Essäer - Therapeuten - Essener
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Essäer; Therapeuten, Essener.
I. Name und Bedeutung. Die Essäer als eine jüdische Sekte während und nach dem zweiten jüdischen Staatsleben in Palästina kommen unter diesem Namen nur in den Schriften Philos und Josephus und anderer griechischer und lateinischer Autoren der ersten Jahrh. n. vor. Dagegen kennt man sie im talmudischen Schrifttum meist unter anderen Benennungen. Der Ursprung und die Bedeutung ihres Namens waren schon den ersten Berichterstattern nicht klar. Josephus nennt sie »Essener«, ohne weiter die Bedeutung dieses Namens anzugeben, dagegen heißen sie bei Philo auch: Therapeuten, Diener, Heiler und: Essäer, von denen er nur die letzte Benennung als von »Gerechter« abstammend erklärt. In neuester Zeit hat man für den Namen »Essäer« verschiedene hebräische und aramäische Grundwörter aufgesucht, von denen wir das aramäische Assa, heilen, helfen, als am natürlichsten und am ehesten entsprechend hervorheben. Die Benennung »Essäer« (griechisch) ist in ihrer aramäischen Form: Assa, auch Heiler, Helfer; eine Bezeichnung, die im talmudischen Schrifttum von Personen vorkommt, die man für die Angehörigen dieser Genossenschaft zu halten berechtigt ist. Auch der griechische Name derselben Therapeuten, Heiler, bei Philo scheint nur eine griechische Übersetzung dieses Wortes zu sein. Eine nicht geringe Verwirrung hat das Aufsuchen ihrer Erwähnung unter den andern Bezeichnungen im talmudischen Schrifttum hervorgebracht. Man fand zwölf Namen verschiedener religiöser Genossenschaften und versuchte bald diese, bald jene auf die Essäer zu beziehen. Von diesen nennen wir erst die Chassidim, Assidäer (Chassidäer), die Genossenschaft der Frommen, die bekanntlich schon zur Zeit der makkabäischen Kämpfe eine bedeutende Rolle spielten und von vielen mit den Essäern identifiziert werden; was jedoch schon deshalb nicht geht, weil jene viel und gern opferten, aber diese dem Opferkultus völlig abgeneigt waren. Nicht minder glücklich war man, die Essäer in dem Chaberbund »Bund der Genossen« zu vermuten, da erstere einen großen Teil der Lehre und Gesetze verwerfen, die diesen heilig waren. Sie opferten nicht, hielten den ehelosen Stand für rühmlich, glaubten nur an die Unsterblichkeit der Seele und haben nicht das Dogma der Auferstehung. Ebenso unzulässig erscheint die Annahme, sie in der im Talmud oft genannten Sekte der Baithusäer zu sehen, da die Baithusäer mit den Sadducäern in gleicher Opposition gegen die Pharisäer auftreten, beide gleiche Gesetzesauslegung und gleiche gesetzliche Bestimmungen haben, beide auch dem Glauben an Engel, der allegorischen Schriftauslegung, der Wundertäterei und Wahrsagerei u. a. m. abhold waren, Gegenstände, die bei den Essäern heimisch waren. Dagegen haben die Lehren und das Leben der andern frommen Genossenschaften, die im talmudischen Schrifttum noch vorkommen, entschieden mit dem Wesen des Essäismus viel Ähnlichkeit. Wir nennen von denselben: z. Die Vathikin, die sittlich Starken, die beim ersten Strahlenaufbruch der Sonne ihr Morgengebet verrichteten. 2. Die Toble Schachrith, Morgentäufer, Untertaucher am Morgen, Hemerobaptisten, die auch bei Philo eine Abteilung der Essäer ausmachen. Sie nahmen jeden Morgen ein Bad, um den Gottesnamen im Gebete auch in körperlicher Reinheit auszusprechen. 3. Kehala Kadischa, Verein der Heiligen, heilige Gemeinde, von der erzählt wird, dass ihre Mitglieder 1/3 des Tages mit Gebet 1/3 mit Gesetzesstudien und 1/3 mit Arbeit für ihren Unterhalt zubrachten. 4. Die Banaim, Bauleute, von denen noch im 3. Jahrh. n. erzählt wird, dass es Gelehrte waren, die sich mit dem Bau der Welt beschäftigten und auf Reinheit ihrer Gewänder achteten. 5. Die Zenuim, Heimlichfrommen, die ihre Schriften verheimlichten, ihre Zehnten nicht abgaben, sondern sie auslösten, ihre Notdurft in keuscher Weise verrichteten u. a. m. Der Name »Zenuim« hat viel Ähnlichkeit mit »Essener«, der Benennung der Essäer bei Josephus. 6. Die Nekii Hadaath. Männer lauterer Gesinnung, denen nachgerühmt wird, dass sie sich nie an einem Mahle beteiligten, wenn sie nicht im Voraus die anderen Tischgenossen kannten, nie einen Kontrakt unterzeichneten, wenn sie nicht im Voraus die kannten, die mit unterzeichnen werden; sich nie einem Richterkollegium als Richter anschlossen, wenn sie nichts von den andern Richtern wussten; bei Gerichtsverhandlungen erst die Parteien abtreten ließen usw. 7. Die Chaschaim, die Heimlichen, Mysteriösen, die ihre Geheimnisse niemandem anvertrauten. 8. Die Assiim, Helfer, Heiler, Ärzte, da bekanntlich die Essäer auch Ärzte waren. Ein solcher Essäer, Assa, will dem Agadisten R. Pinchas die richtige Aussprache des Gottesnamens, Tetragammaton überliefern, aber dieser antwortete: »ich dürfte dann von keinem essen.« Weiter wurden die Bücher eines Assa, Essäer, für sehr korrekt gehalten. Bekanntlich war die Sorgfalt der Essäer für ihre Schriften sehr groß. Der Eid, den sie leisten mussten, war auch für sorgfältige Aufbewahrung ihrer Bücher. Ich halte diese hier aufgezählten religiösen Vereinigungen als verschiedene Klassen oder Abteilungen der Essäer. Der Name »Essäer« als Bezeichnung dieses Gesamtordens ist der zuletzt erwähnten Klasse Assa, Assia, entnommen, weil diese sie am würdigsten nach außen als der Menschheit heilsam und nutzbringend repräsentierten, oder weil sie sich außerhalb ihres Ordens meist nur in dieser Eigenschaft zeigten, und man sie daher auch nur nach dieser Seite kannte, ihre sonstige Tätigkeit wurde ja andern als Geheimnis des Bundes verheimlicht. Im Ganzen scheinen die Essäer Abkömmlinge eines Teils der Chassidäer am Ende der vormakkabäischen Zeit zu sein, der nicht mit dem Vorgehen der Makkabäer, am Shabath zu kämpfen, der Wiederreinigungsweise des Tempels nach dem Wiedereinzug derselben in Jerusalem, u. a. m. zufrieden war und sich vom Schauplatz ganz zurückzog. In dem Makkabäerbuch wird ausrücklich die Opposition der Chassidäer gegen das Kämpfen am Shabbath erwähnt. Heißt es auch, die Chassidäer hätten sich auf Zureden des Mathathias gefügt, so mag dies von dem großen Teil derselben geschehen sein. Eine Minorität von ihnen verharrte in ihrer Weigerung, da sie wirklich wieder später in den römischen Krieg gegen den Kampf am Shabbath Oppostiton machten und an diesem Tage nicht kämpfen wollten. Auch die Wiederreinigungsweise des Altars und des Tempels, den die Syrer mit ihrem Götzendienst verunreinigt hatten, erregte Anstoß bei ihnen. Josephus hat die Notiz, dass die Essäer sich aus Verschiedenheit der Reinigungsweise von dem Besuch des Tempels und den Opfern fern hielten. Wir wissen, dass gleich nach der Störung des Tempelgottesdienstes durch die Syrer Scharen von Nasiräern (der Enthaltsamen) auftreten, welche sich die härtesten Entsagungen gelobten, Erscheinungen, die sich nach der Zerstörung des Tempels durch Titus wiederholte. Auch da entstanden Nasiräer, die keinen Wein, kein Fleisch genießen und keine Ehe schließen wollten, weil Wein und Fleisch auf den Altar kamen, der nun zerstört war. Der Nichtgenus des Weines, Fleisches und die Ehelosigkeit waren auch Bestandteile des Essäergelübdes und mochten wohl die des Gelübdes der ersten Nasiräer, der Väter der Essäer, gewesen sein. Dieselben verblieben in ihrer einsamen Zurückgezogenheit auch nach den letzten Siegen der Makkabäer und der Verjagung der Syrer aus obigen Gründen. Der Altar mit seinem Opferdienst existiert nicht für sie, aber sie ersetzten bei sich das, was dort geschah. Ihr Tisch war der Altar, die Speisen betrachtete man als die Opfer, sie selbst sahen sich als die Priester an, welche in verschiedenen Graden die Gesetze der Priesterheiligkeit beobachteten. Als solche religiöse Vereinigung der äußersten Frömmigkeit und Priesterheiligkeit bildeten die Essäer einen Protest gegen die Auslegung und Einrichtung der Pharisäer zur Erleichterung und Umgehung des Gesetzes, mit denen sie oft polemisierten; sie übertrafen in ihrer Entsagung und Gesetzesstrenge auch die spätern, zeitgenössischen Chassidäer.
II. Lehren, Dogmen, Gesetze, Lebensweise, Beschäftigung, Aufnahme, Kleidung und Wohnung. Besser als bisher geht es uns mit der Darstellung der Gegenstände dieses zweiten Teiles. Josephus und Philo, denen wir in unsern Berichten folgen, haben über sie mit geringen Abweichungen fast nur Übereinstimmendes.
a. Lehren, Dogmen und Gesetze. Die Essäer hielten Gott für den Urgrund alles Guten, sie glaubten an ein Geschick, nicht an das Fatum, sondern nur an eine durch die göttliche Vorsehung geleitete Bestimmung, sodass der Mensch seine Freiheit behält. Ferner glaubten sie an die Unsterblichkeit der Seele, die Vergeltung nach dem Tode, wo den Guten und Bösen verschiedene Aufenthaltsorte angewiesen werden. Dagegen kannten sie nicht das Dogma der Auferstehung. Von ihren Ordensgesetzen nennen wir das der Enthaltung von Wein, Fleisch und Ölsalbung und zum Teil vom Eheleben; ferner das der strengen Beobachtung des Shabbaths u. a. m. In Bezug auf den Tempel zu Jerusalem war ihr Grundsatz, keine Opfer zu bringen, sie sandten jedoch Weihgeschenke dahin. Die größte Verehrung gehöre Gott, an den man täglich Gebete zu richten habe; nächst Gott gebühre Moses, dem Gesetzgeber, Lob und Ehre. Der Mehrzahl der Versammlung und den Alten in ihr soll man Gehorsam leisten. In der Sittenlehre unterscheiden sie die Gesetze gegen Gott von denen gegen die Tugend und die Menschen. Zu ersteren gehören: nicht zu schwören, nicht zu lügen usw. Die anderen befehlen die Verachtung des Reichtums, die Verwerfung der Wolllüste, die Besiegung der Leidenschaft, die Werke der Standhaftigkeit, Genügsamkeit, Zufriedenheit, Bescheidenheit, die Beobachtung des Gesetzes und der Ordnung, die Gemeinsamkeit des Vermögens, der Einnahmen und Ausgaben. Die dritte Klasse, die Gesetze gegen die Menschen, verordnet Wohlwollen, Billigkeit, Gemeinschaft, Verwerfung der Sklaverei, der Herrschaft und Herrschsucht, die Gleichachtung aller Menschen u. a. m.
b. Beschäftigung und Lebensweise. Zur Beschäftigung und Lebensweise der Essäer gehörten: der Landbau, die Übung friedlicher Künste und allerhand Gewerke mit Ausnahme der Anfertigung von Kriegswaffen. Vor Aufgang der Sonne redeten sie nichts Profanes, sonder verrichteten beim ersten Aufstrahlen der Sonne das Morgengebet, worauf jeder zu seiner Arbeit bis zur 5. Stunde = 1 r Uhr Morgens ging. Sodann kamen sie an einem Orte zusammen, wo sie sich badeten. Sie wechselten ihre Kleider, versammelten sich in einem Haus und traten nachher in den Speisesaal zum gemeinschaftlichen Mahle. Zu demselben setzen sie sich nach Alter und Würde, die Frauen getrennt von den Männern. Kein Sklave, sondern die Jüngeren der Gesellschaft verrichteten den Dienst. Der Älteste sprach erst ruhige und ernste Worte, die mit Beifallsbezeugungen angehört wurden. Sie genossen kein Fleisch und keinen Wein. Brot und Salz nebst Ysop als Würze war für die Ältesten, dagegen für die ganz Alten auch gewärmtes Wasser. Vor und nach dem Essen betete ein Priester. Sie legten nachher ihre Kleider wieder ab und gingen von neuem an die Arbeit bis gegen Abend. Auch das Abendmahl genossen sie unter ähnlicher Förmlichkeit gemeinschaftlich. Reden und Gespräche durften nur der Reihe nach gehalten werden. Nach dem Abendmahle begann die Nachtwache in Chorgesängen und Tänzen, die das Entzücken des Geistes, der sich aus der Knechtschaft erlöst und in die Gottesnähe versetzt dachte, symbolisieren sollten. Sie handelten nicht ohne Vorschrift ihrer Vorsteher; Hilfeleistung, sowie überhaupt Werke der Barmherzigkeit waren ihre Lieblingsarbeiten. Sie verstanden die Weissagung und die Heilkunst und übten sie. Überall werden sie für treu und zuverlässig geschildert, deren Versprechen fester als ein Eid war. Auch im Studium der heiligen Schriften waren sie fleißig, das sie als Stütze für Seele und Leib hielten. Sonst suchten sie heilbringende Pflanzen auf und untersuchten die Beschaffenheit der Steine. Bei Ausleerungen vergruben sie die Exkremente und nahmen darauf ein Bad. Gemeinschaftlich für alle waren: das Wohnhaus, das Magazin mit den Vorräten, die Kleidungsstücke, die Speisen und das Mahl, das Erworbene der Mitglieder, die Pflege der Kranken u. a. m. Die Verwalter des Gemeingutes wurden durch allgemeine Wahl bestimmt. Neben diesen war zu Dienstleistungen jeder von ihnen verpflichtet. Große allgemeine Versammlungen wurden zu je 7 und 7 mal 7 Tagen gehalten. Das Vereinshaus hatte zwei Abteilungen: eine für die Männer, die andere für die Frauen.
c. Aufnahme und Bedingungen. Der Eintretende übergibt dem Orden sein Vermögen und hält ein Probejahr. Er erhält ein Äxtchen, einen Gürtel, Schurz, und ein weißes Gewand. Während des Probejahres soll er Beweise der Enthaltsamkeit geben und die Lebensweise eines Essäers führen. Darauf tritt er der Gemeinde näher, ohne jedoch zu Versammlungen zugelassen zu werden. Erst nach zwei Jahren und auf Beweise der Beharrlichkeit wird er in den Verein aufgenommen. Vor Berührung des gemeinsamen Mahles schwört er einen Eid: »Gott innig zu ehren, Gerechtigkeit gegen den Menschen zu bewahren, dem Gerechten beizustehen und den Frevler zu hassen, treu gegen Alte, besonders gegen den König zu sein, nach Wahrheit zu streben, die Schriften und Engel geheim zu halten u. s. w. « Die Ausstoßung erfolgt, wenn er bei einer Sünde ertappt wird. Im Ganzen gab es vier Klassen, von denen die Personen der untern denen der obern für unrein galten und durch Berührung verunreinigten. Nach Philo nahm man auch alte Jungfrauen, Witwen und sonst züchtige Frauen auf.
d. Kleidung, Wohnung und Aufenthalt. Die Essäer kleideten sich weiß, Schuhe und Kleidung wurden nicht früher gewechselt, bis sie zerrissen waren. Ihre Wohnorte waren mehr die Dörfer als sie Städte, die sie wegen ihrer Sündhaftigkeit mieden. In Ägypten wohnten sie am See Mareotis; in Israel dagegen in der Gegend des toten Meeres, besonders war die Stadt Engedi von ihnen zahlreich bewohnt. Den fremden Genossen stand beim Eintritt in das Haus des Essäers alles zu Gebot, welches er gleich dem seinigen betrachten konnte. In jeder Stadt war ein Verwalter, der für den Fremden sorgte.
III. Geschichte, Verhältnis zu den pharisäischen Lehren, gegenseitige Bekämpfung, endlicher Einfluss und teilweise Aufnahme essäischer Lehren und Einrichtungen. Die Zeit der Entstehung und Bildung des Essäervereins wird nirgends angegeben. Nach der obigen Darlegung haben wir die Anfänge desselben schon unter den ersten Makkabäern zu suchen. Sie bildeten sich aus dem Teil der Chassidäer, der nicht mit dem Vorgehen der Makkabäer und den pharisäischen Lehren über den Shabbath, die Reinigungsweise des Tempels, des Altars, der Priester und der Opfer einverstanden waren. So kennt Josephus die Essäer schon in der Zeit des makkabäischen Hohenpriesters Jonathan (143 v.). Sie beharrten in ihrem Nasirgelübde gegen Fleisch, Wein und Ölsalbung, die Bestandteile des Opferkultus, das nun aus Mangel an Reinigungsmitteln nicht mehr in rechter Weise vollzogen werden konnte. Sie waren Gegner der Herrschaft der Makkabäer und stellten sich dem Auftreten Herodes auf dessen Seite. Ein Essäer Menahem weissagt Herodes das jüdische Königtum und langes Leben. Ein Essäer Judas verkündet den Tod des Antigonos, des Bruders von Aristobul im voraus. Es ist nicht unwahrscheinlich, dass der Schluss der im Talmud angeführten Worte des sterbenden Johann Hyrkan (Janai) an seine Frau sich auf die Essäer bezieht. Er sprach: »Fürchte dich nicht vor den Pharisäern, da wir sie als Pharisäer kennen, nicht vor den Sadducäern, die wir als Sadducäer kennen, aber fürchte dich vor den Zebuim, Gefärbten, denn sie vollziehen Taten eines Simri und wollen den Lohn eines Pinchas.« Sie treten allmählich wieder auf den Schauplatz des öffentlichen Lebens und sind nicht unbeträchtlich an Zahl. Philo und Josephus geben sie auf 4 000 an. Im Synhedrion bekleidet ein Essäer Menahem die Würde des Abbethdin, die er jedoch aufgab, um ganz in den Dienst des Königs Herodes zu treten. Sein Anhang muss nicht unbedeutend gewesen sein, da sich ihm 8o Paar Gesetzesjünger angeschlossen haben und seinem Beispiel gefolgt sein sollen. Ihre Gegner nannten diese Verbindung eine Zusammenrottung der Gottesleugner. Der Einfluss der Essäer machte sich auch bald in den Lehrkreisen der Pharisäer geltend. Es werden Lehren und Gesetze vorgetragen, die sich im Essäismus wieder-finden. Wir nennen beispielsweise die strengen Shabbathgesetze der samaitischen Schule. Viele Lehrer hielten es für wichtig, gleich den Essäern am Morgen beim ersten Ausbrechen der Sonnenstrahlen zu beten. Andererseits waren es die essäischen Lehren vom Messias, die in der letzten Zeit des jüdischen Staatslebens stark die Gemüter bewegten, sowie die vom Erlass des Opferkultus, die nach der Zerstörung des Tempels vielfach zur Sprache kamen. Schon die Apokryphen Sirach, Judith und Tobi haben die Lehre: »Beobachtung der Gesetze und die Ausübung der Wohltätigkeit sind gleich dem Opfer am Altar.« In diesem Sinne beruhigte der Lehrer R. Jochanan b. S. seine Schüler, die beim Anblick des zerstörten Tempels über den Verlust der Sündenversöhnungsstätte klagte: »Wir haben noch eine Versöhnungsstätte, es sind die Liebeswerke, gehet und vollziehet sie!« Noch bei den Lehrern des 3. Jahrh. n. treffen wir ähnliche Aussprüche: »Der Tisch, auf dem die Früchte mit den üblichen Vor- und Nachbenedeiungen genossen werden, ist dem Altar gleich«; »Früher war es der Altar, jetzt ist es unser Tisch, welcher die Sünden versöhnen soll.« Auch von den essäischen Vorherbestimmungslehren finden wir in den Aussprüchen der Lehrer dieser Zeit. Ben Asai, ein Lehrer des i . Jahrh. n., lehrt: »Von dem Deinigen wird dir gegeben, nach deinem Namen wirst du genannt, auf deinen Platz setzt man dich. Keiner ist bei Gott vergessen, niemand vermag dir das Bestimmte zu entziehen, nicht Einer tritt in die Grenze des Andern u. s. w. « Am auffallendsten erinnern die Mahnungen der Gesetzeslehrer zur Erlernung eines Handwerkes an den Essäismus. Aber bald machte sich gegen diesen essäischen Einfluss eine Reaktion geltend. Grund dazu war wohl der Hervorgang des Christentums, das einen großen Teil seiner Lehren als z. B. die über Gott, den Gottessohn, den heiligen Geist, die Engel, den Messias u. a. m. dem Essäismus entnommen hat. Man grenzte und sperrte sich immer mehr gegen das Eindringen der essäischen Lehren ab. So rief R. Jochanan b. S. (im i. Jahrh. n.) bei einer Diskussion mit einem Min, Sektierer, über die Bedeutung der Reinigungsasche seinen Schülern zu: »Wisset, meine Lieben, nicht die Asche der verbrannten roten Kuh reinigt, auch nicht der Leichnam eines Menschen verunreinigt, aber ein Gesetz Gottes befiehlt es, über welches wir nicht weiter zu fragen haben.« Ebenso hält R. Akiba diejenigen der ewigen Seligkeit in der zukünftigen Welt verlustig, die in externen Schriften lesen und zur Heilung von Wunden geheime Sprüche herflüstern. Bei einer andern Gelegenheit mahnt er: »Wohne nicht in einer Stadt, deren Oberer ein Assa (Essäer) ist.« Man lachte über die Männer in den weißen Gewändern. Eine solche Verhöhnung erlitt ein Menachem in einer Lehrversammlung. Ben Asai, sein Zeitgenosse meint: »Leichter ist die Welt zu regieren als zwei Männer in den weißen Gewändern.« Andere Lehrer gingen noch weiter und erklärten jede Lehre und jedes Gebet, wo Gott nur in der Eigenschaft der Güte und Barmherzigkeit dargestellt wird, für minäisch, d. h. sektierisch. Weitere Anordnungen verboten jenen die Verrichtung eines Vorbeteramtes, die nur in weißen Gewändern oder ohne Schuh vorbeten wollten. Ferner mahnte man, mit dem Vortrag theosophischer Lehren über Gott, Schöpfung, Engel, Weltregierung usw. vorsichtig zu sein, die Aussprache des biblischen Gottesnamens nur Würdigen mitzuteilen. Eine Änderung in dieser Richtung trat erst nach den Stürmen des unglücklichen barkochbaischen Aufstandes ein, wo man sich wieder mehr der Mystik zuwendete. Die bedeutendsten Lehrer dieser Zeit: R. Mair, R. Juda und R. Jose, R. Elieser ben Jose, R. Jochanan, R. Simon ben Lakisch, sogar der Patriarch R. Juda I. sprechen in ihren Agada-Vorträgen Lehren von echt essäischer Färbung aus. Es würde für unsere Leser zu weit führen, diese ihre Lehren hier anzugeben. Man unterhält sich über die verschiedenen Sekten der Essäer. So gibt R. Jochanan Auskunft über die Banaim und die Nathikin. R. Josua ben Levi spricht verwundert von den Toble Schacharith, aber R. Chamina tritt für sie ein. Von andern wird eine Gemeinde von Heiligen in Jerusalem als Muster der Frömmigkeit gerühmt, deren Männer 1/3 des Tages zum Gebet, 1/3 zur Arbeit und 1/3 zum Studium verwenden. Wieder andere erwähnen öfter verschiedene Sitten und Bräuche der Zenuim, Frommen und der Nekije Hadaath, der Männer von reiner Gesinnung. Von diesen sind es nur R. Josua ben Levi und R. Simlai, die gegen die Auswüchse ihrer Lehren auftreten. Mehr als in Israel waren es die Lehrer in Babylonien Rabh, Rab Huma, Rab Chasda und Raba, die in ihren Vorträgen essäische Lehren bringen. Auch der Lebensweise der Essäer huldigten bald dieser, bald jener Lehrer. So lebten einige nur von Kräutern, andere wählten den ehelosen Stand, die Dritten schworen nie und stellten die Lehre auf, dass schon der Ausdruck der Beteuerung: »Ja! Ja!« und der Ausdruck der Verneinung: »Nein! Nein!« dem Eide gleich zu achten sind.