Gebetssprache
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Gebetssprache. Die traditionellen Gebete, wie sie in dem Gebetbuche für den Synagogenkultus ihre Zusammenstellung erhielten, sind mit Ausnahme einiger wenigen in hebräischer Sprache abgefasst. Man wählte sie, wenn sie auch aus dem Volksverkehr längst geschwunden und nur noch als die Schrift- und Gelehrtensprache vorhanden war, teils aus Pietät, sie war die Sprache der Väter, die Sprache, in der die Lehrer, Propheten, Psalmisten und heiligen Dichter ihre begeisternden Reden, Gesetze, Lehren, Psalmen und Dichtungen dem Volke vortrugen, teils aber auch, weil sie in der Zeit des zweiten jüdischen Staatslebens in Palästina und in den ersten drei Jahrhunderten nachher, wo diese Gebete abgefasst, festgestellt und redigiert wurden, bei den Lehrern des Judentums in Palästina und Babylonien als die einzige galt, in der man rein und klar seine Gedanken auszudrücken vermochte. Der syrisch-aramäische Dialekt, die Volkssprache der palästinensischen Juden, wurde als Sprache der Idioten, der der korrekte Ausdruck fehle, davon ausgeschlossen. Noch im vierten Jahrhundert n. wiederholt ein Gesetzeslehrer, Rab Juda, den Ausspruch R. Jochanans aus dem zweiten Jahrh. »Man bete nicht in aramäischer Sprache, denn demjenigen nahen sich nicht die diensttuenden Engel, der für seine Bedürfnisse aramäisch betet, weil sie dieses Sprachgemengsel nicht verstehen.« Das störte jedoch nicht, dass die Juden in Alexandrien und in einigen Städten Palästinas von überwiegender griechischer Bevölkerung als z. B. in Cäsarea u. a.a.O., wo sie griechisch redeten, die Gebete in griechischer Sprache verrichteten. Ob man dagegen von Seiten des Synhedrion in Jerusalem Protest erhob, wie dies gegen den samaritanischen Kultus und den des Oniastempels in Ägypten geschah, ist nicht bekannt. Man sah die Notwendigkeit desselben ein, oder ging darüber stillschweigend hinweg, duldete, was nicht zu ändern war, jedenfalls wurde das Beten in griechischer Sprache von keinem angefochten. Erst im 3. Jahrh. n. wird von dem Lehrer R. Levi, dem Schüler des Patriarchen R. Juda I. erzählt, dass er, als er auf seiner Rundreise in Cäsarea das Schemagebet in griechischer Sprache verrichten hörte, dagegen protestierte und es verbieten wollte. Da erhielt R. Jose, sein Zeitgenosse, davon noch zur Zeit Nachricht, der über diesen Eingriff in die Freiheit der jüdisch-hellenistischen Gemeinde Cäsareas äußerst aufgebracht war und gegen ihn erklärte: »So sage ich, wer das Hebräische nicht versteht, der lese das Schema in jeder ihm verständlichen Sprache und er erfüllt vollständig seine Pflicht.« Ein noch späterer Lehrer R. Manna, tut gegen den Lehrer R. Berachja denselben Ausspruch in Bezug auf das Vorlesen des Estherbuches am Purimfeste. Wo diese geteilten Meinungen, die sich nun auf solch auffallende Weise bemerkbar machten, ihren Ursprung haben, darüber berichtet eine uns erhaltene Boraitha. Unter dem Patriarchat R. Juda I. im 2. Jahrh. n. kam es darüber im Synhedrion zur Verhandlung. Der Patriarch R. Juda I. trug vor: das Schemagebet dürfe man nicht anders als in der Ursprache verrichten. Als Grund wurden die Anfangsworte von 5. M. 6. 7. angeführt: »Und es sollen diese Worte sein, die ich dir heute befehle«, diese Worte sollen sein, d. h. sie sollen in der Ursprache bleiben, nur hebräisch gelesen werden. Gegen diese Entscheidung erhob sich die Majorität und bestimmte, dass man das Schemagebet in jeder Sprache, die man versteht, verrichten dürfe. Das erste Wort dieses Gebetsabschnittes: »Schema«, »höre, verstehe«, deute an, dass das Schema in jeder Sprache, die uns das Gebet verständlich macht, verrichtet werden dürfe. Dieser Majoritätsbeschluss erhielt Gesetzeskraft und wurde auch von den Späteren als Gesetz zitiert. In der Mischna Sote 7. 1 . lesen wir: »Diese dürfen in jeder Sprache verrichtet werden: Die Anrede an die des Ehebruchs verdächtige Frau (4. M. 5. 19.), das Zehntbekenntnis (5. M. 26.), das Schema, das Gebet, das Tischgebet usw.« Ebenso hat Maimonides in seinem Buche Jad Chasaka, Hilchoth Keriath-Schema z. zo. darüber: »Man lese das Schema in der Sprache, die es uns verständlich macht. Wer in einer fremden Sprache das Schemagebet verrichtet, hüte sich vor Sprachfehlern und spreche die Worte mit grammatikalischer Genauigkeit aus, wie er dies beim Lesen desselben in der hebräischen Sprache zu tun verpflichtet ist.« Dieselbe Bestimmung findet sich in Schulchan Aruch Orach Chaim 62. 2. Wie über das Schema, so lautet das Gesetz über das Gebet im Allgemeinen: »Man darf in jeder beliebigen Sprache beten.« Diese Erlaubnis in jeder Sprache zu beten, wollen einige nur auf den öffentlichen Gottesdienst, aber nicht auf das Privatgebet des Einzelnen beziehen, doch heben andere auch diese Beschränkung auf und bestimmen, dass man jedes Gebet bei Privat- und öffentlicher Andacht in jeder Sprache, mit Ausnahme der aramäischen verrichten darf. In Orach Chajim 185. 1. haben wir dieselbe Bestimmung über das Tischgebet: »Das Tischgebet darf in jeder Sprache verrichtet werden.« Eine weitere Anwendung dieses Gesetzes ist die von den Tosaphisten in Bezug auf das Hallelgebet, das Kidusch, die Benediktionen vor dem Genuss von Früchten und die Benediktionen bei Gesetzesausübungen. Wir schließen diese unsere Darstellung mit den sinnigen Angaben des Talmud Jeruschalmi Sote 7. 1. Das Schemagebet darf man in jeder Sprache verrichten, denn es heißt: »und rede mit ihnen«; das Achtzehngebet sowie jedes andere, damit man verstehe, seine Wünsche auszudrücken, und endlich das Tischgebet, weil man verstehen muss, wem man zu danken habe.