Mischna - Seder Kodaschim

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TRAKTAT MIDDOT ‏מסכת מדות‎

Der Traktat ‏מדות‎ »Masse« enthült eine Beschreibung der Tempelanlage, seiner Haupt- und Nebenräume. Εr führt den Namen ‏,מדות‎ ‎weil insbesondere die Grössen-Verhältnisse des Ganzen und seiner einzelnen Teile darin angegeben werden.

Der Tempel, auf den sich die Angaben dieses Traktats beziehen, ist nicht der erste von Salomo erbaute, dieser wird in den Büchern der Könige (1 Kap. 6) und der Chronik (ll Kap. 3 und 4) beschrieben, die dort gegebenen Grössenangaben weichen in wesentlichen Punkten von den Angaben unseres Traktats ab. Nach der Rückkehr aus dem Exil wurde der Tempel zwar im ganzen nach dem Vorbilde des ersten Tempels wieder aufgebaut, für einzelnes diente aber auch das vom Propheten Jecheskel geschaute künftige Heiligtum als Vorbild, auf das auch in unserem Traktate mehrfach (II,5; ΙΙΙ͵1; IV, 1; IV, 2) Bezug genommen wird. Genauere Angaben über diesen zweiten Tempelbau fehlen in der heiligen schrift, die einzige darauf bezügliche Angabe im Buche Esra (VI, 3) stimmt ebenfalls nicht mit den Angaben in unserem Traktate überein Durch den König Herodes wurde die ganze Tempelanlage einem vollständigen Umbau unterzogen, dabei bedeutend verschönert und wohl auch erweitert und erhöht. Josephus gibt eine doppelte Beschreibung des Tempels nach diesem Umbau (antiqu. ΧV, 11, 3-5; bell. jud. V, 5, 1-6), die allerdings auch vielfach, auch was die Grössenverhältnisse anbetrifft, von den Angaben in unserem Traktate abweichen. Es ist aber wohl nicht zu bezweifeln, dass es der Tempel in der ihm durch diesen Umbau gegebenen Gestalt ist, wie er sich in dem letzten Jahrhundert vor seiner Zerstörung den Blicken dargeboten hat, auf den die Αngaben in unserem Traktate zu beziehen sind.

Der Platz, auf dem der Tempel stand, war der im Nordosten der Stadt gelegene Hügel Morija. Der für den Tempelbau hergerichtete Teil dieses Hügels, der Te m ρ e l b er g (הר הבית) genannt, war ringsum von einer hohen Mauer umgeben und umfasste nach der Mischna einen Flächenraum von 500 Ellen im Quadrat, nach Josepbus (antiqu.) betrug der Umfang dieses Platzes 4 stadien (1 Stadie = c. 570 Fuss). Das Tempelgebäude mit seinen Vorhöfen befand sich auf der nordwestlichen Seite dieses Platzes. Durch eine zweite niedrige Mauer oder gitterartige Umzäunung, Soreg (סרנ) ‎genannt, war dieser innere Teil des Platzes, den kein Nicht-Israelite und kein durch einen Toten Verunreinigter betreten durfte, von dem übrigen äusseren Teile des Tempelberges abgegrenzt. Der Raum zwischen dieser inneren Mauer und der das Tempelgebäude mit seinen Vorhöfen ringsum einschliessenden Mauer war 10 Ellen breit und wurde Chel (היל)‎ genannt.

Das Tempelgebäude erstreckte sich von Osten nach Westen. Von dem Chel stieg man zunächst auf 12 Stufen zu dem Vorhof der Frauen hinauf, von diesem führten 15 Stufen zu dem Vorhof der Israeliten und dem sich daran anschliessenden Vorhof der Priester und dem Platz, auf dem der Opferaltar stand. Von hier führten 12 Stufen zu dem eigentlichen Tempelgebäude hinauf, das drei Haupträume enthielt, den Ulam, eine Art Vorhalle, den Hechal, in dem der Räucheraltar, der heilige Leuchter und der heilige Tisch standen, und das Allerheiligste. An diese Haupträume schlossen sich auf der Nord-, Süd- und Westseite noch Seitenräume an.

Das Tempelgebäude mit seinen Vorhöfen war ringsum von einer Mauer umgeben, der Tempelhof-Mauer (חומת העזרה).‎ Das Gebäude mit seinen Seitenräumen war schmäler als die Vorhöfe und reichte auch in seiner Länge nicht bis an die Tempelhof-Mauer heran, es war demnach auf der Nord-, Süd- und Westseite von einem freien zum Tempel-Vorhof gehörenden Platz umgeben. Auf der Westseite hinter dem Allerheiligsten hatte dieser Zwischenraum zwischen dem Gebäude und der Tempelhof-Mauer eine Breite von 11 Ellen.

Die Angaben, die der Traktat enthält, geben im ganzen ein bestimmtes Bild von der Gesamtanlage sowohl wie von den Grössen-Verhältnissen und der Lage der einzelnen Teile, wenn sie auch im einzelnen noch manches unklar und unbestimmt lassen. Der Traktat besteht aus 5 Abschnitten, in den einzelnen Abschnitten werden besprochen:

Ι. Die Tempelwachen innerhalb und ausserhalb des Heiligtums. Die Tore der Mauer des Tempelbergs und der des Tempelhofes. Der Erwärmungs—Raum (בית המוקד)‎ mit seinen vier Kammern.

II. Der Tempelberg. Der Soreg und der Chel. Der Frauen-Vorhof, der Vorhof für Israeliten und der Vorhof für Priester.

ΙII. Der Opferaltar und die zu ihm hinauführende Rumpe. Der Schlachtraum. Der Eingang zum Ulam.

IV. Der Eingang zum Hechal. Die Seitenräume des Hechal. Die Mauern des Hechal. Länge und Breite des Hechal-Gebäudes einschliesslich des Allerheiligsten, des Ulam und der Seitenräume.

V. Gesamt-Länge und Breite des Tempelhof-Platzes einschliesslich des Tempelgehäudes. Die Kammern auf der Nord- und Südseite des Tempelhof-Platzes.


MIDDOT Ι

ABSCHΝΙΤΤ I.

An drei Stellen hielten die Priester im Heiligtum Wache1, im Abtinasraum, im Zündfeueraum und im Erwärmungsraum2, und die Leviten an einundzwanzig Stelien3: fünf an den fünf Toren des Tempelberges4, vier an seinen vier Ecken5 drinnen6, fünf an fünf Toren7 des Tempelhofes8, vier an seinen vier Ecken9 draussen10, einer an der Οpferkammer11, einer an der Vorhangskammer12 und einer auf der

1) nach den meisten Erklärern nur während der Nacht, nach anderen auch bei Tage. 2) S. Tam. I Noten 2-4. 3) Auch vor den Räumen, in denen die Priester Wache hielten, hielten, wie die meisten Erklärer annehmen. draussen Leviten Wache (s. weiter Mischna 5 und 9). Eis ist danach entweder zu erklären, an 21 Stellen hielten die Leviten allein Wache, ausser den 3 genannten Stellen, an denen ausser ihnen auch Priesters wachten. oder es sind in diesen 21 Stellen die 3 genannten. wo auch die Priester Wache hielten, mit enthalten, indem unter den fünf Toren des Tempelhofes, an denen die Leviten Wache hielten, drei waren, die sich an derselben Stelle befanden wie die genannten drei Räume, nämlich das Wassertor, über oder (nach anderen) neben dem sich der Abtinas-Raum befand, das Zündfeuer-Tor und das Tor des Erwärmungs-Raums (s. weiter Mischna 4 und 5). ‏4)‎ s. Mischna 3. 5) an den vier Ecken der den ganzen Tempelberg einschliessenden Mauer. 6‏)‎ Hier hielten sich die Wächter innerhalb der Mauer auf, weil sie hier durch das rings um die Mauer führende Schutzdach geschützt waren und sich, wenn sie müde wurden, auch niedersetzen durften, da dieser Raum noch nicht zum Tempelhof gehörte, in dem es nicht erlaubt war, sich niederzusetzen. 7) Nach Mischna 4 hatte der Tempelhof sieben Tore. Nach der ersten Erklärung in Note 3 hielten die Leviten allein nur an fünf Toren Wache, da an den beiden anderen Toren, am Zündfeuer-Tor und am Tor des Erwärmungsraums, auch die Priester Wache hielten; am Wassertor hielten danach die Leviten auch noch besonders Wache, neben den Leviten, die zusammen mit den Priestern an dem darüber befindlichen Abtinas-Raum Wache hielten. Nach der zweiten Erklärung wurden überhaupt nur fünf von den sieben Toren bewacht, an den beiden anderen war keine Wache nötig, da sie in der Mitte zwischen zwei bewachten Toren lagen, nämlich das Erstgeburten-Tor zwischen dem Brennholz-Tor und dem Wassertor, und das Opfertor zwischen dem Zündfeuer-Tor und dem Tor des Erwärmungs-Raums. Nach einer anderen Ansicht im Talmud (Tam. 27a) gibt hier die Mischna die Ansicht eines anderen Tanna als des in Mischna 4 wieder, danach hätte der Tempelhof überhaupt nur fünf Tore gehabt. 8) Unter ‏עזרה‎ ‎wird hier der ganze von einer Mauer ringsum umgebene Platz vom Männer-Vorhof an vor, zu beiden Seiten und hinter dem Hechal und dem Allerheiligsten verstanden, wir übersetzen es deshalb mit »Tempelhof«. ‏9)‎ an den vier Ecken dieser den Tempelhof einschliessenden Mauer. 10) Hier mussten die Wächter sich ausserhalb der Mauer aufhalten, weil sie innerhalb derselben sich, auch um sich auszuruhen, nicht hätten niedersetzen dürfen. 11) die weiter Mischna 6 ‏לשבת טלאי קרבן‎ und Tam. ΙII, 3 ‏לשכת‎ ‏הטלאים‎ genannte Kammer, in der die für das tägliche Morgen- und Abendopfer bestimmten Tiere standen, nach einer anderen von Ascheri gebrachten Erklärung eine andere Kammer, die sonst nirgends genannt wird, in die die Opfertiere gebracht wurden, um auf ihre Tauglichkeit untersucht zu werden. 12) nach Ascheri die Kammer, in der die Vorhänge für das Heiligtum gewebt wurden. Auch diese Kammer wird sonst nirgends genannt, ihre Lege lässt sich daher auch nicht angeben.

Rückseite des Allerheiligetenls13. 2. Der Tempelbergsvorsteher14 machte die Runde bei allen Wachen15, brennende Fackeln wurden ihm vorangetragen. Stand der Wächter nicht aufrecht16, sprach ihn17 der Tempelbergs-Vorsteher mit den Worten ‏an: »Frieden über dich«. Stellte sich heraus, dass er schlief, schlug er ihn mit seinem Stock, es stand ihm euch des Recht zu, ihm sein Gewand zu verbrennen Die, [die ihn schreien hörten], sagten: »Was ist das für ein Geschrei im Tempelhofe«? »Die Stimme eines Leviten, der geschlagen wird und dem die Kleider verbrannt werden, weil er auf seinem Posten geschlafen hat«! R. Elieser,‎ Sohn des Jakob, sagt: Den Bruder meiner Mutter hat man einmal schlafend getroffen und ihm‎ sein Gewand verbrannt.
3. Fünf Tore hatte der Tempelberg: die beiden Hulda-Tore18 auf der Südseite, sie dienten als Eingang und Ausgang19, das Kiphonos-Tor20 auf der Westseite, es diente als Eingang und Ausgang21, das Tadi-Tor22 auf der Nordseite, es war garnicht zum

13)  בית הכפורת wurde der Raum des Allerheiligsten nach dem auf der heiligen Lade liegenden Deckel genannt. weil von hier aus Mose die Stimme Gottes zu sich reden hörte, (s. Num. 7, 89).  14) der die Oberaufsicht über den gazen Tempelberg hatte und entweder auch während der Nacht sich innerhalb der Mauer des Tempelbergs aufhielt oder die Schlüssel zu einem Tore hatte, um eintreten zu können. 15‏)‎ Wenn auch die Wachen innerhalb des Tempelhofes gemeint sind, muss man annehmen, dass er Schlüssel zu einer Nebenpforte hatte, durch die er auch in den bei Nacht geschlossenen Tempelhof eintreten konnte. 16) sondern hatte er sich niedergesetzt, so dass zu‎ befürchten war, dass er vielleicht schlief. 17) Ed. Lowe: ו" אומר ‏לו‎" ebenso im Talmud, Tam. 27b, Maim. ‏הלכות בית הבחירה‎ VIII, 10. Danach wäre zu übersetzen: Stand der Wächter nicht aufrecht und sprach ihn mit den Worten an: ‎ »Herr Tempel-Vorsteher, Frieden über dich!« so war daran zu erkennen, dass er schlief. 18) nach Ansicht der meisten Erklärer nach der Prophetin Huldn benannt (s. Könige II‎ 22, 14). 19) d. h. die meisten Besucher des Heiligtum betreten es und verliessen es durch diese Tore. vgl. weiter II, 1. 20)‎ Woher dieses Tor den ‏Namen hatte und was er bedeutet, wird nicht angegeben. Nach demn Verfasser des Buches ‏שלטי הגבורים‎ sei es von dern griech. ‏‎= Garten abzuleiten und habe sich vermutlich in seiner Nähe eine Gartenanlage befunden 21) Manche Mischnaausgaben haben hier nicht die Worte: ‏ויציאה משמש כניסה
22) Die Leseart schwanken zwischen ‏טדי‎ mit einem ‏ד‎ und ‏טרי‎ mit einem ‏.ר‎ ‎Ed. Ven. und Lowe lesen: ‏.טרי‎ Für den Beinamen dieses Tores werden ‏von‎ den Erklärern die verschiedenartigsten Erklärungen gegeben. David Kimchi liest ‏טדי‎ und hält dieses für einen Personen-Namen = Tadäus, nach dem dass Tor benannt war. Ascheri liest ebenfalls ‏טדי‎ und erklärt es "hoch" (arab. = Berg), weil des Tor nach oben giebelartig in eine Spitze auslief (vgl. weiter II. 8). Der ‏Verfasser des ‏שלטי הגבורים‎ liest טרי‎ und vermerkt, dass es entweder das griech.

Gebrauch bestimmt23, das Ost-Tor, über24 dem sich ein Bild der Residenz Susa befand, durch dieses gingen der Hohepriester25, der die [rote] Kuh verbrannte, die Kuh26, und alle, die bei ihrer Hilfe leisteten, zum Oelberg hinaus274. Sieben Tore hatte der Tempelhof28, drei auf der Nordseite, drei auf der Südseite und eines auf der Ostseite. Auf der Südseite29: das Brennholz-Tor30, als zweites danach das Erstgeburten-Tor31, als drittes danach das Wassettor32. Auf der Ostseite: das Nikanor-Tor33, dort befanden sich zwei Kammern, eine zur Rechten und eine zur Linken, die eine war die Kammer des Kleideraufsehers Pinchas34, die andere die Kammer der Hersteller des Pfannenopfers355. Auf der Nordseite36: Das Zündfeuertor37,

θίρως sei, also etwa »das Sommertor« (θίρος = der Sommer), vielleicht deshalb so genannt, weil es auf der Nordseite gelegen im Sommer einen kühlenden Aufenthalt gegen die Sonnenglut gewährte, oder...