken, oder etwas Aehnliches, hineinzwängen; weil dies leicht zum Ausdrücken führen könnte. Man darf Nichts mit einem Schwamme wischen, es sey denn, daß er eine Handhabe hätte, aus Besorgniß, daß er gedrückt werden könnte. Einen Zober mit Wasser und dergleichen, darf man nicht mit einem, dazu nicht bestimmten, Tuche überdecken: weil dies ein Ausdrücken veranlassen könnte. 16) Wenn Jemandem ein Faß am Sabbat zerbricht, so darf er, so viel er für sich und seine Gäste, daraus für diesen Sabbat braucht, retten; nur ist es ihm verboten, Wein mit einem Schwamme, oder Oel mittelst der Hand fortzubringen; denn gäbe man es zu, daß er auf werkeltägliche Weise dabei verführe, so stünde zu besorgen, daß er veranlaßt würde, den Schwamm auszudrücken. Das Retten geschehe durch Unterstellung eines Gefäßes. Nur wende man nicht noch ein zweites Gefäß zum Auffangen, und wieder ein anderes zum Hartanlegen, an; weil dies dahin leiten könnte, daß man Gefäße durch den öffentlichen Ort bringe. Hat einer aber Gäste, so darf er wohl ein zweites Gefäß zum Auffangen brauchen, und ein drittes nebenbei, setzen; die Handlung des Auffangens darf nicht der des Einladens vorangehen, sondern umgekehrt. Es ist von keinem Belang, wenn dies auch nur zum Schein geschieht. 17) Koth an der Innenseite des Kleides darf man ausreiben, nicht aber an der Aussenseite, aus Besorgniß, dies könnte auch zum Waschen Veranlassung geben. Es ist gestattet den Koth mit dem Nagel abzukratzen, wobei nicht zu besorgen ist, daß er dadurch zum Reinigen des ganzen Kleides veranlasst worden. Es ist nicht erlaubt, ein Oberkleid weich zu reiben, weil es dadurch gleichzeitig auch reiner wird; wohl aber ist es erlaubt ein Hemd weich zu reiben, weil man dadurch nichts Anderes, als dessen Weichwerden bezweckt.

18) Man darf einen Schuh, oder eine Sandale, die durch Koth oder Umflath verunreinigt sind, mit Wasser abspülen, aber nicht abwaschen. Man darf nicht neue Schuhe, oder Sandalen, bürsten, dagegen darf man alte schmieren und abwischen. Kissen und Polster, worauf Schmutz und Unflath sich befindet, darf man mit einem Läppchen abwischen; sind sie von Leder, so darf man Wasser darauf thun, bis die Unreinigkeit abgespült ist. 19) Wenn Jemand sich die Hand durch Lehm verunreinigt, so darf er sie mit einem Pferdeschweife, einem Kuhschwanze, oder mit einem harten Tuche abwischen, desgleichen man verwendet — um Dornen anzufassen; aber nicht mit einem Handtuche, damit man nicht, indem man auf die, an Werkeltagen übliche Weise verfährt, verleitet würde, das Handtuch zu waschen. 20) Wenn man badet, darf man sich mit einem Waschtuche abtrocknen, und es mit der Hand fortbringen, ohne dabei zu besorgen, daß man es ausdrücken könnte. Ebenso darf der, dessen Kleider ins Wasser gefallen sind, dieselben anlegen, ohne zu besorgen, daß er dieselben ausdrücken könnte. Er darf sie aber, selbst zu Hause, nicht ausbreiten; eine Verfügung, die getroffen wurde, um zu verhüten, daß die Leute, die es zu sehen bekommen, nicht etwa denken: Dieser da hat sein Kleid am Sabbat gewaschen, und nun zum Trocknen ausgelegt; was aber die Gesetzlehrer, um den falschen Schein zu vermeiden, verbieten, ist auch im innersten Gemache verboten. 21) Wenn zwei Wasserrinnen übereinander liegen, so darf man den Stöpsel aus der Zwischenwand ziehen, um das Wasser der einen in die andere ablaufen zulassen, und dann ihn wieder einsetzen, denn man wird ihn ja nicht so stark einstopfen, daß man dadurch ein Ausdrücke bewirken könnte, da das Wasser doch einen freien Durchzug haben soll. Man darf eine Abzugsröhre mit Gewändern, und anderen Gegenständen, welche zu nehmen erlaubt sind, verstopfen, wenn man verhüten will, daß nicht Speisen und Geräthschaften überschwemmt werden. Man darf es aber nicht in der Absicht thun, das Wasser der Röhre zur Cisterne zurückzuführen: weil zu besorgen steht, man würde das von Wasser durchdrungene Stopfmaterial beim Hineinzwängen ausdrücken. 22) Es ist nicht erlaubt, Aermel von Kleidern in Ordnung zu bringen und zu falten, wie es beim Waschen der Kleider an Wochentagen geschieht. Ebenso darf man am Sabbat keine Kleider zusammenfalten, auf die Weise, wie es in der Woche beim Waschen geschieht. Hat Jemand kein zweites Kleid, um es gegen das erste umzuwechseln, so darf er es in Falten legen, es glatt machen und es anziehen, um auf diese Weise sich zum Sabbat herauszuputzen; aber es muß ein neues und weißes Kleid seyn, weil ein solches bald in Unordnung geräth, und leicht schmutzig wird; auch darf das Faltenlegen nur von einer einzelnen Person, aber nicht von zweien, vorgenommen werden. 23) Färben gehört zu den Hauptarbeiten. Ein Frauenzimmer darf daher das Gesicht nicht schminken, weil es dem Färben ähnlich sieht. Nähen gehört auch zu den Hauptarbeiten. Deshalb darf man neue Kissen und Pfühle nicht mit Flocken füllen, aus Besorgniß, dies könnte zum Nähen reizen. Aber man darf aus Kissen und Pfühlen verschüttete Flocken, am Sabbat, wieder hineinlegen. 24) Zerreißen — ist ebenfalls eine Hauptarbeit. Wessen Kleid daher in Dornen sich verfangen hat, mache es im Geheimen davon los, so langsam aber, daß es nicht reiße. Reißt es dennoch, so hat er keine Schuld, weil es ohne Absicht geschah. Man darf neue Kleider anziehen, und trage keine Sorge, wenn sie reißen. Man darf eine Nuß, welche in einen Lappen gewickelt ist, aufschlagen, mag derselbe auch dabel zerreißen. 25) Wer einen Schlußpflock eintreibt, ist des Bauens wegen schuldig. Daher darf man am Boden befestigte Thüren von Gebäuden weder ausnehmen, noch wieder einsetzen weil dies zum Pflockeneintreiben führen könnte. Hingegen ist es erlaubt die Thüre eines Schreins, einer Truhe, oder eines Schrankes, und anderer Geräthe, auszuheben; aber man darf diese nicht wieder einsetzen. Löste sich die untere Angel los, so darf man sie festdrücken; im Tempel darf man dieselbe sogar wieder hineinstecken. Die obere Angel aber, wenn sie sich abgelöst, darf man nirgends wieder einstecken, weil dies zum Pflockeneintreiben führen könnte. 26) Man darf das Haupthaar nicht flechten, es auch nicht frisiren, weil dies dem Bauen ähnlich ist. Man darf einen Gliederleuchter, Gliederstuhl, oder Gliedertisch, und dergleichen, nicht zusammenstellen, weil es Ähnlichkeit mit dem Bauen hat; thut es Jemand dennoch, so ist er frei, weil bei Gerätschaften kein eigentliches Bauen und Niederreißen stattfinden kann. Sind sie aber blos aus den Fugen gekommen, so darf man sie wieder zurechtstellen. Es ist verboten, einem Kinde die Rückenwirbel gerade zu richten, weil dies dem Bauen ähnlich sieht. 27) Wer ein Zelt für die Dauer aufschlägt, ist Bauens wegen schuldig. Daher darf man auch überhaupt, ein momentanes Zelt, weder aufschlagen noch abnehmen: weil man verleitet werden könnte, auch ein auf die Dauer bestimmtes zu bauen, oder niederzureißen. Thut es Jemand dennoch, so ist er frei. Aber es ist wohl erlaubt, ein momentanes Zelt am Sabbat zu ergänzen. Wenn z. B. ein Stück Zeug über Säulen, oder über Wände, schon vor dem Sabbat ausgebreitet und befestigt gewesen, davon aber nur ein Stück, von der Größe einer Handbreite, an der Decke ausgespannt geblieben wäre: so darf man das Ausspannen am Sabbat beendigen, bis daraus ein großes Zelt gebildet wird. Und so in ähnlichen Fällen. 28) Man darf keinen Baldachin ausspannen, weil dadurch ein momentanes Zelt gebildet wird. Dagegen darf man ein Bett, einen Stuhl, oder einen Korb hinstellen, wenn dieselben auch ein Zelt bilden: weil dies nicht die übliche Art und Weise des Aufschlagens, weder von dauernden, noch von gelegenheitlichen Zelten ist. 29) Ein spitzzulaufendes Zelt, welches weder ganz oben, noch in einer Entfernung von weniger als drei Handbreiten unterhalb der Spitze, einen Durchmesser von einer Handbreite hat, wird als leichtes Zelt betrachtet, und wer ein solches am Sabbat errichtet, ist frei. Man darf ein, seit Freitag an Schnüren doppelt herabhängendes, Gewand — auf- und abspannen; ebenso einen Vorhang. 30) Man darf einen Hochzeitsbaldachin, wenn er weder an der Spitze, noch in einer Entfernung von weniger als drei Handbreiten davon, eine Handbreite im Durchmesser hat, auf- und abspannen, weil er dazu eingerichtet ist; jedoch darf er nicht um eine Handbreite über das Bette herabhängen. Man darf ein Fenster mit Gardinen, die eigends dazu eingerichtet sind, vorhängen, verausgesetzt sogar, daß sie weder angebunden sind, noch etwa daran hangen. 31) Man darf auf dem Kopfe einen Hut mit ringsumlaufendem breiten Rande tragen, obschon letzterer zeltartig die Kleider beschattet. Hat man aber, zeltartig über die Kleidungsstücke, ringsum, oder bloß nach vorne hervorragend, am Kopfe ein Stück vom Kleide herangezogen, und ist es überdies sehr steif, so daß es das Aussehen eines Daches hat: so ist es verboten eine solche Bedeckung zu tragen, weil sie ein leichtes Zelt abgiebt. 32) Wer einen Vorhang, oder etwas Aehnliches, aufspannt, sey darauf bedacht, daß während der Handlung kein Zelt sich bilde. Daher muß ein großer Vorhang durch zwei Personen aufgefaltet werden; eine Person aber darf dies nicht thun. Einen Baldachin mit Dach hingegen, dürfen selbst zehn Personen nicht aufspannen, weil dies unmöglich, geschehen kann ohne daß derselbe nicht Etwas in die Höhe gehoben würde, und so — ein gelegentliches Zelt bildete. 33) Es ist nicht erlaubt mit einem Tuche die ganze Oeffnung eines Fasses zu bedecken, weil dadurch ein Zelt gebildet wird; man verdecke vielmehr nur einen Theil desselben Wer Etwas durch einen ägyptischen Korb seihet, stelle nicht den Boden des Korbes höher, als eine Handbreit über das Gefäß, damit nicht am Sabbat ein zufälliges Zelt gebildet würde


Dreiundzwanzigstes Capitel.

1) Wenn Jemand ein Loch macht, das zum Ein- und Abführen dient, z. B. ein Loch in einem Hühnerstall, durch welches das Licht hineindringt, und zugleich auch der Dunst abgeleitet wird: so macht er sich des Glattschlagens mit dem Hammer schuldig. Aus diesem Grunde hat man ein Verbot verfügt, in Betreff aller Arten von Löchern, selbst solcher nicht ausgenommen, welche blos zum Ableiten, oder blos zum Einführen dienen: damit nämlich Niemand verleitet werde, solche Löcher zu machen, die auf denjenigen, der sie verfertigt, eine Schuld ziehen. Deshalb darf man auch nicht in ein Faß ein neues Loch bohren, oder ein schon vorhandenes erweitern. Wohl aber darf man ein bereits früher dagewesenes Loch wieder öffnen, jedoch nur ein solches, das nicht unter der Hefenlage angebracht ist. Ist es aber unter der Hefenlage angebracht, so wird die Verstopfung, als zur Haltbarkeit des Gefäßes beitragend, betrachtet, und es ist verboten sie zu öffnen. 2) Man darf den Spund eines Faßes durchbohren, um Wein daraus zu zapfen, allein nur im obern Theile des Faßes, nicht aber an der Seite: weil dies angesehen würde, als wenn man ein Gefäß ausbessern wollte. Man darf ein Faß anbrechen, um dürre Feigen zu essen, nur darf man nicht beabsichtigen, auf diese Weise dasselbe brauchbarer zu machen. Es ist erlaubt eine Flasche Wein zu bringen, und ohne Bedenken in Gegenwart von Gästen dessen Kopf mit einem Schwerte abzuschlagen: weil man damit nur den Zweck verbinden könnte, seine Freigebigkeit an den Tag zu legen. 3) So gut, als verboten ist ein Loch zu bohren, so ist es auch verboten, jede Art von Loch zu verschließen. Es ist daher verboten das Loch eines Faßes, selbst mit solchen Dingen zu verschließen, welche sich nicht aufstreichen lassen, und bei denen die Besorgniß nicht obwaltet, daß dieselben dabei ausgepreßt werden könnten, z. B. mit Spänen, oder kleinen Splittern. Legt aber Jemand darauf irgend eine Eßwaare zur Aufbewahrung nieder, und das Loch wird dadurch geschlossen, so hat es keine unerlaubte Handlung begangen, und es ist sogar erlaubt — sich solcher List von vorneherein zu bedienen. 4) Wer irgend Etwas verrichtet, wodurch eine Arbeit vollendet wird, ist schuldig wegen Glattschlagens mit dem Hammer. Wer daher Etwas schabt, oder ein Geschirr zu Etwas zurechte macht, mag es auch mit einem Instrumente geschehen, mit welchem es wolle, ist schuldig. Deshalb ist es nicht erlaubt am Sabbat zu musiciren, weder mit musikalischen Instrumeuten, als: Cither und Harfe, noch mit anderen Mitteln; und es ist sogar verboten, mit den Fingern auf den Boden, oder auf ein Brett, oder gegeneinander, nach Art der Musikanten, zu schlagen, und ebenso einem Kinde mit einer Nuß, oder einer Klapper, um es zu beruhigen, vorzuklappern. Alles dieses gilt nur, damit man nicht verleitet werde, das Instrument auszubessern. 5) Man darf sich am Sabbat nicht auf die Hüfte, nicht mit den Füßen, Takt schlagen, auch nicht mit den Händen klatschen: damit dies Niemanden dazu führe, auf diese Weise ein musikalisches Instrument zu bilden. Jedoch darf man mit der Rückseite der Hand schlagen. Man darf nicht auf dem Wasser schwimmen; weil man sich alsdann auch erlauben würde, ein Schwimmfaß zuzurichten. Dagegen ist es erlaubt, in einem im Hofraume befindlichen Teiche zu schwimmen, weil da die Besorgniß der Zubereitung eines Schwimmfaßes nicht stattfindet; dabei ist es aber erforderlich, daß der Teich von einem Rande umgeben sey, damit das Wasser nicht austrete, und wodurch sich der Teich von einem See deutlich und kenntlich unterscheide. 6) Es ist nicht erlaubt ein hohles Rohr zuzuschneiden, weil man so ein Geschirr zu Stande bringen würde. War es schon zugeschnitten, obschon nicht eigentlich zugerichtet, so ist es erlaubt, dasselbe am Sabbat, in das Loch eines Faßes einzustecken, um Wein abzuleiten, und man braucht nicht zu besorgen, daß man es dadurch weiter zurichte. Man darf kein Myrthenblatt, oder dergleichen, in das Mundloch des Faßes thun, um den Wein weit strömen zu machen, weil dies dem gleich wäre, als wenn man am Sabbat eine Rinne bereiten wollte. Man darf keinen Scherben zerbrechen, auch nicht Papier schneiden, weil dies gewissermaaßen der Instandsetzung eines Gefäßes ähnlich sieht. 7) Mit einer am Krüglein befestigten Weinranke darf man am Sabbat Wasser schöpfen; ist dieselbe aber nicht befestigt, so ist es untersagt, damit zu schöpfen, weil zu besorgen ist, daß man sie zum Befestigen abkneipen könnte. Es ist verboten Silbergeschirre mit Weinstein abzureiben, weil dies die Art des Blankmachens bei den Silberarbeitern ist, und man würde auf diese Weise am Sabbat ein Gefäß gleichsam zu Stande bringen, oder vollenden; wohl aber ist es erlaubt, dies mit Sand oder Natron zu bewirken. Ebenso darf man andere Gattungen von Geschirren mit allerlei Stoffen abreiben. Es ist verboten Schüsseln, Kessel, und dergleichen, zu spülen, weil dies als eine Art von Instandsetzung gelten kann; es sey denn, daß man sie spült, um noch an demselben Sabbat aus denselben eine Mahlzeit einzunehmen. Trinkgeschirre aber, als: Becher und Krüglein, darf man zu jeder Zeit ausspülen; weil zum Trinken keine Zeit festgesetzt ist. Man darf am Sabbat die Betten nicht zubereiten, um darin zu Ausgang des Sabbat's zu schlafen; aber wohl am Abend zum Sabbate, um sie am Sabbat zu gebrauchen.

8) Es ist verboten unreine Gefäße am Sabbat unterzutauchen, weil dies als Instandsetzung eines Gefäßes gilt; ein unreiner Mensch hingegen darf untertauchen, weil es den Anschein hat, als wenn er sich bade, um sich abzukühlen. Man darf aber am Sabbat einen solchen nicht mit Weihwasser besprengen. Wer aus Versehen am Sabbat Geschirre untertaucht, darf sie gebrauchen; geschah dies aber aus Muthwillen, so darf man sich ihrer nicht eher, als nach Ausgang des Sabbat's bedienen. Ebenso ist es erlaubt, am Sabbat unreines Wasser unterzutauchen. Die Art des Verfahrens dabei ist folgende: Man thut das Wasser in ein nicht der Verunreinigung unterworfenes Gefäß, etwa in ein steinernes, und versenkt dasselbe im Tauchbads, bis das Wasser des Tauchbades darüber geht, und dann ist jenes Wasser rein. 9) Man darf am Sabbat keine Heben und Zehnten absondern: weil dies das Aussehen hat, als wenn man etwas noch nicht Zubereitetes fertig machen wollte. 10) Gerben — gehört zu den Hauptarbeiten. Wer eine Haut mit Oel, nach Art der Gerber, weich macht, hat sie gegerbt, und ist schuldig. Daher darf man seine Füße, während sie noch in neuen Schuhen, oder in neue Sandalen stecken, nicht mit Oel salben. Dagegen ist es erlaubt, seinen Fuß mit Oel zu salben, und dann den Schuh, oder die Sandale, wenn sie auch neu seyn sollten, anzuziehen. Man darf sich den ganzen leib mit Oel salben, und sich dann unbekümmert auf ein neues Bettleder hinstrecken; jedoch nur, wenn man wenig Oel an sich hat, so daß das Leder nur glänzend wird; haftet aber noch viel Oel am Körper, so daß das Leder dadurch erweichen würde, so darf man es nicht thun, weil dies Gerben hieße.

Alles dies hat jedoch nur Bezug auf neues Leder, bei altem aber gilt dies Verbot nicht. 11) Wer am Sabbat ein Pflaster aufstreicht, ist schuldig wegen Haarabschabens von der Haut. Daher darf man nicht ein Loch mit Wachs und dergleichen ausfüllen, damit man es nicht streiche. Es ist sogar verboten, ein Loch mit Fett auszufüllen, wegen dessen Ähnlichkeit mit dem Wachse. 12) Schreiben — gehört zu den Hauptarbeiten. Daher darf man sich die Augen am Sabbat nicht mit Schminke und dergleichen bestreichen, weil dies dem Schreiben ähnlich ist. Man darf nichts (Geld) borgen, oder verbergen, weil dies zum Schreiben führen könnte. Ferner, darf man am Sabbat Nichts kaufen, verkaufen, miethen oder vermiethen: weil dies zum Schreiben Veranlassung geben könnte. Es ist verboten am Sabbat Arbeiter zu dingen, oder einen Zweiten damit zu beauftragen; wohl aber darf man Etwas auf kurze Zeit (Geschirre u. dergl.) leihen oder verleihen. Es ist erlaubt vom Nachbar Krüge mit Wein oder Oel zu leihen, nur darf man dabei nicht ausdrücklich sagen: borge mir dies (was wie ein Derlehen, auf längere Zeit aussieht, und zum Verzeichnen führen könnte). 13) Es ist verboten einen Kauf sowohl mündlich abzuschließen, als auch ihn durch Uebergabe (des Kaufobjekts) zu realisiren, sowohl mit, als ohne Angabe des Gewichts. So gut wie es nun verboten ist zu wägen, so ist es auch verboten zu zählen und zu messen, mag solches mittelst eines Maaßes, mit der Hand, oder mittelst einer Schnur bewirkt werden. 14) Man darf am Sabbat nicht Gericht halten, nicht das Schuhausziehen verrichten, nicht die Leviratehe vollziehen, auch nicht eine Frau durch Angeld erwerben: weil dies Alles zum Schreiben führen könnte. Man darf nichts dem Heiligthum vermachen, keine Schatzung auflegen, und nichts als Banngut erklären, weil dies Kaufgeschäften ähnlich sieht. Man darf nicht Hebe und Zehnten absondern, weil dies das Aussehen hat, als wenn man die abgesonderten Früchte dem Heiligthum weihe, und überdies die Früchte am Sabbat dadurch gleichsam brauchbar gemacht werden. Man darf das Vieh nicht verzehnten, weil man so auch darauf verfallen könnte, es mit Röthel zu bezeichnen. Man darf aber am Sabbat das Pessagh-Lamm, und am Feiertage das Ghagiga-Opfer, als heilig absondern, weil sie zu den Pflichten der Tagesordnung gehören. Ebenso wie es im Allgemeinen verboten ist, Etwas zu weihen, so darf man auch kein Entsündigungswasser heiligen. 15) Wenn Jemand Heben, oder den Zehnt, am Sabbate, oder an den Feiertagen, absondert, und es geschieht aus Versehen, so darf er von den Früchten, von denen ausgehoben worden, genießen; geschah es aber aus Muthwillen, so darf er davon erst zu Ausgang des Sabbat's genießen; für jeden Fall aber sind die Früchte als berichtigt anzusehen. Ebenso, wenn Jemand am Sabbat Etwas weihet, mit Schatzung belegt, oder als Banngut erklärt, es sey aus Versehen oder aus Muthwillen, so ist, was er gethan, giltig. Dies gilt, um so mehr noch, von den Feiertagen. Ebenso, wenn Einer Etwas am Sabbat einem Andern zueignet, so bleibt es dem Zweiten angeeignet. Man darf bei Dämmerungszeit Demai*) verzehnten, aber nicht das Vadai **). 16) Wer die Zehnt hebe von Demai, oder den Armenzehnt von Vadai, mit Namen genannt hat, darf solche

*) Zweifelhaft verzehntet. **) Gewiß unverzehntet.

am Sabbat nicht abnehmen, wennschon es ihren Platz noch vor Sabbat bestimmt hätte, und sie also, obgleich bei den übrigen Früchten liegend, doch kenntlich sind. Bei wem aber ein Priester, oder ein Armer, zu speisen gewohnt ist, der lasse ihn kommen und essen; nur muß er zum Priester, oder zum Armen sagen: Das was du da issest, ist Priesterhebe, — oder Armenzehnt. 17) Man darf am Sabbat nicht loosen und mit Würfeln spielen, weil dies eine Aehnlichkeit mit Kaufgeschäften hat. Jedoch ist es einem Familienvater gestattet, mit seinen Kindern und seinem Hausgesinde, um große Einsätze gegen kleine zu loosen (zu wetten); und dies darum, weil er es niht so genau damit nimmt. 18) Man darf nicht Rechnungen durchsehen, die am Sabbat unsere Aufmerksamkeit sehr in Anspruch nehmen, mögen sie nun der Vergangenheit, oder der Zukunft, angehören: weil man dadurch zum Schreiben verleitet werden könnte. Daher darf man auch solche Rechnungen, die ganz ohne Nutzen sind, durchgehen, z. B. wie viel Saah Getraide man in diesem oder jenem Jahre hatte, wie viel Dinaren man bei der Hochzeit eines Sohnes verausgabt, und dergleichen: welche Berechnungen man als keine Nutzen tragende Unterhaltung ansehen kann, und weshalb man dieselbe am Sabbat ebenso, wie in der Woche anstellen darf. 19) Man darf am Sabbat nicht in Geschaftspapieren lesen, weil man dabei auf werktägliche Weise verfahren, oder irgend Etwas auslöschen könnte. Man darf Gerichte und Gäste mündlich überzählen, aber nicht aus dem Geschriebenen, damit man nicht verleitet würde, in Geschäftspapieren zu lesen. Wenn deshalb die Namen auf einer Tafel, oder auf der Wand, geschrieben sind, so darf man sie ablesen: weil sie mit einem Papierblatte nicht zu verwechseln sind. Ferner darf man am Sabbat nicht die Unterschriften unter Gemälden und Abbildungen lesen. Selbst in den Hagiographen, darf man am Sabbat, während der Zeit des Predigens im Beth- Hamidrasch, nicht lesen; damit dort keine Störung entstehe, indem sonst Jedermann zu Hause lesen, und nicht ins Beth- Hamidrasch kommen würde. 20) Bricht am Sabbat in einem Hofe eine Feuersbrunst aus, so darf man nicht Alles aus diesem Hofe nach einem andern, im nämlichen Maboi, retten, selbst dann nicht, wenn beide vermittelst Erube verbunden sind: weil man versucht werden könnte, das Feuer zu löschen, um noch mehr zu retten, da der Mensch, um Geldverlust abzuwenden, leicht ohne Bedacht handelt. Daher wurde festgesetzt, daß nur Speisen, die noch am nämlichen Sabbat gegessen werden, Geschirre, die man noch am Sabbat nöthig hat, und Kleider, so viel man anziehen könne, gerettet werden dürfen: wodurch man bezwecken wollte, daß man alles Uebrige aufgebe, und sich nicht beifallen ließe, zu löschen. Hat man aber keinen Erub gemacht, so darf man selbst Speisen und Geschirre nicht retten. 21) Wie verhält es sich mit der Rettung der Speisen? Antwort: Bricht die Feuersbrunst am Sabbat-Abend aus, so rette man Speisen für die drei Sabbat-Mahlzeiten; was für Menschen bestimmt ist, darf man für Menschen, und was für's Vieh bestimmt ist, darf man für's Vieh retten. Bricht das Feuer Vormittags aus, so rette man für zwei Mahlzeiten; bricht es zur Vesperzeit aus, so rette man nur für eine Mahlzeit. 22) Dies Alles gilt aber nur für denjenigen, welcher hierzu viele Gefäße anwendet, oder ein und dasselbe Gefäß immerfort füllt und wieder ausleert, ein solcher nämlich darf nur das, für den Bedarf des Tages Erforderliche, retten; dagegen ist es gestattet, mit einem einzigen, großen Gefäße, mit einem Male, auch mehrere Mahlzeiten zu retten. 23) Man darf z. B. einen Korb voll Brode, wäre es auch für viele Mahlzeiten, retten, ebenso einen Feigenkuchen, oder ein Faß Wein. Auch ist es gestattet, daß man sein Oberkleid ausbreite, so viel wie möglich hineinpacke, und es, sammt dem Inhalte mit einem Male hinaustrage. 24) Man darf Anderen zurufen: „kommt und rettet was Ihr braucht!": wodann ein Jeder, soviel Speisen als er nöthig hat, oder sogar ein ganzes Gefäß voll, retten kann, wenn dasselbe auch noch soviel enthielte. Das, auf diese Weise Gerettete, gehört dem Rettenden. Will der Rettende es nicht für sich behalten, und giebt es dem Eigenthümer wieder ab, so darf er, nach Ablauf des Sabbat's, Lohn für seine Mühe annehmen; welcher dann nicht als Lohn für Sabbat-Arbeit betrachtet wird, da hier weder von einer Arbeit, noch von einem Verbote die Rede seyn kann, denn es wurde ja doch Alles nach einer mit Erub versehenen Stelle getragen. 25) Hat Jemand schon feines Brod gerettet, so darf er dann kein grobes retten; wohl aber umgekehrt. Man darf am Versöhnungstage, wenn er auf den Freitag fällt, das am Sabbat Nöthige retten; nicht aber am Sabbat das, was man am Versöhnungstage, geschweige denn am Feiertag, oder gar am künftigen Sabbat braucht. Die Rettung der Kleider bewirkt man folgendermaßen: man zieht Alles an, was man anziehen kann, und nimmt Alles um, was man umnehmen kann, trägt es hinaus, und ruft Anderen zu: „kommt und rettet für Euch!" wodann ein Jeder so viel als möglich anzieht oder umnimmt, und es dann so hinausträgt. Alles dies gehört aber dann dem, der es gerettet, wie früher schon bei den Speisen gezeigt wurde; denn was er gerettet, war ja bereits aufgegebenes Gut. 26) Man darf alle heiligen Schriften aus einem Hofe in einen andern, innerhalb desselben Maboi's, retten, wenn auch beide nicht durch Erube mit einander verbunden sind; jedoch ist es erforderlich, daß der Maboi mit drei Wänden, und wenigstens mit einem Pfosten versehen sey. Auch findet dies nur dann seine Anwendung, wenn die Schriften mit assyrischen Schriftzügen, und in heiliger Sprache geschrieben sind. Sind sie aber in anderen Sprachen abgefaßt, oder mit anderen Schriftzügen geschrieben, so darf man sie nicht retten, selbst wenn eine Erub-Verbindung stattfände. Auch an den Wochentagen darf man aus solchen Schriften nicht lesen, vielmehr lege man dieselben an einer unverwahrten Stelle nieder, und lasse sie so von selbst zu Grunde gehen*). 27) Sind dieselben mit Farben, oder mit Röthel, wenn auch auf eine unhaltbare Weise geschrieben, so darf man sie dennoch retten, wenn sie nur mit assyrischen Schriftzügen und in heiliger Sprache abgefaßt sind. Die leeren Stellen, oben, unten, zwischen den Absätzen, zwischen den Seiten am Anfange des Buches, und zu Ende desselben, dürfen nicht gerettet werden. Ebensowenig darf man Segensformeln und Amulete, wenn dieselben auch viele Gottesnamen und viele Stellen aus der Thora enthalten, vom Brande retten. 28) Wenn in einer Thora-Rolle in unverstümmelten Wör-

*) Vergt. Hilchoth Tephilin u. s. w. über die griechische Uebersetzung der Bibel, die erlaubt war; auch haben Spätere alle Sprachen in dieser hin- sicht emancipirt; v. Tür. § 334.

tern, selbst „Jegar-Schadutha" (Worte Labans: „der Hügel des Zeugnisses.") nicht ausgenommen, fünfundachtzig Buchstaben zusammengesucht werden können, oder wenn eine Thora-Rolle einen ganzen Abschnitt, selbst von nicht vollen fünfundachtzig Buchstaben, auszuweisen hat, in der aber Gottesnamen sich befinden, wie z. B.: „Und es war, da die Lade sich bewegte" u. s. w. — So rette man dieselbe aus der Feuersbrunst. Man. darf die Kapsel des Buches mit dem Buche selbst, die der Tephilin mit den Tephilin selbst retten, sogar wenn Geld darin liegt.


Vierundzwanzigstes Capitel.

1) Es giebt Handlungen, die am Sabbate nicht erlaubt sind, obschon sie keine Aehnlichkeit mit irgend einer Arbeit haben, und auch nicht dazu führen können. Warum aber sind solche verboten? Antwort: Weil es heißt: „Wenn du während des Sabbat's deinen Fuß zurückziehst, und deine Angelegenheiten unterlässest an meinem heiligen Tage" (Jes. LVIII) und ferner: „Und du wirst ihn verherrlichen, indem du an demselben keine Gänge vornimmst, deine Angelegenheiten fahren lässest, und nichts von Geschäften sprichst" (ebendaselbst). Daher ist es untersagt am Sabbat Gänge in Geschäften zu machen, oder sogar über dieselben zu sprechen; so ist es z. B. verboten mit Handelsgenossen zu verabreden, was am andern Morgen zum Verkauf ausgeboten werden soll, was man kaufen will, in welcher Form ein Haus gebaut werden soll, mit welchen Waaren man nach diesem, oder jenem, Platze reisen will, oder anderes Dergleichen; weil gesagt ist: „Und nichts von Geschäften sprichst." Sprechen also ist nicht erlaubt, wohl aber denken. 2) Es ist nicht erlaubt, am Sabbat seine Gärten und Felder zu besehen, um zu untersuchen, was dort Noth thut oder wie ihr Ertrag sich stellen wird: weil dies ebenso angesehen werden müßte, als wenn man seine Geschäfte besorgte. Ebenso ist es verboten am Sabbate, bis an die Sabbat- Grenze zu gehen, und daselbst die Nacht abzuwarten, in der Absicht, dann dem Orte näher zu seyn, wo man am Ausgange des Sabbat's Geschäfte zu verrichten hat; denn ein solcher, am Sabbat unternommener Gang, hat ausdrücklich die Verrichtung von Geschäften zum Zwecke. 3) Jedoch bezieht sich dies nur auf Vorbereitungen zu Verrichtungen, welche am Sabbat verboten sind; dagegen ist es wohl gestattet an der Sabbat-Grenze die Nacht abzuwarten, um Verrichtungen vorzunehmen, die am Sabbat erlaubt sind. So ist es z. B. nicht erlaubt an der Grenze die Nacht abzuwarten, um noch wachsende Früchte einzubringen, oder um Arbeiter zu miethen; dagegen ist es gestattet, daselbst die Nacht abzuwarten, um Früchte zu hüten: weil dies überhaupt am Sabbat gestattet ist; ebenso darf es in der Absicht geschehen, Vieh oder abgepflückte Früchte nach Hause zu bringen, weil das Vieh, wenn es auch außer der Sabbat-Grenze sich befinden sollte, durch bloßes Zurufen herbeigelockt werden könnte. Was die abgepflückten Früchte anlangt, so wäre es ja ohnedies erlaubt, noch am Sabbat sie herbeizubringen, wenn die ganze Strecke umzäunt wäre. Ferner darf man zu einem Andern sagen: "Morgen reise ich nach dieser oder jener Stadt"; denn wenn Fruchthütten zwischen beiden Orten sich befänden, so könnte man ja noch am Sabbate dahin gehen. Dasselbe gilt in vielen ähnlichen Fällen. 4) Man darf zu einem Arbeiter sagen: wahrscheinlich wirst du Abends mit mir zusammenkommen; dagegen darf Man nicht sagen: sey Abends bereit zu meiner Verfügung, weil dies „Geschäfte am Sabbat machen" hieße. Ferner darf man am Sabbat weder laufen noch springen, denn es heißt: „Daß du keine Schritte vornimmst," (Jes. LVIII); dies deutet darauf hin, daß die Art des Gehens am Sabbat eine andere seyn soll, als an den Wochentagen. Man darf in Brunnen, Gräben und Höhlen, wenn sie auch hundert Ellen tief wären, hinabsteigen, daselbst trinken und wieder hinaufsteigen. Man darf nicht viel Unnützes schwatzen, denn es heißt: „Und vom Sprechen der Worte", dies deutet nämlich darauf hin, daß unsere Reden am Sabbat nicht so seyn sollen, als die in der Woche. 5) Man darf am Sabbat laufen, um seine Pflichten zu erfüllen, z. B. zur Synagoge, oder zum Lehrhause. Man darf Berechnungen, oder Messungen, vornehmen, die die Vollziehung eines Gesetzes zum Ziele haben, so ist es z. B. gestattet ein Tauchbad zu untersuchen, um zu ermitteln, ob es die gesetzliche Ausdehnung in der Tiefe habe, oder ein Gewand zu prüfen, um zu wissen, ob es groß genug sey, um eine Unreinheit anzunehmen. Man darf den Armen Almosen bestimmen. Ferner, darf man in Synagogen, Lehrhäuser, und sogar nach heidnischen Belustigungsörtern und Hallen gehen, um am Sabbat öffentliche Angelegenheiten wahrzunehmen, Man darf über sein Töchterchen mit Freiwerbern verhandeln, und sein Söhnchen in einer Schule, oder bei einem Handwerker unterzubringen suchen. Man darf Kranke besuchen, und Trauernde trösten. Beim Krankenbesuch bediene man sich der Formel: „Es ist heute Sabbat, und man darf kein Wehgeschrei erheben; doch die Heilung wird von selbst herannahen." Man darf an der Sabbat-Grenze die Dunkelheit abwarten, um alsbald die Angelegenheiten einer Braut wahrzunehmen, oder, um nöthige Besorgungen für einen Verstorbenen vorzunehmen, und ihm einen Sarg oder Todtengewänder zu bringen. Man darf dabei auch zu einer Person sagen: „Gehe nach jenem Orte, bekömmst du die Gegenstände daselbst nicht, so verschaffe sie von da, oder dort her; bekömmst du sie nicht für hundert Sus, so gebe für sie zweihundert aus; jedoch darf man keinen bestimmten Preis nennen. Denn in diesen und ähnlichen Fällen handelt es sich um Ausübung von Pflichten, und es heißt: „Daß du deine Angelegenheiten fahren lässest (Jes. LVIII): also blos deine Angelegenheiten wahrzunehmen ist dir verboten, wohl aber darf man sich denen des Himmels widmen. 6) Man darf am Vorabende des Sabbat, wenn die Pflicht es erheischt, in See gehen, und es wird nur verabredet, daß man (auf dem Schiffe) den Sabbat ruhen bleibe, ohne daß indessen Letzteres nöthig wäre. Man darf am Sabbat Gelübde aufheben, sie mögen sich nun auf den Sabbat beziehen, oder nicht; ferner darf man bei einem Gelehrten um die Lossprechung von Gelübden, welche auf den Sabbat Bezug haben, nachsuchen, und derselbe hebt sie auf, obschon vor dem Sabbat Zeit genug war, um dieses Gesuch zu stellen, weil alles Dergleichen als pflichtmäßig betrachtet wird. 7) Man darf am Sabbat keine Strafen vollziehen; selbst wenn die Vollziehung derselben ein Gebot wäre, so verdrängt dasselbe dennoch die Sabbatfeier nicht. Ist z. B. Jemand vom Gerichte zur Züchtigung, oder zur Hinrichtung, verurtheilt worden, so soll man ihn am Sabbat weder züchtigen noch hinrichten. Denn es heißt: „Ihr sollt in keinem eurer Wohnsitze am Sabbat Feuer anzünden", (2 B. M. XXXV, 3) was man als Weisung an das Gericht anzusehen hat, daß es an demjenigen, welcher zum Verbrennen verurtheilt worden, das Urtheil am Sabbat nicht vollstrecken lasse; und so verhält es sich auch mit allen anderen Strafurtheilen. 8) Man darf am Sabbat bereits gepflückte, oder noch wachsende Früchte, hüten, auch Menschen, Vieh oder Thiere, die davon genießen wollen, durch Drohung und Prügel fern halten. Warum wurde nun aber dies, welches doch auch ein Geschäft ist, gestattet? Antwort: Weil es nur verboten ist, Etwas zu erwerben, das man noch nicht besitzt, oder sich Etwas anzueignen, zu verdienen, oder um einen künftigen Nutzen sich Mühe zu geben; wohl aber ist Jedem gestattet, das Seinige, was er schon längst besitzt, zu hüten, um es sich unverkümmert zu erhalten, und ist dies ganz dem Falle ähnlich, wo Jemand sein Haus vor Dieben zuschließt. 9) Wer Saatfelder vor Vögeln, oder Kürbis- und Melonenfelder vor Thieren hütet, darf nicht werkeltäglich, durch Händeklatschen und Springen, sie zu verscheuchen suchen, weil zu befürchten steht: es könnte ein Steinchen, vier Ellen weit, im öffentlichen Platze werfen. 10) Alle, aus der Rastvorsicht hervorgehenden Verbote, beziehen sich nur auf den eigentlichen Tag, nicht aber auf die Dämmerungszeit, (am Vorabend), wo solche Verrichtungen, zu denen die Pflicht, oder die Nothwendigkeit uns zwingt, vorgenommen werden dürfen. So ist es z. B. gestattet, in der Dämmerung einen Baum zu erklettern, oder über ein Gewässer zu schwimmen, um einen Palmenzweig oder ein Posaunenhorn herbei zu schaffen; ebenso darf man einen Erub vom Baume herunterholen, oder ihn aus einer Carmelith hinaustragen. Ebenso darf man auch in der Dämmerung andere Verrichtungen, die der Rastvorsicht wegen verboten sind, ausführen, im Falle man schon früher damit beschäftigt war, oder die Sache Eile hat, und nothwendig ist. Ist die Verrichtung aber weder dringend, noch eine Pflicht, so ist sie verboten. Daher darf man in der Dämmerung nicht Vadai verzehnten, obschon das Verbot des Zehntens am Sabbat eine bloße Rastvorsicht ist, wohl aber darf man Demai verzehnten. 11) Wenn ein Minderjähriger am Sabbat ein Schebuth- Verbot übertritt, z. B. wenn er aus einem nicht durchlöcherten Topfe Pflanzen pflückt, oder in einer Carmelith Etwas umherträgt: so ist das Gericht nicht gehalten, ihn davon abzuhalten; ebenso hat man sich darum nicht zu bekümmern, daß es der Vater zuläßt. 12) Die Weisen haben verboten, manche Gegenstände am Sabbat so herum zu tragen, wie es in der Woche geschieh. Was hat sie zu diesem Verbote bewogen? Antwort: Das Gutachten, welches sie in folgenden Worten abgegeben: Haben doch die Propheten die strenge Vermahnung ergehen lasten, am Sabbat weder, wie an einem Werkeltage zu gehen, noch so zu reden, denn es heißt ja: „Und vom Sprechen der Worte" (Jes. LVIII), um wie viel mehr muß also das Tragen der Dinge am Sabbat, von dem in den Wochentagen abweichen, damit der Sabbat, in den Augen der Leute, nicht einem Wochentage gleich geachtet, und sie dadurch nicht versucht werden, Geräthschaften zu heben, dieselben aus einem Winkel in den andern, oder aus einem Hause in das andre, hin und her zu tragen, oder Steine und dergleichen in Verwahrung zu bringen, und zwar alles Dies nur, weil sie müßig zu Hause sitzen, und irgend eine Beschäftigung suchen; auf welche Weise sie aber nicht ruhen, vielmehr den Zweck des in der Thora enthaltenen Gebots: „Damit es ruhe u. s. w." vereiteln. 13) Ein weiterer Beweggrund (zu einem dergleichen Verbote der Weisen) besteht darin, daß, wenn es zugegeben würde, daß man Geräthschaften, die zu einer verbotenen Arbeit bestimmt sind, betasten, und in die Hand nehmen dürfte, es wohl auch dahin kommen könnte, daß man mit denselben sich auch Etwas zu schaffen machte, und endlich zum Arbeiten verleitet würde. Auch folgender Beweggrund kömmt hier in Betracht: Ein großer Theil des Volks besteht aus Nicht- Professionisten, welche als Spaziergänger und Besucher von Winkelplätzen müßig umhergehen, und niemals arbeiten. Wenn man solchen Leuten nun frei geben wollte, umherzuschlendern, zu schwatzen, und Alles in die Hand zu nehmen, wie an einem Wochentage, so wäre ihr Rasten gar nicht bemerkbar, weshalb die Rastvorsicht auch bei solchen Handlunlungen als Mittel angewendet werden mußte, um das Gebot der Ruhe auf alle Individuen zu übertragen. Aus allen diesen Gründen hat man Verbote in Betreff des Berührens erlassen, und nur solche Geräthschaften in die Hand zu nehmen gestattet, welche man nöthig hat; wie dies Alles sofort näher auseinandergesetzt werden soll.


Fünfündzwanzigstes Capitel.

1) Es giebt Geschirre, die zu erlaubten Verrichtungen bestimmt sind, nämlich solche, mit denen man auch am Sabbat dieselben Verrichtungen, zu denen sie in der Woche dienten, vornehmen darf, z. B. ein Becher zum Trinken, eine Schüssel zum Essen, ein Messer zum Schneiden von Fleisch und Brod, ein Hammer zum Aufschlagen von Nüssen, und dergleichen.

2) Und wiederum andere Geschirre giebt es, die zu Verrichtungen bestimmt sind, welche am Sabbat nicht vorgenommen werden dürfen; z. B. ein Mörser, ein Mühlstein und dergleichen: weil es verboten ist, am Sabbat Etwas zu stoßen, oder zu mahlen. 3) Solche Geschirre nun, welche zu erlaubten Verrichtungen bestimmt sind, mögen sie von Holz, Thon, Stein, oder Metall seyn, darf man am Sabbat bewegen, sowohl um des Geschirres selbst, oder um sich des Platzes, wo es stand, als auch um sich des Gefäßes um des Menschen willen, zu bedienen. Solche Geschirre hingegen, welche zur unerlaubten Verrichtung bestimmt sind, mögen es hölzerne, thönerne, steinerne oder metallene seyn, darf man am Sabbat wohl bewegen, um sich deren des Menschen willen, oder des Platzes, wo er stand, zu bedienen, nicht aber um des Geschirres an sich selbst willen. 4) Man darf z. B. eine hölzerne Schüssel von ihrem Platze nehmen, um daraus zu essen, oder an die Stelle, wo sie stand, sich zu setzen, oder endlich damit sie nicht gestohlen werde; in welchem letztem Falle es also ihrer selbst willen geschieht. Ebenso darf man sie von der Stelle fortnehmen, damit sie nicht in der Sonne austrockne und zerberste, oder damit sie nicht im Regen aufquelle und verderbe, in welchen Fällen man sie ihrer selbst willen bewegt, was auch, da sie zu erlaubten Verrichtungen bestimmt ist, Niemandem verwehrt werden kann. 5) Ebenso darf man Mühlsteine, oder Mörser nehmen, um Nüsse darauf aufzuknacken, oder um vermittelst derselben aufs Bett hinaufzusteigen, welche Fälle man als Benutzung des Gegenstandes, oder des Platzes — um des Menschen willen, bezeichnet. Dagegen darf man dieselben aber nicht von der Stelle nehmen, damit sie nicht zerbrochen, oder gestohlen werden. Und so vieles Dergleichen. 6) Was nicht Geschirr ist, als: Steine, Geld, Rohr, Balken und dergleichen, darf man nicht in die Hand nehmen. Wenn aber ein großer Stein, oder ein großer Balken, als Gerätschaft gebraucht wird, so darf man dieselben von der Stelle bewegen, selbst wenn zehn Personen dazu erforderlich waren. Hausthüren, obschon sie als Geräthschaft zu betrachten sind, werden doch nicht zum Herumtragen bestimmt, und man darf sie daher, wenn sie ausgehoben sind, am Sabbat nicht von der Stelle bewegen. Ebenso ist es verboten: Erde, Sand und einen Leichnam, von der Stelle zu bewegen. Ein achttägiges Kind ist als Stein zu betrachten, und darf nicht auf die Hand genommen werden. 7) Man darf ein Geschirr sogar zu seinem nicht eigentlichen Behufe verwenden, mittelst desselben vielmehr auch das verrichten, wozu es nicht bestimmt ist. So darf man z. B. einen Hammer nehmen, um Nüsse aufzuschlagen, ein Beil, um einen Feigenkuchen zu zerhauen, eine Handsäge, um Käse durchzuschneiden, eine Schaufel, um dürre Feigen auszunehmen, eine Schwinge und eine Gabel, um dem Kinde Etwas zum Essen vorzulegen, eine Spindel, oder ein Weberschifflein, um Etwas darauf zu stecken, eine Packnadel, um die Thüre zu öffnen, und einen Mörser, um sich darauf zu setzen, und so anderes dieser Art. 8) Man darf eine Nähnadel nehmen, um einen Splitter auszuziehen. Ist das Oehr, oder die Spitze daran abgebrochen, so darf man sie nicht nehmen. Ist sie unvollendet, und noch ohne Oehr, so darf man sie nehmen. 9) Man darf am Sabbat keine Geräthe von ihrem Platze bewegen, welche durch die Benutzung ihren Werth, verlieren, z. B. solche, die noch als Verkaufsgegenstand gelten, oder von ganz besonderem Werthe sind, so daß man sehr besorgt ist, daß sie nicht etwa zu Schaden kommen: man nennt dieselben Mukza *) mit Beziehung auf den pekuniaren Schaden, und es gehören dahin: die große Holzsäge, die Pflugschaar, das Schlachtmesser, das Sattlerschneidemesser, der Zimmermannshobel, das Gewürzhämmerchen und dergleichen. 10) Man darf kein Geräth in die Hand nehmen, welches in Folge des damit verbundenen, verbotenen Gegenstandes, gleichsam aufgegeben war. So ist es untersagt von seiner Stelle zu bewegen: ein Licht, das zum Sabbat angezündet war, einen Leuchter, worin das Licht gesteckt; einen Tisch, worauf Geld war, obschon das Licht jetzt vielleicht schon erloschen, oder das Geld heruntergefallen ist; weil jedes Geräth, das in der Dämmerungszeit nicht hinweg genommen werden durfte, auch den ganzen Sabbat über, nicht von seinem Platze entfernt werden darf, wenngleich der Umstand, welcher das Verbot veranlasste, längst nicht mehr besteht. 11) Ein Geräth aber, das man seiner Eckelhaftigkeit wegen absondert, als: eine alte Naphta-Lampe, ein Nachtgeschirr und dergleichen, darf man am Sabbat von seiner Stelle fortbewegen, wenn man seiner bedarf. 12) Die ausgehobenen Thüren von Geräthen, die am Sabbat von ihrer Stelle genommen werden dürfen, als z. B. die Thüren von Schränken, Kästen und Truhen, dürfen fortgetragen werden, mögen sie nun am Sabbat selbst, oder vor demselben ausgehoben worden seyn. Ebenso ist es erlaubt,

*) Abgesondertes, Unbrauchbares; hier: „Abgesondert aus Geldverlust."

die Bruchstücke von Geräthen von der Stelle zu schaffen, welche am Sabbat hinweg genommen werden dürfen, mögen sie vor, oder am Sabbat selbst, zerbrochen worden seyn; nur wird dabei vorausgesetzt, daß sich die Bruchstücke zu irgend einem Gebrauch eignen, z. B. die Stücke eines Backtroges, um die Oeffnung eines Fasses zu bedecken, die Scherben eines Glases, um die Oeffnung eines Kruges zu bedecken. Können solche Bruchstücke aber zu nichts gebraucht werden, so darf man sie nicht in die Hand nehmen. 13) Alle Arten Deckel von Geräthen, darf man in die Hand nehmen, jedoch nur dann, wenn man dieselben gesetzlich als Geschirre betrachten kann. Gehört der Deckel zu einem am Boden befestigten Gefäß, z. B. zu einem in die Erde eingelassenen Fasse, so darf man ihn bewegen, wenn er mit einer Handhabe versehen ist, wo nicht, so ist dies verboten. Ebenso darf man die Deckel über Oeffnungen in der Erde, als Cisternen und Gruben, nur dann anfassen, wenn sie mit Handhaben versehen sind. Einen Ofendeckel darf man anfassen, selbst wenn keine Handhabe daran ist. 14) Wenn zwei Gegenstände, von denen der eine nicht genommen, und der andere genommen werden darf, so neben-, oder aufeinander liegen, daß der eine nicht ohne den andern genommen werden kann: so darf man den erlaubten Gegenstand, wenn man seiner bedarf, nehmen, wenn auch der verbotene Gegenstand dadurch mitgetragen wird. Ist es aber die Absicht, den verbotenen Gegenstand von der Stelle zu bewegen, so darf man dies nicht vermittelst des erlaubten- bewerkstelligen. 15) Hat z. B. Jemand unreife Feigen in Stroh verwahrt, oder einen Kuchen auf Kohlen liegen, so steche er sie mittelst einer Spindel oder eines Weberschiffleins an, und hole sie so heraus, unbekümmert, ob das Stroh, oder die Kohlen, beim Herausholen, am Sabbat, herumgerüttelt werden. Wenn ferner Jemand Rüben, oder Rettig, in die Erde gesteckt hat, jedoch so, daß noch einige Blätter davon sichtbar sind, so ziehe er dieselben vermittelst dieser Blätter heraus, unbekümmert darüber, daß die Erdschicht abgeschüttelt wird. Befindet sich aber ein Brod, oder ein Kind, auf einem Steine, oder auf einem Balken, so darf man vermittelst dieses Brodes oder Kindes, den Stein, oder den Balken, nicht von der Stelle rühren, und so in ähnlichen Fällen. 16) Ein Vater darf sein Kind, das Verlangen nach ihm hat, wenn es einen Stein in der Hand hält, auf den Arm nehmen, nicht aber wenn es einen Dinar in der Hand hält: weil, wenn letzterer herabfiele, der Vater denselben aufheben würde. Ist ein Korb durchlöchert, und das Loch mit einem Steine verstopft, so darf man ihn aufheben: weil der Stein einen Theil der Wand ausmacht. Ist ein Korb voller Früchte und darunter ein Stein, die Früchte aber sind saftig, z. B. Weintrauben und Maulbeeren, so darf man ihn, so wie er steht, vom Orte bewegen. Denn wenn man die Früchte ausschütten wollte, so würden sie durch Staub beschmutzt werden; das Verbot aber tritt dann nicht in Kraft, wenn Schaden daraus entsteht. 17) Wenn auf der Oeffnung eines Fasses ein Stein aus Versehen liegen blieb, so darf man dieses auf die Seite wenden, damit der Stein herunterfalle. Steht das Faß, auf dem sich der Stein befindet, zwischen andern Fässern, so ist es gestattet, dasselbe nach einer andern Stelle zu bringen, und daselbst auf die Seite zu wenden, bis der Stein herunterfällt. Wurde Geld auf einem Polster vergessen, und man bedarf des Polsters, so darf man es umlegen, so daß das Geld herunterfällt. Hat man den Platz nöthig, wo sich das Polster befindet, so trage man dasselbe, sammt dem Gelde darauf, hinfort. War aber das Geld am Freitag absichtlich auf das Polster, oder der Stein auf die Mündung des Fasses gelegt: so darf man beide nicht von der Stelle rühren, selbst dann nicht, wenn das Geld, oder der Stein bereits hinweggenommen wurden: weil sie einmal einem verbotenen Gegenstande als Unterlage gedient haben. 18) Schöpft man mittelst eines hohlen Kürbisses, in welchen ein Stein hineingelegt worden ist, Wasser, und der Stein fällt in Folge dessen nicht herab: so wird er als ein Theil des Kürbisses betrachtet, und man darf damit Wasser schöpfen; im entgegengesetzten Falle aber, ist dies verboten. Kleider, die auf Stäben ausgespannt sind, darf man von den Stäben herunterwerfen. 19) Früchte, deren Genuß verboten ist, darf man nicht in die Hand nehmen, z. B. unverzehntete Früchte, (selbst wenn die Verzehntungspflicht von einer blos rabbinischen Sazzung herrührte), oder den ersten Zehnten, dessen Hebe noch nicht abgenommen ist, oder unreine Hebe, oder den zweiten Zehnten und Geheiligtes, wo die gesetzliche Auslösung nicht Statt gefunden. Wohl aber darf man Demai in die Hand nehmen, weil die Armen davon genießen dürfen, ferner den zweiten Zehnten und Geheiligtes, wo die Auslösung Statt gefunden, wenn auch die Fünftel-Zulage noch nicht erlegt wurde. 20) Ein Israelit darf die Hebe fortbringen, obschon er davon keinen Gebrauch machen kann. Man darf auch unreine Priesterhebe, mit reiner und mit Nichtgeheiligtem, von der Stelle bringen, wenn sie zusammen in einem Gefäße Enthalten sind. Jedoch darf dies nur geschehen , wenn die reine Priesterhebe unten liegt, und die Früchte von der Art sind, daß sie leicht am Boden beschmutzt werden, und also beim Ausschütten verderben würden; sind es aber Nüsse und Mandeln, und dergleichen, so leere man das Gefäß aus, lege die reine Priesterhebe, oder das Nichtgeheiligte, in dasselbe, und lasse die unreine Priesterhebe liegen. Braucht einer aber den Platz, wo das Gefäß steht, so nehme er Alles zusammen hinweg, gleichviel, ob die reine Theruma oben, oder unten liegt. 21) Man darf auf Haufen aufgeschichteter Steine, mit denen man sich noch bei Tage versehen, und welche man zum Sitzen zurecht gelegt hat, am Morgen sich niedersetzen; hat man sie aber nicht schon am Tage (vorher) zurecht gelegt, so darf man nicht darauf sitzen. Hat Jemand Dattelzweige gehauen, um dieselben als Holz zu verwenden, besinnt sich aber am Freitag, und bestimmt sie ohne weitere Vorrichtung zu Sitzunterlagen, so ist es ihm gestattet dieselben (am Sabbat) von der Stelle zu bringen; ebenso darf er sie fortbringen, wenn er noch Freitag bei Tageszeit auf ihnen gesessen hat. 22) Stroh auf dem Bette, darf man nicht mit der Hand umschütteln, aber wohl mit dem Körper. Ist es aber zum Futter bestimmt, so darf man es mit der Hand bewegen. Ebenso ist es gestattet, wenn ein Kissen, ein Tuch oder dergleichen, darüber gebreitet ist, den Stroh mit der Hand umzuschütteln, weil dies so gut ist, als wenn man bei Tage darauf gesessen hätte. Wenn Jemand einen Korb Erde in die Stube bringt, und noch Freitags einen Winkel zu dessen Standort bestimmt: so darf er ihn am Sabbat fortbringen, und den Inhalt zu verschiedenen Zwecken verwenden.

23) Es ist verboten ein Gefäß zu dem Zweck, für welchen es bestimmt ist, unbrauchbar zu machen: weil dies eine Art Einreißens ist. So darf man am Sabbat kein Gefäß unter die Lampe stellen, um das abtriefende Oel aufzufangen, weil es verboten ist, das Oel in der Lampe zu berühren, und wenn dasselbe in ein Gesfäß träufelt, so ist natürlich auch dessen Benutzung untersagt, was aber ohne dies nicht der Fall gewesen wäre. Und so in allen ähnlichen Fällen. Deshalb darf man einer Henne kein Gefäß unterstellen, damit sie ihr Ei hineinlege; wohl aber ist es erlaubt über sie ein Gefäß zu stellen; So kann man auch über alle Gegenstände, welche nicht angefaßt werden dürfen, ein Gefäß umwenden; weil dieselben dadurch nicht für den weitern Gebrauch unzulässig gemacht werden, und man das Gefäß beliebig abnehmen kann. 24) Man darf ein Gefäß unter die Traufe stellen; wird das Gefäß voll, so leere man es aus, und stelle es ohne Bedenken abermals unter. Jedoch wird dabei vorausgesetzt, daß das Traufenwasser zum Waschen brauchbar sey; ist dies aber nicht der Fall, so darf man das Gefäß nicht unterstellen. Wurde es aber dennoch untergestellt, so ist es erlaubt, dasselbe, sammt dem darin befindlichen schmutzigen Wasser fortzutragen, weil man es nur nicht zugeben darf, daß Etwas von vorneherein, wie ein Nachtgeschirr verunreinigt werde. 24) Wenn ein Faß mit Tebel*) zerbricht, so darf man ein Gefäß zum Auffangen darunter stellen; denn wenn Jemand, das bestehende Verbot überschreitend, Hebe davon abnehmen wollte, so würde ja doch der Genuß freigegeben seyn, weshalb man den Genuß des Tebel auch schon durch die

*) Alles Priesterhebepflichtige, bevor die Hebe abgenommen ist.

Möglichkeit — als erlaubt betrachtet. Ferner ist es erlaubt, ein Gefäß, zum Auffangen der Funken, unter die Lampe zu setzen, weil das Gefäß, da die Funken nicht wesentlich sind, nach wie vor getragen werden darf. Man darf einen zerbrochenen Querbalken nicht mittelst einer Bank, oder mit Bettstangen, stützen, es sey denn, daß sie nicht befestigt würden, und also zu jeder Zeit weggenommen werden können: ein Verbot, welches nur deshalb erlassen worden, damit kein Geräth seiner Bestimmung entfremdet werde. Man darf über Steine, oder über einen Bienenstock, am Sabbat eine Rohrmatte ausbreiten, um den Sonnenschein, oder den Regen, abzuhalten; nur wird vorausgesetzt, daß man dadurch (die Bienen) nicht zu fangen beabsichtige; es ist dies deshalb gestattet, weil man die Matte zu jeder Zeit wegnehmen kann. Man darf am Sabbat einen Korb umbiegen für die Küchlein, damit sie daran auf- und ablaufen, weil der Korb wieder hinweggenommen werden darf, sobald die Küchlein wieder herunter sind; und so Anderes dergleichen. 26) Ist ein Hausthier in einen Brunnen, oder in einen Wassergraben, gerathen, so lasse man ihm daselbst Futter verabreichen, bis zum Ausgange des Sabbat's, wenn dies sich thun läßt; wo nicht, so bringe man Kissen und Polster und lege solche unter, und kümmere sich nicht darum, wenn das Thier mit Hilfe derselben heraussteigt. Wenn nun auch in diesem Falle die Geräthe, welche in den Brunnen geworfen wurden durch die Nässe zu ihrem eigentlichen Behufe untauglich werden, so ist dies dennoch, wenn es sich um Thierquälerei handelt, nicht verboten. Das Thier jedoch geradezu mit der Hand heraus zuholen, ist nicht erlaubt. Ebenso ists verboten im Gehöft Vieh, Thiere oder Geflügel, in die Höhe zu heben; wohl aber darf man sie drängen, bis sie dahin gehen, wo man will. Man darf Kälber und junge Esel von der Seite fortschieben; nicht aber eine Henne, weil diese aus der Hand entschlüpfen könnte, und dadurch die Flügelfedern ausgerupft werden könnten wohl aber darf man sie drängen, bis sie wieder ins Gehöft geht.


Sechsuudzwanzigstes Capitel.

1) Alle Werkzeuge eines Webers, sammt Schnüren und Stäbchen, dürfen, so gut wie andere Gegenstände, die zu einer am Sabbat verbotenen Verrichtung bestimmt sind, in die Hand genommen werden, der obere und untere Weberbaum ausgenommen, die nicht genommen werden dürfen, weil sie fest sind. Ebenso darf man die Seitenpfosten des Webestuhls nicht von der Stelle bewegen, weil man versucht seyn könnte, die durch sie gebildeten Vertiefungen zu ebnen; alle andere Werkzeuge aber, — darf man nehmen. 2) Besen von Palmblättern und dergleichen, womit man den Boden fegt, werden als Werkzeuge, die zu erlaubten Verrichtungen bestimmt sind, betrachtet: weil es erlaubt ist am Sabbat zu fegen. Ziegelsteine, welche von einem Bau übrig geblieben, sind als Gegenstände zu betrachten, welche zur erlaubten Verrichtung bestimmt sind, weil sie zum Sitzen benutzt werden können, da sie glatt und eben sind. Hatte man sie aufgeschichtet, so sind sie gleichsam befestigt, und dürfen (am Sabbat) nicht bewegt werden. 3) Einen kleinen Scherben darf man auch am öffentlichen Platze in die Hand nehmen, weil man im Gehöfte ihn dazu verwenden könnte, damit ein kleines Gefäß zuzüdecken. Der Spund eines Fasses, wenn es zerbrach, darf sammt den Stücken von der Stelle bewegt werden; wurden dieselben noch Freitag bei Tage auf den Misthaufen geworfen, so dürfen sie nicht genommen werden. Man darf von einem zerborstenen Gefäße keine Stücke ablösen, um damit Etwas zu bedecken, oder zu stützen*). 6) Fetzen zerrissener Matten — sind als Geschirre, die zu einer erlaubten Verrichtung bestimmt sind, zu betrachten, weil sie dazu taugen, den Unflath zu bedecken; Fetzen zerrissenen Zeuges aber, die nicht drei Fingerbreiten ins Geviert haben, darf man nicht in die Hand nehmen, weil solche weder Armen noch Reichen zu irgend Etwas nützen. Bruchstücke von einem Ofen darf man von der Stelle bewegen, und dieselben sind anderen, zu erlaubten Verrichtungen bestimmten, Gegenständen gleich. Einen Küchenheerd, von dem ein Fuß abgebrochen ist darf man nicht bewegen, aus Besorgniß, man könnte ihn (den abgebrochenen Fuß) wieder einsetzen wollen. 7) Eine Leiter, welche zum Hausboden führt, darf man nicht bewegen, weil sie nicht als Geräth angesehen wird. Eine Leiter des Taubenschlags darf man wohl hinneigen, dieselbe aber nicht von Taubenschlag zu Taubenschlag schleppen: damit man nicht, in Folge dieses wochentäglichen Verfahrens, verleitet werde, Tauben zu fangen. Das Rohr zum Abschlagen der Oliven, wenn es sonst als ein Geschirr gesetzlich gelten kann, wird als ein, zu einer unerlaubten Verrichtung bestimmtes Geräth betrachtet. Ein Rohr aber, welches zum Oeffnen und Verrammeln vom Hausherrn eingerichtet ist, wird, wenn es zu den Geräthschaften gerechnet werden kann, als ein für erlaubte Verrichtung bestimmtes Geschirr betrachtet.

*) In diesem Paragraphe sind einige casuistische Fälle ausgelassen, weil sie, allen Anstand abgerechnet, jetzt gar nicht vorkommen; ebenso auch die Paragrafe 4 und 5.

8) Eine Thüre, welche einmal eine Angel hatte, wenn dieselbe auch dermalen nicht mehr vorhanden, und zum Vorstellen vor einen Mukzaplatz, so eingerichtet ist, daß sie nicht aufrecht steht, sondern erst aufgehoben und eingestellt werden muß, ebenso aber auch das in den Mauerlücken zum Versperren dienende Dorngehege und die nicht aufrechtstehenden Rohrmatten, Letztere blos wenn sie an die Wand festgebunden sind, und daran hangen, — darf man sämmtlich benutzen, indem man dieselben vor den Eingang stellt, um diesen dadurch zu verschließen. Sind die erwähnten Eigenschaften aber nicht vorhanden, so ist diese Verwendung untersagt. Befinden sich aber diese Gegenstände hoch über der Erde, so darf man sie zum Verschluß benutzen. 9) Mit einer Thüre, die aus einem Brete besteht, und herausgehoben und eingesetzt zu werden pflegt, darf man keinen Raum zuschließen, wenn dasselbe nicht etwa unten mit einer Art von Schwelle versehen ist, wodurch es kenntlich wird, daß es zum Vorstellen bestimmt ist; dies ist aber wohl gestattet, wenn sie unten mit einer Schwelle versehen ist. Ebenso darf man am Sabbat sich eines Querholzes zum Schließen bedienen, wenn ein Ende desselben mit einem Knopfe versehen ist, woran zu erkennen wäre, daß es ein zum Schließen bestimmtes Geräth, und kein gewöhnliches Holzscheit ist. 10) Ist das Querholz mit keinem Knopfe versehen, so ist es nur dann erlaubt damit zu schließen, wenn es an die Thüre angebunden ist, so daß es, auch selbst beim Aufschließen, daran hängen bleibt, oder auch, wenn es nur zusammen mit der Bindeschnur abgenommen werden kann. Ist aber die Bindeschnur an die Thüre befestigt, während das Querholz einem Scheite gleich herausgehoben, in den Winkel gestellt, und, dann beliebig wieder eingelegt wird: so ist es verboten, sich desselben zum Schließen zu bedienen: weil es weder die Gesetzlichkeit eines Geräthes hat, noch angebunden ist, noch auch die Schnur an ihm haftet, wodurch seine Bestimmung angezeigt würde. 11) Man darf einen Gliederleuchter, groß oder klein nicht von der Stelle bewegen, damit man nicht darauf verfalle, ihn am Sabbat zusammenzusetzen. Hat ein Leuchter Einschnitte, wodurch er das Aussehen bekommt, als wenn er aus Gliedern bestände, und ist er neu und groß, so daß er mit beiden Händen getragen werden muß: so darf man ihn seiner Schwere wegen, nicht von der Stelle wegbringen; ist er kleiner, so ist dies wohl gestattet. 12) Man darf, am Sabbat Schuhe vom Leisten herunterwerfen. Man darf eine Hauswäschpresse aufmachen, aber nichts - um damit zu pressen. Dagegen darf man die Presse der Wäscher nicht anrühren, denn sie ist Mukza, um Geld schadens willen. Ebenso darf man geschorene Wolle nicht in die Hand nehmen, weil man damit behutsam umzugehen pflegt. Hat man sie aber zur Benutzung bestimmt, so darf man sie nehmen. Felle darf man berühren, mögen sie einen Nichtgerber, oder einem Gerber gehören: weil man ihretwegen gewöhnlich nicht sehr besorgt ist. 13) Aus dem Hofe, wo man sitzt, darf man allen Unflath, als: Excremente, ausgeworfenen Schleim, Koth und dergleichen, welche im Allgemeinen unter der Benennung Schmutzgeschirre begriffen werden, nach dem Misthaufen u. s. w. bringen. Befinden sich die Menschen aber in einem andern Hofe, so darf man solches mit einem Gefäße bedecken, damit die Kinder daran sich nicht beschmutzen. Speichel auf dem Boden, darf man, ohne Absicht gehends, austreten. Man darf eine Kohlenpfanne der Asche wegen forttragen, wenn sich auch noch Stückchen Holz darauf befinden, denn sie wird als Schmutzgeschirr angesehen. Man darf am Sabbat nicht von vorneherein Etwas zum Schmutzgeschirre machen; ist es aber von selbst geschehen, oder hat Jemand das Verbot überschritten, und es dazu werden lassen: so darf man es wegschaffen. 14) Man darf am Sabbat Oel, das unter dem Kelterbalken hervorquillt, ebenso Datteln und Mandeln, die als Handelswaaren gelten, genießen. Es ist sogar gestattet, am Sabbat mit der Benutzung eines Kornmagazins, oder eines Kornhaufens, anzufangen; denn keine Art Speise wird am Sabbat als Mukza, sondern vielmehr als etwas im Voraus zum Genießen Bestimmtes, erachtet. Ausgenommen hiervon sind dürre Feigen und Rosinen auf dem Trockenboden, während des Trocknens: weil sie sich dort im Zustande der Fäulniß befinden und zum Essen untauglich sind: weshalb sie am Sabbat als Mukza verboten werden. Ein geöffnetes Faß mit Flüssigkeiten und eine angeschnittene Melone, wenn man auch davon nicht genießen darf*), kann man dennoch nehmen und verwahren. Ebenso darf man ein nicht erprobtes Amulet, obschon man damit nicht ausgehen darf, dennoch von der Stelle fortbringen. Was von dem am Sabbat gebrannten Oele in der Lampe, oder in der Schale, zurückbleibt, darf man am nämlichen Sabbat nicht benutzen, weil es als Mukza wegen Verbotenes, anzusehen ist. 15) Ein mit Getraide, oder ein mit Weinkrügen angefülltes Magazin, darf man, wenn auch die Benutzung des-

*) Im Orient pflegte man keine Speisen und Getränke zu genießen, wenn zu besorgen war, daß ein giftiges Gewürm davon genascht haben könnte.

selben nicht untersagt ist, dennoch nicht auszuräumen anfangen: es sey denn, daß es einer Pflichterfüllung wegen geschehe, z. B. um Platz zu machen, zur Aufnahme von Gästen, oder um daselbst Schule zu halten. Das Wegräumen erfolgt dadurch, daß Jedermann vier bis fünf Körbe voll hinausträgt, und so, bis zum Ende, damit fortfährt. Den Boden des Magazins darf man nicht fegen, wie schon früher auseinandergesetzt wurde: wohl aber ists erlaubt, ein- und ausgehend mit den Füßen im Gehen einen Pfad zu bilden. 16) Alles was zum Futter für Vieh, Thier und Geflügel des Hauses dienlich ist, darf man am Sabbat von der Stelle bringen. So darf man fortbringen: trockene Feigenbohnen, weil sie als Futter für Ziegen dienen, jedoch nicht feuchte; Epheu, als Futter für die Rehe, Senf, als Futter für Tauben, und Knochen, als Futter für Hunde. Ebenso darf man alle Arten von Schalen und Kernen, welche zum Viehfutter dienen, fortbringen; und wenn sie dazu nicht tauglich sind, so verzehre man, was daran eßbar ist, werfe das Uebrige hinter sich, und lasse sich nicht ankommen, sie später wieder in die Hand zu nehmen. Man darf angegangenes Fleisch fortschaffen, weil es den Thieren zum Fraß dient. Rohes Fleisch, sowohl ungesalzenes als gesalzenes, darf man fortbringen, weil es von Menschen genossen werden kann; ebenso einen gesalzenen Fisch; einen ungesalzenen aber darf man nicht von der Stelle schaffen. 17) Es ist verboten Glasscherben fortzuschaffen, wenngleich der Strauß dergleichen verschlingt, nicht Reisbündel, wenngleich Elephanten dergleichen verschlucken; auch nicht Aron, wenngleich es den Raben zum Futter dient: weil diese und ähnliche Thiere in der Regel keine Hausthiere sind.

18) Bündel Stroh oder Rohr, darf man, wenn sie zum Viehfutter vorbereitet sind, von ihrem Orte bewegen, wo nicht, so ist dies untersagt. Bringt Jemand Bündel von Saturei, Pfefferkraut, Ysop und Thymian zur Feuerung herbei, so ist deren Benutzung am Sabbat untersagt; geschieht es aber, um diese Kräuter zum Viehfutter zu gebrauchen, so ist es erlaubt. Die gleiche Bewandniß hat es auch mit Münzkraut, mit Raute, und mit anderen gewürzhaften Gewächsen. 19) Es ist verboten, vor den Mastochsen das Futter wegzufegen, weder wenn die Krippe aus einer Geräthschaft besteht, noch auch wenn sie auf dem Boden angebracht ist. Ebenso wenig darf man einen Theil des Futters auf die Seite schaffen, um es vor Einsudelung im Miste zu bewahren: weil dies dazu führen könnte, kleine Vertiefungen auszugleichen. Es ist erlaubt einem Esel das Futter wegzunehmen, und es einem Ochsen vorzulegen, aber nicht umgekehrt; und dies darum, weil ein Ochs sein Futter Mit Speichel verunreinigt, und dasselbe dann von keinem andern Vieh mehr gefressen wird. Ebenso ist es verboten, übelriechende, oder beschmutzte Blätter, die vom Viehe nicht gefressen werden, zu bewegen. Femer darf man das Rohr, woran man Fische zum Trocknen aufhängt, nicht vom Orte nehmen, wohl aber jenes, woran man Fleisch zum Trocknen hängt. Und so vieles drgl. 20) Obschon es verboten ist, am Sabbat einen Leichnam von der Stelle zu bewegen, so darf man ihn dennoch salben und waschen; nur darf an demselben kein Glied bewegt werden. Man darf ferner das Kissen unter ihm hinweg ziehen, damit er auf dem Sande liegen bleibe, und so einige Zeit sich erhalte, ohne in Fäulniß überzugehen. Ferner darf man ihm auf den Bauch kühlende, oder metallene Gegenstände legen, damit er nicht in Fäulniß übergehe. Auch darf man alle Oeffnungen des Körpers verstopfen, damit keine Luft hineinkomme. Man darf das Kinn unterbinden, nicht so, daß es mehr anschließe, sondern daß es nicht weiter weiche; aber es ist verboten am Sabbat einem Todten die Augen zuzudrücken. 21) Wenn ein Leichnam in der Sonne liegt, so lege man auf ihn ein Brod, oder ein Kind, und trage ihn so fort. Ebenso lege man, wenn in einem Hofe, woselbst ein Todter sich befindet, eine Feuersbrunst ausgebrochen, auf denselben ein Brod, oder ein Kind, und schaffe ihn so fort; ist Brod, oder ein Kind, nicht gegenwärtig, so rette man ihn immerhin (auch ohne dies) aus der Feuersbrunst: weil, da Jedermann dafür sorgt, daß seine Todten nicht verbrennen, dies sonst leicht dahin führen könnte, daß man sich bemühte zu löschen. Aber auch nur bei einem Todten ist das Forttragen, unter Auflegung eines Brodes, oder eines Kindes, gestattet: weil die Leute ihrer Leichen wegen ängstlich zu seyn pflegen, 22) Liegt ein Leichnam in der Sonne, und man hat keinen Ort, wo man ihn unterbringen könnte, oder man hat sonst keine Lust ihn von der Stelle zu schaffen: so können zwei Personen kommen, und zu beiden Seiten der Leiche sich setzen, bis ihnen das harte Sitzen schwer wird; dann bringe ein jeder seine Bettstelle, und bleibe so lange darauf, bis der Kopf ihm heiß wird; alsdann aber bringe jedweder wieder eine Rohrmatte, und breite sie über sich aus; endlich richte jeder von ihnen seine Bettstelle empor, und mache sich davon; auf welche Weise eine Umzeltung, gleichsam von selbst entsteht; denn die durch die beiden Rohrmatten gebildeten Dächer, sind einander nahe, und ihre anderen Enden hängen an beiden Seiten der Leiche nieder, bis zur Erde. 23) Wenn eine Leiche einen üblen Geruch in der Stube verbreitet, und dadurch gewissermaassen in den Augen der Lebenden herabgewürdigt wird, indem sie Ekel vor ihr empfinden: so darf man sie nach einer Carmelith schaffen; denn der Anstand vor der Welt wird so heilig gehalten, daß man, um denselben nicht zu verletzen, das Verbot der Thora: „Du sollst nicht abgehen von dem, was sie dir sagen, weder rechts noch links"—(5 B. M. XVII), wohl hintansetzen darf. Haben die Hausbewohner noch einen andern Aufenthaltsort, so schaffe man die Leiche nicht hinweg, sondern lasse sie da liegen. Die Hausleute aber mögen das Zimmer verlassen.


Siebenundzwanzigstes Capitel.

1) Wer am Sabbat über die Stadtgrenze hinausgeht, wird gegeißelt, denn es heißt: „Niemand soll am siebenten Tage von seinem Wohnorte sich entfernen." (2 B. M. XIV, 29). Hierunter ist aber der Bereich innerhalb der Stadtgrenze gemeint. Die Thora giebt zwar nirgends eine Bestimmung in Betreff dieses Bereiches an; aber die Weisen haben traditionell festgesetzt, daß die Grenze in einem Abstande von zwölf Mil (vom Wohnorte) zu ziehen sey. Denn so groß war das israelitische Lager, und der Befehl des Moses lautete demnach: „Ihr sollt nicht über das Lager hinausgehen", (2 B. M. XXVI). Die Schriftgelehrten haben nun noch außerdem verordnet, daß man außerhalb der Stadt nur zweitausend Ellen weit gehen dürfe; darüber hinauszugehen aber, — verboten sie. Diese Bestimmung hat darin ihren Grund, daß ein Raum, bis zu zweitausend Ellen im Umkreis, gewöhnlich noch immer zum Weichbild der Stadt gerechnet wird.

2) Hieraus ist also zu entnehmen, daß es zunächst erlaubt ist, am Sabbat die ganze Stadt zu durchwandern, und wäre sie auch so groß wie Ninive, und mit Mauern umgeben, oder nicht; außerdem aber, darf man noch außerhalb (der Stadt), zweitausend Ellen weit gehen. Diesen, zweitausend Ellen weiten, Bereich — denke man sich nach allen vier Seiten wie auf einer viereckigen Tafel, so daß dem Gehenden die Winkel zu Gute kommen. Wenn nun Jemand diese Grenze überschreitet, aber nicht um volle zwölf Mil, so verfällt er der Züchtigung des Ungehorsams; geht er aber aus der Stadt, und entfernt sich von derselben, auch nur um eine Elle weiter, als zwölf Mil, so erleidet er die von der Thora hierfür festgesetzte Geißelung. 3) Wenn Jemand in einer Höhe von mehr als zehn Handbreiten über dem Erdboden, den (Sabbat-) Bereich überschreitet, wenn er z. B. von einer Säule zur andern springe von denen jede eine Höhe von zehn Handbreiten, und eine Dicke von weniger als vier Handbreiten im Quadrat hat: so ist es zweifelhaft, ob das Gesetz der Sabbat-Grenze, auch in dieser Höhe von mehr als zehn Handbreiten, seine Geltung habe, oder nicht. Ging aber Jemand auf Säulen, die eine Dicke von vier Handbreiten ins Geviert haben: so wird dies ebenso angesehen, als wenn er auf dem Boden gegangen wäre, und in diesem Falle tritt das Verbot über Sabbat- Grenze unzweifelhaft in Kraft. 4) Hält Jemand Sabbat in einem Pferch auf der Heide, oder in einer Hürde, oder in einer Höhle, oder in anderen ähnlichen Privatorten: so darf er innerhalb dieser Plätze, so weit ihre Ausdehnung reicht, und überdies, außerhalb derselben, eine Strecke von zweitausend Quadrat-Ellen, nach allen Seiten hin zurücklegen. Das Gleiche gilt, wenn Jemand den Sabbat über in einem Thale bleibt, wo ihm sogar, falls er beim Beginn des Sabbats eingeschlafen wäre, und folglich keinen Rastplatz förmlich hatte in Besitz nehmen können, dennoch frei gegeben ist, von seinem Orte aus, eine Strecke von zweitausend Ellen im Ouadrat, nach allen Richtungen hin zurückzulegen. Befindet sich Jemand in einem Thale ohne Mittel zu haben, den Sabbat-Bereich zu bestimmen: so lege er zweitausend mittlere Schritte zurück, und am Ende dieser Strecke — ist dann für ihn die Sabbat-Grenze. 5) Wenn Jemand zu Ende seiner zweitausend Ellen in einen Pferch, in eine Hürde, in eine Höhle, oder in eine Stadt kömmt, so darf er darinnen nur bis ans Ende der ihm gestatteten Strecke gehen, und man darf nicht annehmen, daß, weil das ihm gestattete Maaß mitten in einem Privatorte sich endigt, es ihm darum auch freistehen müsse, diesen Ort ganz zu durchwandern. Dies gilt jedoch nur für den Fall, daß sein Bereich in einem Theile der Stadt, oder der Höhle sich endigen sollte; ist aber der Privatort ganz in den zweitausend Ellen enthalten, so wird dessen ganze Strecke blos als vier Ellen angerechnet, und der Gehende darf darüber hinaus den Rest (der zweitausend Ellen) vollenden. 6) Wenn nämlich Jemand von seinem Sabbat-Sitze, außerhalb der Stadt, eine Strecke von tausend Ellen bis zu dieser, oder bis zur Höhle, zurückzulegen hat, die ihrerseits wiederum tausend Ellen, oder darunter, lang ist: so ist es ihm erlaubt, die ganze, auf seinem Wege liegende Stadt, oder Höhle, und außerdem noch eine Strecke von tausend Ellen weniger vier, zu durchwandern.

7) Ist aber die, innerhalb der hier bezeichneten Wegstrecke gelegene Stadt, oder Höhle, nur um eine Elle länger als tausend: so gehe er innerhalb derselben nur tausend Ellen weit, das ihm gestattete Maaß von zweitausend Ellen auf diese Weise ergänzend. 8) Endet das bezeichnete Maaß in der Mitte der Stadt, so darf man dennoch einen Gegenstand durch die ganze Ausdehnung derselben, mittelst Werfens, fortbringen: wenn man auch selbst nur so weit gehen darf, als das oben bezeichnete Maaß reicht. Der gleiche Fall tritt ein, wenn Jemand den Sabbat über in einem Thale bleibt, und Nichtjuden während dieser Zeit den Platz um ihn her mit Wänden umgeben, wo immer nur zweitausend Ellen weit nach allen Richtungen Eingehen darf, obgleich er innerhalb einer Umwandung sich befindet; wohl aber ist es ihm dann gestattet, so weit die Umwandung reicht, Etwas durch Werfen fortzuschaffen, wenn jene nämlich diese Wände zu Wohnungen aufstellen. 9) Wer von einer See- oder Landreise heimkehrend, die Stadt erreichen will, darf dieselbe betreten, wenn er sich ihr vor Einttitt des Sabbats, bis auf zweitausend Ellen näherte, obgleich er die Stadt selbst erst am Sabbat erreichen kann; auch darf man sie in diesem Falle ganz durchwandern, und überdies noch außerhalb derselben eine Strecke von zweitausend Ellen, nach allen Seiten hin, zurücklegen. 10) Will Jemand die Stadt erreichen, schläft unterwegs ein, erwacht erst am Sabbat, und findet, daß die Stadt innerhalb seiner Sabbat-Grenze sich befindet: so darf er in dieselbe eintreten, sie ganz durchwandern, und außerdem noch eine Strecke von zweitausend Ellen, nach allen Seiten hin; weil er die Absicht hatte in die Stadt zu gehn, und weshalb auch sein Sabbat-Sitz, als mit dem der Stadtbewohner zusammenfallend, betrachtet wird: denn er befand sich ja innerhalb ihrer Sabbat-Grenze. 11) Wenn Jemand den Sabbat-Bereich-auch nur um eine einzige Elle überschritten hat, so darf er nicht wieder zurückgehen; weil die einem Menschen zugestandenen vier Ellen da anfangen, wo er gegenwärtig steht; wenn einer daher um eine Elle, oder mehr, über die Grenze hinausgeht: so muß er dort bleiben, und es sind ihm blos vier Ellen, vom dermaligen Standpunkte seiner Füße an gerechnet, vergönnt. Das Gleiche gilt, wenn sich Jemand bei Einbruch der Dunkelheit außerhalb des Sabbat-Bereiches einer Stadt, wenn auch nur um eine Elle jenseits derselben, befindet, wo es ihm dann nicht erlaubt ist, in die Stadt einzutreten; vielmehr gehe er dann von der Stelle, wo ihn der Sabbat überraschte, nur zweitausend Ellen weit. Wenn diese Strecke sogar innerhalb irgend einer Stadt endet, so lege er immer blos diese Strecke zurück: wie auch bereits oben auseinandergesetzt wurde. Hat Jemand einen Fuß innerhalb, und den andern außerhalb des Bereiches, so darf er zurückgehen. 12) Wenn Jemand auch ohne Vorbedacht über die Grenze hinausgeht, z. B. wenn ihn Heiden, oder ein Anfall von Wahnsinn, oder ein Irrthum dazu veranlaßt hätten, so werden ihm doch nur vier Ellen zugestanden; ist er mit Vorbedacht zurückgegangen, so sind ihm gleichfalls nur vier Ellen freigegeben; wurde er aber wiederum durch eine Gewalt, der er sich nicht widersetzen konnte, zurückgedrängt: so gilt dies, als ob er nicht hinausgegangen wäre. Wurde Jemand nach einem Privatort gebracht, hatten ihn z. B. die Heiden in einen Pferch, in eine Hürde, in eine Höhle, oder nach einer andern Stadt geführt: so ist es ihm gestattet, innerhalb der ganzen Umgebung sich zu bewegen; ebendies ist auch demjenigen zugestanden, der aus Versehen die Grenze überschreitend, in einen dieser Privatorte geräth, und — erst dort angelangt — zur Besinnung kommt. 13) Geht Jemand mit Vorbedacht über die Grenze hinaus und kommt, wenn auch ohne es zu wollen, wieder hinein, z. B. wenn er durch Heiden geführt, oder durch einen Irrthum, wieder zurückzukehren veranlaßt wird: so sind ihm nur vier Ellen freigegeben. Ebenso kommen demjenigen, der mit Vorbedacht über die Grenze gegangen ist, befände er sich auch in einem Privatorte, z. B. in einem Pferch, oder einer Hürde, nur vier Ellen zu Gute. Wer zur See geht, darf, wenn er sich auch außerhalb der Sabbat-Grenze desjenigen Orts befindet, wo er seinen Sabbat-Sitz genommen, im ganzen Schiffe überall hingehen, auch Etwas dort fortschaffen. 14) Wenn Jemand, der ohne Vorbedacht über die Grenze hinausgegangen, daselbst am Sabbat mit Wänden umgeben wurde: so darf er den ganzen umwandeten Platz durchschreiten, wenn derselbe nicht länger als zweitausend Ellen ist. Reicht der umwandete Platz, welcher ohne sein Vorwissen gemacht wurde, in den überschrittenen Sabbat-Bereich hinein, so ist es ihm gestattet, diesseits der Grenze zurück zu kommen, da es ihm freisteht, den ganzen umwandeten Platz zu durchwandern, — und sobald er ein mal daselbst angelangt, sieht man es so an, als ob er gar nicht über die Grenze gegangen wäre. 15) Derjenige, der sich nicht weiter als vier Ellen entfernen darf, wenn er seine Nothdurft verrichten will, entferne sich zu diesem Zwecke Etwas weiter, und komme alsdann wieder zur frühern Stelle zurück. Hat er, bei dieser Gelegenheit zugleich, die Sabbat-Grenze zurück erreicht, so wird für ihn die frühere Überschreitung, durch diese Rückkehr aufgehoben. Dies gilt aber nur in dem Falle, daß er ohne Vorbedacht über die Grenze hinaus gerieth; überschritt er sie aber mit Vorbedacht, und ging dann auch auf die angeführte Weise wieder zurück, so hat er nur über vier Ellen zu verfügen. 16) Leute, die mit Erlaubniß eines Gerichtshofes über den Sabbatbereich hinausgehen z. B. die Zeugen, welche das Sichtbarwerden des Neumondes zu bezeugen haben, und ähnliche Personen, denen es nämlich einer Pflichterfüllung wegen freisteht, die Grenze zu überschreiten, dürfen von dem Orte aus, wohin sie ihre Pflicht führt, zweitausend Ellen weit, nach allen Richtungen hin, gehen. Führt sie ihr Weg in eine Stadt, so stehen sie den Einwohnern gleich, und haben das Recht, außer der Stadt zweitausend Ellen nach allen Richtungen zu gehen. 17) Hat Jemand, der dazu berechtigt war, den Sabbatbereich überschritten, und wird unterwegs benachrichtigt, daß die gute That, um derentwillen er hinausgegangen, bereits gethan sey: so steht es ihm immer frei, zweitausend Ellen, nach allen Seiten hin, zurückzulegen. Fällt ein Theil des befugnermaaßen überschrittenen Sabbat- Bereiches, mit einem Theil der zugestandenen zweitausend Ellen, Letztere von dem dermaligen Standorte aus gemessen, zusammen: so steht es ihm frei, zur vorigen Stelle zurückzukehren, und es wird dann so angesehen, als wäre ecr nicht hinwegkommen. Personen, welche die Sabbatgrenze überschreiten, in der Absicht, Israeliten aus Lebensgefahr zu retten, es sey dies nun aus der Gewalt der Heiden, oder aus einem Fluße, oder aus eingestürzten Gebäuden, haben, von dem Orte an gerechnet, wo die Rettung statt fand, zweitausend Ellen, nach allen Richtungen hin, frei. Haben die Heiden die Uebermacht, und die Israeliten fühlen sich an dem Orte, wo sie die Lebensrettung vollzogen, nicht sicher genug, um den Sabbat über dort zu bleiben: so ist es den Letzteren gestattet, am Sabbat mit den Waffen zurückzukehren.


Achtundzwanzigstes Capitel.

1) Jedes Wohngebäude, welches von der Stadt abgesondert steht, wird, wenn es von letzterer blos siebenzig und zwei drittel Ellen, also nur so viel, als die Seite eines viereckigen Zwei-Saah-Platzes ausmacht, oder darunter, entfernt ist, als zur Stadt gehörig, und als ein Theil derselben angesehen; die Vermessung des zugestandenen Raumes von zweitausend Ellen, nach allen Seiten hin, beginnt demnach erst bei diesem Wohngebäude. 2) Ist ein Haus siebenzig Ellen von der Stadt entfernt, und in einer weiteren Entfernung von siebenzig Ellen befindet sich ein zweites, und dann ein drittes, von denen jedes nicht weiter als siebenzig Ellen vom andern absteht, und so fort, — wenn auch mehrere Tagereisen hindurch: so werden alle als zu dieser Stadt gehörig, angesehen, und es müßte die Messung erst jenseits des letzten Hauses beginnen; wobei jedoch vorausgesetzt wird, daß ein solches ausserstädtisches Wohngebäude, wenigstens vier Ellen im Quadrat enthalte. 3) Ebenso werden zur Stadt geschlagen: eine Synagoge mit Wohnzimmern für die Schullehrer, ein Heidentempel mit Wohnstuben für die Priester, Vorrathshäuser mit Wohnstuben, Brücken und Grabmäler, bei welchen ein Wohnhaus sich befindet, ein von drei Wänden einschlossener Raum ohne Gedeck, aber vier Ellen im Geviert enthaltend, Fruchthäuschen, ein mitten in einem See sich erhebendes Haus, ein Raum mit zwei Seitenwänden und einem darüber befindlichen Gebalk, und endlich eine Höhle, an deren Ausgang ein Gebäude mit Wohnstuben angebaut ist: vorausgesetzt, daß sie alle innerhalb siebenzig Ellen von der Stadt liegen. Man denke sich alsdann, von diesen Gebäuden aus, eine Schnur, parallel mit den Grenzlinien der Stadt gezogen, und erst jenseits dieser Parallellinien beginnen die zweitausend Ellen des Stadtbereiches. 4) Zur Stadt werden nicht gerechnet: ein Raum mit zwei Seitenwänden ohne Gebälk, wenn derselbe auch als Wohnung benutzt wird, eine Brücke, ein Grabmal, eine Synagoge, ein Heidentempel, alle Vorrathshäuser, wenn sich in diesen Gebäuden keine Wohnzimmer befinden, ebensowenig eine Cisterne, eine Grube, eine Höhle, ein Taubenschlag und die Kajüte eines Schiffes, und so manches Dergleichen. 5) Liegen zwei Städte so nahe an einander, daß sie blos durch einen Zwischenraum von hundert und ein und vierzig und einer drittel Elle von einander getrennt sind, und demnach auf jede nur siebenzig Ellen und eine Kleinigkeit kommen, so werden sie als eine einzige Stadt betrachtet, und es dürfen mithin die Einwohner jeder von beiden, bis zum Ende der Andern gehen, und noch zweitausend Ellen darüber hinaus. Wenn drei Dörfer so liegen, daß sie zusammen ein Dreieck bilden, und das mittlere von jedem der beiden äußeren, zweitausend Ellen, oder darunter, entfernt ist, die beiden äußern untereinander aber, nur um zweihundert und drei und achtzig weniger eine drittel Elle, von einander abstehen, so daß, wenn wir uns das - mittlere Dorf in einer Linie mit den beiden äußern denken, es von jedem der beiden anderen nur hundert und ein und vierzig und eine drittel Elle abstehen würde: so werden alle drei als eine Stadt betrachtet, und die Abmessung der zweitausend Ellen, nach allen Richtungen, beginnt erst außerhalb des Quadrats der drei Dörfer. Bei einer Stadt, die zuerst ummauert und dann bewohnt wurde, beginnt Die Messung von der bewohnten Gegend; wurde sie zuerst bewohnt und dann ummauert, so beginnt die Messung bei der Mauer. 6) Bildet eine Stadt ein längliches Viereck, oder ein regelmäßiges Quadrat, so gilt ihre Gestalt bei der Vermessung als Grundlage: weil hier vier rechte Winkel vorhanden sind; und es werden nach allen vier Seiten hin zweitausend Ellen abgemessen. Bildet aber die Stadt einen Kreis, so denkt man sich Ecken hinzu; und, — indem man sie dann als ein Viereck ansieht, mißt man die zweitausend Ellen erst von den vier Seiten desselben, nach allen Himmelsgegenden hin; wobei der Raum, welchen die vier (hinzugedachten) Ecken einnehmen, den Bewohnern zu Gute kommt. 7) Bildet die Stadt aber ein Dreieck, oder ein Vieleck, so mache man daraus zuvörderst ein Quadrat, und messe alsdann, von den vier Seiten desselben ausgehend, zweitausend Ellen nach allen Seiten hin. Ein solches Quadrat muß den Himmelsgegenden entsprechen, so daß jede der vier Seiten mit einer der Letztern gleichlaufend gedacht wird. 8) Ist die Stadt an einer Seite breit, und an der andern schmal, so wird sie als durchgängig von gleicher Breite angesehen. Ist sie gamma- oder bogenförmig gebaut, so kommt es darauf an, ob die beiden Enden weniger als viertausend Ellen von einander entfernt sind, in welchem Falle man sich den ganzen Raum zwischen Sehne und Bogen als mit Häusern ausgefüllt denkt, und demgemäß die Messung von der Sehne aus zu beginnen hatte. Sind aber die beiden Enden volle viertausend Ellen von einander entfernt, so müßte die Messung vom Bogen aus beginnen. 9) Wenn eine Stadt, die an einem Bache gelegen, längs desselben mit einem vier Ellen breiten Damme versehen ist, von wo aus man stehend den Boden des Baches berühren kann, und wodurch derselbe gleichsam zu einem Theile der Stadt wird: so beginnt die Messung erst jenseits des Baches, und dieser wird des Dammes wegen, als ganz zur Stadt gehörig angesehen. Ist aber kein Damm da, so beginnt die Messung von den Thüren der Häuser, und die Breite des Baches ist alsdann in den zweitausend Ellen mit einzurechnen. 10) Die Bewohner von Rohrhütten dürfen nicht anders, als von den Thüren ihrer Hütten an — messen. Liegen jedoch drei Gehöfte, jedes aus zwei Hütten bestehend, neben einander: so sind sie als zusammengehörig anzusehen, und der Platz, welchen sie einnehmen, wird bei der Vermessung zum Viereck umgestaltet, von dessen Seiten an, wie bei den Städren, viertausend Ellen gerechnet werden. 11) Die Messung darf nur mit einem Stricke von fünfzig Ellen Länge, nicht kürzer und nicht länger, vorgenommen werden. Auch muß derselbe aus Flachs seyn, damit er sich nicht zu sehr dehne. Kommt der Messende an ein Thal, das nur fünfzig Ellen breit ist, und also mit der Meßlinie überspannt werden kann, so überspanne er es; nur muß es nicht volle viertausend Ellen Tiefe haben. 12) Dies gilt aber nur dann, wenn das Bleiloth unter dem am Rande befindlichen Messenden gerade hinabhängt und, demnach eine Benutzung des Thales nicht denkbar ist; hängt aber das Bleiloch nicht unter ihm senkrecht hinab, so überspanne man das Thal nicht, es sey denn, daß es nur eine Tiefe von zweitausend Ellen, oder noch weniger, hätte. 13) Fällt das Thal sanft ab, so nehme man an den auf- und abwärts gehenden Abhängen die Durchbohr-Methode vor. Ist das Thal an einer Stelle breiter als fünfzig Ellen, und kann also nicht überspannt werden: so gehe der Messende nach einer andern Stelle, wo es überspannt werden kann, uund überspanne es da, merke sich alsdann genau, von dort nach dem ursprünglichen Orte zurückkehrend, wo die gemessene Thalbreite mit der eigentlichen Meßlinie zusammentrifft; und setze dort seine Arbeit weiter fort. 14) Trifft der Messende auf eine Wand, so wird ihm nicht zugemuthet, die Wand zu durchbohren, sondern es genügt, wenn er ihre Breite schätzt, und jenseits der Mauer seine Arbeit fortsetzt. Kann die Wand aber (zu irgend einem Zweck) benutzt werden, so messe er sie, wie es die Regel vorschreibt; dasselbe gilt auch, wenn das Bleiloth gerade unter ihm herunterhängt. 15) Stößt der Messende auf einen Berg, bei welchem blos auf eine Strecke von fünf Ellen, eine Steigerung von zehn Handbreiten sich ergiebt: so überspanne man ihn, und setze seine Arbeit fort. Ist aber der Berg so steil, daß auf vier Ellen sich eine Steigerung von zehn Handbreiten ergiebt: so schätze man ihn ab, und gehe weiter; kann man ihn aber nicht überspannen, d. h. wenn der Berg breiter als fünfzig Ellen ist: so wende der Messende die allmählige Durchbohr-Methode an, und dies ist es, worauf der Ausdruck, „man durchbohre die Berge", (Talmud Babli Tr. Erubin), hindeutet.

16) Diese Durchbohrung der Berge und Thäler, die nicht überspannt werden können, wird auf folgende Weise bewirkt: Zwei Personen ergreifen eine vier Ellen lange Linie, die obenstehende Person das eine Ende zu Füßen, und die untenstehende — das andere Ende vor dem Herzen haltend; dann nimmt die obere Person einen niedrigern Standpunkt ein, und die untere entfernt sich von ihr, abwärts gehend, in der Richtung der Linie, und wiederholen dieses so lange, bis sie mit der Messung des Ganzen fertig sind. Beim Ueberspannen eines Berges, oder eines Thales, überschreite der Messene nicht die Grenze: damit die Vorbeikommenden nicht glauben, daß das Maaß des, Bereiches bis dahin reiche. 17) Man verläßt sich dabei nur auf die Vermessung eines erfahrenen Mannes, der sich auf Landvermessungen versteht. Waren die Sabbat-Bereiche von jeher bekannt, und es ergiebt sich durch die Messung eines Erfahrenen, daß die Grenze an diesen Stellen weiter hinaus verlegt, und an andern — wieder zurückgezogen werden müßte: so richte man sich nach diesen Vermessungen nur bei jenen Punkten, wo der Bereich vergrößert werden soll. Das Gleiche gilt, wenn zwei Erfahrene einen und denselben Bereich messen, und der eine von ihnen die Grenze weiterhin vorrückt, als der Andere: wo ebenfalls die Vermessung Desjenigen als maaßgebend angesehen wird, welcher den Bereich erweitert. Jedoch darf die Differenz, die hinzukommt, nicht die Diagonale des Stadt- Quadrates übertreffen. 18) Wir gehen hierbei von folgendem Gesichtspunkte aus: wenn ein Zweiter die Grenze weiter hinausrückt, so setzen wir voraus, daß der Erste von einer Ecke, in der Richtung de er Diagonale der Stadt, zweitausend Ellen abgemessen habe, und daraus eine Verminderung des Maaßes entstanden sei, da in diesem Falle die Seite des Bereich-Vierecks nicht mehr zweitausend Ellen von der Stadt entfernt seyn würde: während der Zweite die zweitausend Ellen senkrecht von der Seite der Stadt aus gemessen haben müßte. Einen größern Irrthum aber als derjenige, welcher sich aus einem solchen Fehler bei der Vermessung ergiebt, setzen wir bei dem ersten Vermessenden nicht voraus. Darum wird auch, wenn der zweite Messende die Grenze, etwa bis fünf hundert und achtzig Ellen weiter vorrückt, als der Erste, seine Angabe beachtet; aber nicht der Fall ist, wenn er sie noch weiter vorrückt. 19) Selbst Sklave und Sklavin sind beglaubigte Personen, wenn sie sagen: bis hierher geht der Sabbat-Bereich. Der Erwachsene ist beglaubigt, wenn er sagt: ich erinnere mich aus meiner Kindheit, daß wir bis hierher am Sabbat gingen. Wir verlassen uns auf solche Zeugnisse in dieser Angelegenheit, weil die Gelehrten dies nicht erschweren, sondern immer die möglichste Erleichterung gelten lassen wollten, da die Bestimmung in Betreff der zweitausend Ellen ohnehin, - nur eine Satzung der Rabbinen ist.


Neunundzwanzigstes Capitel.

1) Es ist ein Gebot der Thora, den Sabbat mit vernehmlichen Worten zu heiligen; denn es heißt: „Sey eingedenk des Sabbatstages, um ihn zu heiligen" (2 B.M. XX,8) was wir so verstehen: sey seiner eingedenk, durch Anstimmung seines Lobes, und Anerkennung seiner Heiligkeit. Man hat seiner also rühmend zu erwähnen, beim Eingange und beim Ausgange: beim Eingange vermittelst des Segens der Tagesheiligung und beim Ausgange vermittelst der Habdala, (Abschiedsegens),

2) Dies ist die Formel des Kidusch: (des Segens der Tagesheiligung): „Gepriesen seyst Du, Ewiger, unser Gott, König der Welt, Der durch Seine Gebote uns geheiligt, Wohlgefallen an uns gefunden hat, und mit liebe und Wohlwollen Seinen heiligen Sabbat uns zuertheilte, ihn, der ein Gedächtnißzeichen an die Weltschöpfung, der erste unter den heiligen Feiertagen und eine Erinnerung an den Auszug aus Aegypten ist. Denn Du hast uns vor allen Völkern Dir erwählt und geheiligt, und Deinen heiligen Sabbat in liebe und Wohlwollen uns zugetheilt. Gepriesen seyst Du, Ewiger, der Du den Sabbat heiligest!" 3) Dies ist die Formel der Habdala: „Gepriesen seyest Du, Ewiger, unser Gott, König der Welt, der einen Unterschied gemacht hat zwischen Heiligem und Gemeinem, zwischen Licht und Finsterniß, zwischen Israel und den Völkern, zwischen dem siebenten Tage und den sechs Werkeltagen. Gepriesen seyst Du, Ewiger, der Du Heiliges vom Gemeinen scheidest." 4) Der Sabbatabend ist die geeignetste Zeit für den Kidusch. Hat Jemand aber unterlassen ihn des Nachts zu sprechen, sey es aus Versehen, oder geflissentlich, so muß er diesen Heiligungssegen irgend wann im Verlaufe des ganzen Sabbatstages sprechen. Hat Jemand unterlassen des Nachts die Habdala zu sprechen, so darf er sie noch am andern Morgen, und sofort bis zum Dienstag, verrichten. Der Segen über das Feuer wird jedoch, nur in der Nacht des Sabbat-Ausgangs gesprochen. 5) Sobald der Sabbat-Tag angebrochen, darf man weder Etwas essen, noch Wein trinken, bevor man noch den Kidusch-Segen gesprochen. Ebenso darf man, sobald der Tag abgelaufen ist, weder essen noch trinken, noch irgend Etwas verrichten, noch sogar Etwas kosten, bevor man noch den Habdala-Segen gesprochen hat; jedoch ist es gestattet — Wasser zu trinken. Ißt oder trinkt Jemand aus Vergeßlichkeit, oder geflissentlich, vor Verrichtung des Kidusch- oder Habdala- Segens: so spreche er ihn nach dem Essen. 6) Die Schriftgelehrten haben bestimmt, daß sowohl der Heiligungs- als derAbschiedssegen beim Weine gesprochen werden sollen. Schaltet man daher die Habdala auch in das Gebet ein, so hat man sie dennoch auch beim Becher zu sprechen. Sobald man die Worte: „Der geschieden hat zwischen Heiligem und Gemeinem" gesprochen hat, darf man eine Arbeit vornehmen, wenn man auch noch nicht beim Becher die Habdala verrichtete. Man spreche zuerst den Segen über den Wein, und dann erst die Heiligung. Man wasche nicht die Hände zum Essen, bevor man den Kidusch gesprochen. 7) Welche Ordnung ist hierbei zu befolgen? Antwort: Man nehme einen Becher, der ein Quart, oder noch mehr, enthält, spüle ihn inwendig aus, und wasche auch die Aussenseite ab, fülle ihn mit Wein, fasse ihn mit der rechten Hand an, und erhebe ihn eine Handbreite, oder mehr, über dem Boden, ohne alle Beihilfe der linken: alsdann spreche man den Segen über die Frucht des Weinstocks, und darauf den Heiligungs-Segen. Es ist allgemeiner Brauch in ganz Israel, zuvörderst den Abschnitt: „Und es waren vollendet u. s. w." abzulesen, dann den Segen über den Wein zu sprechen, und endlich den Heiligungs-Segen. Man trinke alsdann einen Schluck, gebe der ganzen Gesellschaft davon zu trinken, wasche sich die Hände, spreche den Segen: „Der hervorvorgebracht u. s. w." und beginne hierauf die Mahlzeit. 8) Der Heiligungssegen muß da, wo die Mahlzeit gehalten wird, vollzogen werden. Man darf denselben nämlich nicht in der einen Stube verrichten, und in einer andern sich zur Mahlzeit setzen; wohl aber darf man in dem einen Winkel den Heiligungssegen sprechen, und in dem andern sich zur Mahlzeit setzen. Wem nutzt das Sprechen der Heiligung in der Synagoge? Antwort: Den Fremden, die daselbst essen und trinken. 9) Behaget einem Brod besser als Wein, oder hat Jemand keinen Wein: so wasche er die Hände zuvörderst, spreche den Segen: „ Der hervorgebracht u. s. w.", dann die Heiligung, schneide das Brod durch, und beginne das Mahl. Hingegen darf die Habdala nicht beim Brode, sondern einzig beim Becher vollzogen werden. 10) Wenn Jemand am Abend des Sabbats die Absicht hatte, beim Weine die Heiligung zu sprechen, aus Versehen aber, ehe er es that, die Hände zum Essen wusch: so verrichte er die Heiligung beim Brode; keineswegs aber spreche man ihn beim Weine, wenn man zuvor sich zum Essen die Hände gewaschen hat. Es ist Pflicht am Tage des Sabbats, vor Beginn der zweiten Mahlzeit, den Segen über den Wein zu sprechen, welcher Segen die Heiligung genannt wird. Man sagt bloß: „Der Du die Frucht des Weinstocks geschaffen hast," trinkt davon, wäscht die Hände, und setzt sich zur Mahlzeit. Man darf auch vor Vollziehung dieser Heiligung nichts genießen. Auch muß dieselbe da stattfinden, wo die Mahlzeit gehalten wird. 11) Es steht Jedem frei, den Heiligungssegen beim Becher noch am Tage Freitags gegen Abend, wenn der Sabbat auch noch nicht eingetreten ist, zu sprechen; ebenso ist es Jedermann anheim gegeben, die Habdala beim Becher noch am Tage, wenn auch der Sabbat noch nicht abgelaufen ist, sprechen; denn die Pflicht ihn mit Worten zu preisen, kann sowohl beim eigentlichen Ein- und Ausgange, als auch ein wenig früher vollzogen werden. 12) Wenn man am Freitage Mahlzeit hält, und es tritt der Sabbat ein, während man noch bei Tische ist: so breite man über den Tisch ein reines Tischtuch aus, spreche den Heilungs-Segen, beendige seine Mahlzeit, und spreche den Tischsegen darauf. Sitzt Jemand am Sabbat bei Tische, und der Sabbat endet, während er noch bei der Mahlzeit begriffen ist: so beendige er die Mahlzeit, wasche dle Hände, spreche den Tischsegen beim Becher, und alsdann gleichzeitig die Habdala. Ist Jemand bei einem Gelage, so halte er ein, verrichte die Habdala, und setze dann das Zechen fort. 13) Beendet Jemand, der bei Tische sitzt, seine Mahlzeit, gerade beim Eintritt des Sabbats: so spreche er zuvörderst den Tischsegen, und dann bei einem zweiten Becher den Heilungs-Segen. Er soll aber nicht Tisch- und Heilungs-Segen bei einem Becher sprechen: weil zwei Gebote nicht bei einem und demselben Becher verrichtet werden dürfen: Sabbatheiligung aber, und Tisch-Segen, sind zwei besondere Gebote der Thora. 14) Man darf den Kidusch nur bei solchem Weine verrichten, der sich zum Trankopfer auf dem Altare eignet; wenn darum in einem noch so großen Fasse, Etwas Honig, oder Sauerteig, wenn auch nur von der Größe eines Senfkorns, unter den Wein gemischt ist: so darf derselbe nicht mehr zur Heiligung gebraucht werden. So hält man es im ganzen Occident; jedoch giebt es auch Andere, die solchen Wein beim Heiligungssegen gestatten, indem sie behaupten, daß man mit dem Ausspruche: „nur solchen Wein zu gebrauchen, welcher sich zum Trankopfer auf dem Altare eignet", nur übelreichende, offenstehende, oder gekochte Weine, habe ausschließen wollen, welche also sämmtlich bei der Heiligung nicht brauchbar seyen. 15) Man darf die Heiligung nicht beim Wein sprechen, wenn derselbe einen Essiggeschmack hat: selbst wenn der Wein am Geruche noch nichts verloren hat. Ebenso wenig darf man die Heiligung bei einem Wasseraufguß auf Weinhefen, wenn derselbe auch einen Weingeschmack hat, sprechen; dies gilt jedoch nur für den Fall, daß auf die Hefen drei Maaß Wasser gegossen, und weniger als vier Maaß davon abgezogen worden wären; sind aber vier Maaß abgezogen, so ist solcher Aufguß als verdünnter Wein zu betrachten, und darf zu dem Heiligungssegen gebraucht werden. 16) Wenn Jemand aus einem mit Wein gefüllten Gefäße, mag es auch mehrere Quart enthalten, wenn auch noch so wenig trinkt: so hat er den Wein dadurch entweiht, — und für den Heiligungssegen unbrauchbar gemacht, so daß der Rest als Ueberbleibsel im Trinkgefäße betrachtet wird, und nicht mehr zu Kidusch gebraucht werden darf. 17) Wein, der Essiggeruch, aber guten Weingeschmack hat, darf zur Heiligung wohl genommen werden. Ebenso darf verdünnter Wein und Rosinenwein dazu genommen werden; jedoch müssen die Rosinen noch feucht gewesen seyn, so daß sie, wenn sie getreten werden, einen Honig ähnlichen Stoff abgeben. Ebenso darf man frischen Wein aus der Kelter, dazu verwenden. Auch ists erlaubt, eine Traube auszudrücken, und den so gewonnenen Wein — sofort zur Heiligung zu gebrauchen. In einem Lande, wo meistentheils Bier statt des Weines genossen wird, darf man, wo nicht zur Heiligung, doch zur Habdala Bier gebrauchen: weil dies der Wein des Landes ist.

18) Wie am Sabbat-Abend, der Heiligungssegen, und beim Ausgange des Sabbats die Habdala, eben so wird an den Abenden der Feiertage, die Heiligung und beim Ausgang derselben, und Dem — des Versöhnungstages, der Habdala-Segen gesprochen: weil alle diese Tage — Ruhetage des Ewigen heißen. Man verrichtet den Habdala-Segen beim Uebergange vom Feiertag zu den Zwischenfeiertagen, und beim Uebergange vom Sabbat zu einem Feiertage; nicht aber beim Uebergange von einem Feiertage zum Sabbat. Formel des Heiligungssegens für Feiertage. 19) Gepriesen seyst Du, Ewiger, unser Gott, König der Welt, der uns erkoren aus allen Völkern, und erhoben über alle Sprachen, uns erkoren und groß gemacht, an uns Wohlgefallen gefunden, und uns verherrlicht. Du hast uns, Ewiger, unser Gott, aus Liebe — Feste zur Freude gegeben, und Feierzeiten zur Wonne, diesen Feiertag heiliger Versammlung, dieses Fest der ungesäuerten Kuchen, (oder dieses Wochenfest, oder dieses Laubhüttenfest,) die Zeit unserer Befreiung, (oder das Erinnerungsfest an die Zeit der Uebergabe unserer Thora, oder die Zeit unserer Freude,) eine Erinnerung in Liebe an den Auszug aus Aegypten. Ja, uns hast Du erkoren und uns geheiligt vor allen Völkern, und Deine heiligen Feste hast Du uns verliehen zu Freude und Wonne. Gepriesen seyst Du, Ewiger, der Du geheiligt hast Israel und die Zeiten." Fallen sie (die Feste) mit dem Sabbate zusammen, so thue man auch des Sabbats darin Erwähnung, und schließe die Heiligung mit der Gebetschlußformel: „Der Du geheiligt hast den Sabbat, Israel und die Zeiten." 20) Am Neujahrsfeste sage man: „Und Du hast uns, Ewiger, unser Gott, aus Liebe diesen Feiertag heiliger Versammlung gegeben, ein Andenken an das Posaunenblasen, eine heilige Berufung, eine Erinnerung in Liebe an den Auszug aus Aegypten. Ja, Du hast uns erkoren und geheiligt vor allen Völkern, und Dein Wort ist Wahrheit, und dauert ewig. Gepriesen seyst Du, Ewiger, König der ganzen Erde, der Du geheiligt hast Israel und den Tag der Erinnerung." Fällt das Neujahrsfest auf einen Sabbat, so schließe man mit der Gebet-Schlußformel: „König über die ganze Erde, der Du geheiligt hast den Sabbat, Israel und den Tag der Erinnerung." 21) Auch an den Feiertagen Abends wird, wie am Sabbate, die Heiligung beim Weine gesprochen. Hat Jemand keinen Wein, oder zieht Brod vor, so spreche er ihn beim Brode. Ebenso verrichte man an den Feiertagen den großen Heiligungssegen, wie am Sabbate. 22) In welcher Ordnung werden die Segenssprüche am Abende vor einem Feiertage, welcher auf den ersten Wochentag fällt, gesprochen? Man spreche zuvörderst den Segenspruch über die Frucht des Weinstocks, dann die Heiligung des Feiertages, dann den Segen über das Licht, dann die Habdala mit dem Schluße: „Der Du unterschieden hast zwischen Heiligem und Heiligem," und endlich den Segenspruch: "Der uns beim Leben erhalten," u. s. w. 23) Am Abende jeden Feiertages, und an Dem des Versöhnungstages, wird der Segen: „Der Du uns am Leben erhalten....," gesprochen; nicht aber am siebenten Abend des Pessaghfestes: weil derselbe nicht als besonderes Fest betrachtet wird, — der sich auf den Lauf der Zeiten beziehende Segensspruch aber, bereits am Anfange des Pessagh-Festes gesprochen wurde.

24) Folgendes ist die Ordnung der Habdala am Ausgange des Sabbats: Man spreche zuerst den Segen über den Wein, dann den über das Gewürz, dann den über das Licht mit den Worten. „Der geschaffen hat die leuchtenden Flammen des Feuers", und endlich die Habdala. 25) Man spreche den Segen über das Licht erst, wenn man sich des leuchtenden Strahls erfreuen kann: sobald man nämlich im Stande ist, Münzen verschiedener Länder zu unterscheiden. Man spreche nicht den Segen über das Licht einer Gesellschaft von Heiden, weil sie sich dabei gewöhnlich mit dem Götzendienst abgeben; ebensowenig darf man den Segen sprechen über das Licht vor den Götzenbildern, oder über das Licht vor Leichen. 26) Hat ein Israelit bei einem Heiden das Habdalalicht angezündet, oder auch umgekehrt, so darf man darüber den Segen sprechen; nicht aber wenn ein Heide bei einem Heiden das Licht angezündet hat. Ergeht sich Jemand in der Nähe einer Stadt, und erblickt Lichter darin: so darf er nicht den Segen über dieselben sprechen, wenn die meisten Bewohner der Stadt Heiden sind; besteht aber die Mehrzahl derselben aus Israeliten, so darf er dies thun. Man darf nicht von vornherein über das Feuer des Brennofens, des Backofens, oder des Küchenheerdes, den Segen sprechen; über Kohlen aber, wenn ein an sie gehaltenes Spänchen sich von selbst entzündet, darf man wohl den Segen sprechen. Ueber das Licht im Beth-Hamidrasch, darf man den Segen nur dann sprechen, wenn sich daselbst ein vornehmer Mann befindet, um dessentwillen man dasselbe angezündet; derselbe Fall gilt auch bei dem Licht in der Synagoge, wenn ein Lehrer in derselben wohnt. Eine Fackel wird zur Habdala vorzüglich geachtet.

Es liegt Niemandem ob, nach Licht zu suchen, wie es der Fall bei anderen Geboten ist, sondern, wem Licht vorkommt, der spreche seinen Segen darüber. 27) Ueber ein Licht, das am Sabbat für einen Kranken, oder für eine Wöchnerin, angezündet wurde, darf man wohl am Ausgange des Sabbats den Segen sprechen. Man darf ferner, blos am Ausgange des Sabbats, über aus Holz oder Steinen, erzeugtes Feuer, den Segen sprechen, weil die ursprüngliche Feuererzeugung durch Menschen auf diese Weise erfolgte. Am Ausgange des Versöhnungstages aber, darf man über solches Feuer den Segen nicht sprechen; weil dann durchaus Feuer, das die Tagesfeier mitgemacht hat, erforderlich ist; hingegen, wenn dasselbe am Versöhnungstage für einen Kranken, oder für eine Wöchnerin, angezündet worden wäre, ist es zur Habdala zulässig; denn es hat ja gefeiert, da keine Gesetzes- Uebertretung durch dasselbe geschehen ist. 28) Am Ausgange eines Feiertages, der in die Woche fällt, sage man in der Habdala: „Der geschieden hat, zwischen dem Heiligen und Gemeinen, zwischen Licht und Finsterniß, zwischen Israel und den Völkern, zwischen dem siebenten Tage und den sechs Werkeltagen, — und so fort, wie am Ausgange des Sabbats. Dies geschieht aber deshalb, weil der Segen blos den Zweck hat, alle Unterscheidungszeichen in ihrer Reihenfolge aufzuzählen. Es ist alsdann nicht nöthig, die Segenssprüche über Gewürz und Licht zu sprechen; ebenso wenig ist dies am Ausgange des Versöhnungstages nöthig. 29) Der Grund, warum man am Ausgange des Sabbats, über das Gewürz den Segen spricht, besteht in Folgendem: da das Gemüth durch den Ausgang des Sabbats traurig gestimmt ist, so dienen die Wohlgerüche dazu, es zu erheitern und wieder aufzurichten.


Dreißigstes Capitel.

1) Vier Vorschriften sind uns, in Betreff des Sabbats, gegeben werden; zwei durch die Thora, und zwei durch die Schriftgelehrten, welche Letztere dieselben ihrerseits wiederum von den Propheten entnahmen. Die der Thora entnommenen, sind: ihn (den Sabbat) zu Erwähnung zu bringen, und zu beobachten; die von den Propheten herrührenden, sind: ihm Ehre zu bezeugen, an ihm vergnügt zu leben — denn es steht geschrieben: „Nenne den Sabbat: Vergnügen", „geehrt" — den vom Ewigen geheiligten." (Jesaias LVIII). 2) Was haben wir unter Ehrenbezeugung zu verstehen? Antwort: Unter Anderem das, was die Weisen in ihren Vorschriften hervorheben, nämlich, daß es Pflicht eines Jeden sey, sich am Vorabende vor dem Sabbat, mit warmem Wasser, Gesicht, Hände und Füße, zu waschen, dann der Ehre des Sabbats wegen, das mit den gesetzlichen Zipfeln versehene Kleid umzunehmen, und sich ernsthaft, mit gesenktem Haupte, zum Empfang des herannahenden Sabbats anzuschicken: wie Der es thut, der einen König zu empfangen hat. Die Weisen vergangener Zeiten pflegten am Freitage ihre Schüler um sich her zu versammeln, sich zu verhüllen und sie folgendermaaßen anzureden: Wohlan, laßt uns dem königlichen Sabbat entgegengehen! 3) Es gehört zur Verehrung des Sabbats, ein reines Kleid anzulegen, damit die sabbatliche Kleidung nicht der wochentäglichen gleiche. Besitzt Jemand keine Kleider zum Wechseln, so lasse er sein Oberkleid Etwas tiefer herab hängen, um je nach seinem Ermessen, einen Unterschied zwischen seiner sabbatlichen und Wochentags-Kleidung zu machen. Ferner hat Esra die Bestimmung getroffen, daß das Volk, um den Sabbat zu ehren, am Donnerstag die Kleider waschen lasse. 4) Man darf sich am Vorabend zum Sabbat nicht zu einem Festgelage setzen: weil dadurch der Sabbat zurückgesetzt werden würde. Gewöhnliches Essen und Trinken aber, ist bis zur Dunkelheit erlaubt; indessen soll man, um den Sabbat zu ehren, von der Mingha-Zeit an, sich überhaupt enthalten, zu Tische zu gehen: damit man mit Eßlust den Sabbat antrete. 5) Man versorge seinen Tisch am Freitag mit Allem, wenn man auch davon nur so viel, als eine Olive ausmacht, pflichtgemäß zu genießen hat; ebenso versorge man am Ausgange des Sabbats seinen Tisch, obschon man nur so viel als eine Olive ausmacht, gesetzlich nöthig hat: blos um den Sabbat beim Eingang, wie beim Ausgange, zu ehren; ferner ist es Pflicht um den Sabbat würdig zu feiern, das Zimmer in Ordnung zu bringen, ein Licht anzuzünden, den Tisch zum Essen zu ordnen, und das Bett zu machen, denn alles Dies gehört zur sabbatlichen Zierde. 6) Wenn Jemand auch den höheren Standen angehört, und nicht gewohnt ist, Etwas selbst auf dem Markt einzukaufen, oder Hausarbeiten zu verrichten: so ist es dennoch seine Schuldigkeit, die für den Sabbat nöthigen Verrichtungen — selbst vorzunehmen: weil dies zur würdigen Feier des Sabbats gehört. Es gab unter den Weisen der Vorzeit viele, welche Holz zum Kochen spalteten, selbst kochten, selbst Fleisch salzten, Dochte drehten, Licht anzündeten; endlich solche, die selbst ausgingen, um Speisen und Getränke zum Sabbat einzukaufen, wenngleich sie dieses sonst nie zu thun pflegten. Je mehr man sich solchen Beschäftigungen hingiebt, desto größern Lobes macht man sich würdig. 7) Was versteht man unter Wohlleben? Antwort: das was die Gelehrten andeuten, indem sie sagen: Man möge sich zum Sabbat ein vorzüglich fettes Gericht, und ein gewürzhaftes Getränk zubereiten, ein Jeder nach Verhältniß seines Vermögens. Je mehr nun Jemand zum Sabbat ausgiebt, und je zahlreichere und bessere Gerichte er zubereitet, desto mehr Lob verdient er. Ist Jemand unvermögend, so hat er, wenn er zur Feier des Sabbats nur etwas Gemüse, (oder Suppe) kocht, oder etwas dem Aehnliches, schon genug für das Wohlleben am Sabbat gethan; und ein solcher ist keineswegs gehalten, über seine Kräfte zu gehen, oder bei Anderen zu borgen, um am Sabbat zu schmausen. Die alten Weisen hatten den Spruch: Begehe lieber deinen Sabbat auf wochentägliche Weise, als daß du der Leute Wohlthätigkeit in Anspruch nähmest. 8) Wer verweichlicht und reich ist, und also gleichsam täglich wie im Sabbat lebt: soll am Sabbat andere Gerichte essen, als in der Woche; ist dies nicht thunlich, so soll er wenigstens die Stunde der Mahlzeit ändern: wenn er nämlich gewohnt ist, sie früher zu halten, so thue er es an diesem Tage später, oder umgekehrt. 9) Jedermann ist verpflichtet am Sabbat drei Mahlzeiten abzuhalten, nämlich, eine Abends, eine Morgens, und eine zur Vesper; und man muß streng darauf halten, auf keine Weise eine der drei Mahlzeiten zu unterlassen. Selbst ein Armer, der von Almosen lebt, muß die drei Mahlzeiten halten. Von der Verpflichtung zu diesen drei Mahlzeiten ist befreit, wer in Folge von Unmäßigkeit im Essen bettlägrig ist, oder wer fortwährend zu fasten gewohnt ist. Man muß jede der drei Mahlzeiten mit Wein begehen, und dabei zwei Brode zerschneiden; ebenso ist es auch an Feiertagen zu halten. 10) Der Genuß des Fleisches und Weines gehört zum sabbatlichen Wohlleben, wenn dies nämlich die Vermögensumstände gestatten. Man darf am Sabbat und an den Feiertagen, während der Lehrzeit im Beth-Hamidrasch, sich nicht zu einem Weingelage begeben. Vielmehr pflegten die Frommen der Vorzeit es folgendermaaßen einzurichten: sie verrichteten am Sabbat in der Synagoge das Morgen - und Das Mussaph - Gebet, kamen nach Hause und hielten die zweite Mahlzeit, gingen alsdann in das Beth-Hamidrasch, und brachten daselbst, unter Bibellesen und talmudischen Studien, den Tag bis zur Mingha-Zeit zu, verrichteten das Mingha-Gebet, setzten sich dann zur dritten Mahlzeit bei Wein, und speisten und tranken, bis zum Ausgange des Sabbats. 11) Man darf am Freitag, vom Anbeginn des Tages an, nicht mehr als drei Meilen Wegs zurücklegen: damit man zeitig nach Hause komme, um noch die sabbatlichen Mahlzeiten zubereiten zu können; da sonst die Hausleute es doch nicht wissen möchten, daß Jemand noch an demselben Tage kommen werde, um Speisen seinetwegen vorzubereiten. Gewichtiger ist dieser Grund noch, wenn man zum Sabbat bei Fremden einspricht, welche man in die beschämendste Verlegenheit versetzen würde, wenn man ihnen keine Zeit ließe, gehörig für die Gäste zu sorgen. 12) Es ist verboten am Sabbat zu fasten, zu wehklagen und um Gnade und Erbarmen zu flehen; selbst wegen Unglücksfällen, um derentwillen man sonst ein allgemeines Fasten und Lärmblasen anzustellen pflegt, darf man am Sabbat, und an den Feiertagen, weder fasten, noch blasen. Eine Ausahmen hiervon finden nur Statt, wenn Feinde, oder ein reißender Strom eine Stadt bedrohen, oder wenn ein Schiff auf hoher See umhertreibt: in welchen Fällen man zu ihrer Rettung am Sabbat Lärm blasen, Gebete abhalten, und um Erbarmen flehen darf. 13) Man darf die Belagerung einer heidnischen Stadt nicht später, als drei Tage vor dem Sabbat, unternehmen: damit die Kriegsleute Zeit haben, wieder Ruhe zu gewinnen, und am Sabbat nicht zerstreut und beschäftigt seyen. Man darf nicht später, als drei Tage vor dem Sabbat, zu Schiffe gehen, damit man Zeit habe, vor dem Sabbat Ruhe zu gewinnen, und sich an demselben nicht zu sehr aufrege. Handelt es sich aber um eine Pflichterfüllung, so darf man selbst am Freitag zu Schiffe gehen. Man bedinge sich zwar dabei aus, am Sabbat zu rasten, sey aber unbekümmert, wenn es nicht geschieht. Von Tyrus nach Sidon darf man am Freitage, sogar in weltlichen Angelegenheiten, zur See reisen. An Orten wo es üblich ist — am Freitag durchaus keine Seereisen anzutreten, da unterlasse man es*). 15) Die Nichtachtung des Sabbats und der Götzendienst, wiegen, jedes für sich, eben so schwer, wie die Uebertretung aller Gesetze der Thora zusammen genommen; und der Sabbat ist noch überdies zwischen dem Heiligen, gelobt sey Er, und zwischen uns — ein Denkzeichen für ewige Zeiten. Wer daher eines der übrigen Gesetze übertritt, ist blos als frevelnder Israelit zu betrachten; wer aber öffentlich den Sabbat entheiligt, der ist als Götzendiener anzusehen; und sowohl der Götzendiener, als der den Sabbat entheiligt, werden beide in

*) Paragraph 14) ist, — dem angenommenen Systeme der Sittlichkeit gemäß, als für die Schule unpassend, ebenso wie alle die Obenbemerkten, weggelassen.

aller Hinsicht, vollkommen den Heiden gleichgestellt. Daher sagt der Prophet rühmend: „Heil dem Manne, der es thut, dem Menschensohne, der daran fest hält: der den Sabbat heiligt und ihn nicht verletzt u. s. w." (Jes. LVIII). Wer aber den Sabbat nach Vorschrift hütet, ihn heiligt, und sich an demselben nach seinen Verhältnissen Vergnügen schafft: für den ist, durch die Propheten, ungerechnet des ihn vorbehaltenen Lohnes im zukünftigen Leben, schon diesseits ein Lohn beschieden, indem es heißt: „Dann wirst Du vorm Ewigen dich ergötzen, und Ich werde dich auf die Höhen der Erde erheben, das Erbtheil Jacobs, deines Vaters, dich genießen lassen, wahrscheinlich — so hat der Mund des Ewigen gesprochen". (Jes. ebendaselbst).