Genealogie - Geburts-, Geschlechts- und Stammregister

Posted 6 yrs ago

Genealogie, Geburts-, Geschlechts-und Stammregister. Die Aufzeich­nungen der Geburts- und Stammesab­kunft bilden die ersten Grundformen der menschlichen Gemeinschaft, von der Familie beginnend, sind ein Zeug­nis des erwachten höheren Bewusst­seins des Menschen, sich in seiner Ge­schichte kennen zu wollen und waren bei fast allen kultivierten Völkern des Altertums üblich. Die Ägypter, Babylo­nier und Araber bewahrten sorgfältig durch mündliche Überlieferung, Denk­mäler und Schriftstücke die Spur ihrer ersten Abstammung auf. Andere Völ­ker, bei denen solche Überlieferungen vernachlässigt wurden, oder ganz und gar fehlten, suchten dieselben später durch Erdichtung allerlei Mythen von ihrer Abstammung, wie dies teilweise bei den Griechen und Römern geschah, zu ersetzen. Auch das israelitische Al­tertum hat von seinen Uranfängen ge­nealogische Aufzeichnungen. Die Bibel, das Buch der Lehre, des Gesetzes und der Geschichte des israelitischen Vol­kes, hat ganze genealogische Verzeich­nisse, die die Israeliten nicht bloß mit ihren ersten Ahnen bekannt machen, sondern sie auch von den Anfängen der andern Völker in Kenntnis setzen. So beginnt sie mit der Geschichte des ersten Menschen und geht zur späteren Familien-, Stamm- und Völkerbildung über; sie führt mit einer ausgezeichne­ten Genauigkeit fast alle damals be­kannten Völker auf einen Menschen, den ersten Menschen, auf Adam zu­rück. Das erste genealogische Verzeich­nis erstreckt sich von Adam bis Noach; es liegt uns in zwei Formularen vor: a. 1. B. M. Kap. 4. 17. mit der Aufzäh­lung nach 7 Geschlechtern und b. 1. B. M. 5.1 — 32, wo sie nach 10 Geschlech­tern vorgenommen wird. Das Zweite ist die vielfach besprochene Völkertafel in 1. B. M. 10. 1 — 31. von den Völkern mit Zurückführung ihrer Abstammung auf Noachs drei Söhne: Sem, Ham und Japhet, nach denen sie in Semiten, Ha­miten und Japhiten geteilt und aufge­zählt werden. Das Dritte ist in 1. B. M. Kap. 11. 10 eine Ergänzung von 1. M. 10. 20 — 32. über die Semiten beson­ders von Sem bis Abraham nach 10 Geschlechtern. Das Vierte hat eine zweite Fortsetzung der Semiten nach der Linie von Nahar durch Milka in 1. M. 22. 21. bis Rebekka, auch von seinen Kebsweibern bis Maache. Das Fünfte in 1 M. 25. 1 - 8. enthält wie­der eine Aufrechnung der Söhne Ketu­ras und der von ihnen abstammenden Völkerschaften. Das Sechste von Abra­hamiten nach deren Abstammung von Ismael, also von den Ismaeliten in 1. M. 25. 1 2 - 18. Das siebte in 1. M. 36. 1 - 43. von den Abrahamiten nach de­ren Abstammung von Isaak und dessen Sohn Esau-Edom. Das achte, das von den Nachkommen Jakob-Israel in 1. M. 35. 23 - 27. und das in 1. M. 46. 8 - 28. in Bezug auf deren Ansiedlung in Ägypten, wo sie aus 70 Personen be­standen. Das neunte in 2. M. 6. 14 -27. eine Aufzählung der Häupter der Vaterhäuser, der drei Stämme Ruben, Simon und Levi, um die Abkunft Moses und Aarons nachzuweisen. Das zehnte in 4. M. 1 - 47. die erste voll­ständigte Geschlechtstafel von den Is­raeliten als Volk mit Ausschluss der Leviten. Die Aufzählung geschieht nach Geburt, Familie und Stammhäup­tern oder Vaterhäusern. Das elfte in 4. M. 2. 1 - 33. in Bezug auf den Kriegs­dienst und die Ordnung des Zuges durch die Wüste. Das zwölfte in 4. M. 3. 1 - 39, eine Aufzählung der Ge­schlechts- und Klasseneinteilung der Leviten in Bezug auf ihren Dienst am Heiligtume, sowie der Aaroniden we­gen ihres Priesterdienstes. Das drei­zehnte in 4. M. 26. 1 - 51 eine Aufzäh­lung der Israeliten mit Ausschluss der Leviten in Bezug auf die Einteilung der zu erobernden Ländergebiete Palästi­ nas. Das vierzehnte endlich in 4. M. 26. 53 - 63. von den Leviten. Diese ge­nealogischen Verzeichnisse des israeli­tischen Volkes wurden als die gesetz­lich anerkannten Urkunden betrachtet, auf die sich jeder Israelit bei etwa ihm geschmälerten Rechtszusagen berufen konnte. So wiesen die Töchter Zeloph­chads ihre Abstammung nach und for­derten die Beachtung ihrer Ansprüche bei der Verteilung Palästinas. Auch war es Sitte, dass man bei Nennung hervor­ragender Männer ihre Abstammung mit angab. Eine wiederholende Zu­sammenstellung mit manchen Ände­rungen und Ausführungen geben uns die Bücher der Chronik, Dibre Haja­mim. Wir lesen in 1. B. Chronik Kap. 1 die Vorgenealogien des israelitischen Volkes: 1. 1 - 2 die von Adam bis No­ach; V. 2. 54. von den drei Söhnen No­achs bis auf die edomitischen Fürsten; Kapitel 2. die von dem Volke Israel überhaupt nach Stämmen und Ge­schlechtern, wobei der Stamm Juda be­sonders bis auf David seine Aufzählung hat. Kapitel 3. die von Davids Nach­kommen; Kapitel 4. die von den Stäm­men Judas und Simons; Kapitel 5. die von den Stämmen Ruben, Gad und Halbmanasse; Kapitel 6. die von den Leviten nach ihren Familien; Kapitel 7. die von den Stämmen Isaschar, Benja­min, Naphtali, Manasse, Ephraim und Ascher; Kapitel 8. die von dem Stamme Benjamin, den Benjamiten; Kapitel 9. die von den Bewohnern Jerusalems in ihrer Zusammensetzung von Priestern, Leviten, Torwächtern, Sängern, Gibeo­niten und den Nachkommen der Fami­lie Sauls. Eine bedeutende Rolle spielten solcheFamilien-Abstammungsverzeich­nisse und die Berufung auf dieselben bei der Wiederbegründung des zweiten jüdischen Staatslebens in Palästina nach der Rückkehr der Exilanten aus den babylonischen Ländern, als diesel­ben wieder Besitz nehmen wollten von den Häusern und Ländereien ihrer An­gehörigen; ferner bei den Leviten und Priestern wegen Zulassung zum Tem­peldienste und zu dem Genuss der Op­fer und heiligen Gaben, wo jede Fami­lie zum Nachweis ihrer Abkunft ihre genealogischen Verzeichnisse aufzeigen musste. In den Büchern Esra und Ne­hemia haben wir ein dreifaches Ver­zeichnis von zurückgekehrten Exi­lanten: 1. Esra 8. 1 — 14. von den mit Esra Zurückgekehrten; 2. Nehemia 1 2. — 26. von den Priester- und Leviten­familien und 3. Nehemia 11. von den Landschaftshäuptern in und außerhalb Jerusalems, außerdem hat genealogi­sche Verzeichnisse das Buch Esra: 1. der ersten Heimkehrenden (Esra 2.1.); 2. der zweiten Heimkehrenden (Esra 10. 18 — 44) und 3. der Priester (Esra 7. 1 — 5.). Überblicken wir diese Anga­ben der biblischen Genealogien und fragen nach dem Zweck des Gebrauchs derselben, so fand mittels derselben statt die Regulierung der Erbschaftssa­chen, des Landbesitzes, der Tempel­dienste, der Eheverhältnisse und der Wiederverheiratung der Bruderwitwen und endlich der Einlösung verkaufter Grundstücke und Häuser. Wir sehen daraus, dass die Aufzeichnung von Ge­burts-Stammesabkunft im Judentum zu keiner Scheidung der Volksklassen gleich dem Kastensystem Indiens und Ägyptens gekommen. Das Recht schützte alle gleich und der Weg zur freien Entwicklung seiner Kräfte und Anlangen war niemandem verwehrt, auch der Sohn der niedrigsten Volks-schichte konnte durch Bildung und Verdienst zu den höchsten Staatswür­den emporsteigen. Ebenso waren Be­sitz, Niederlassung, Gewerbe und Han­del von jeder Beschränkung eines Geburtsadels frei. »Ein Gesetz sei euch und dem Fremden, der sich bei euch aufhält«, war der Ausspruch des Mo­saismus, ein Ergebnis, das wir nicht genug bewundern, je mehr dasselbe in den neuen Staatsverfassungen als Er­rungenschaft der neuesten Zeit und ih­rer blutigen Kämpfe aufgestellt wird. Auch der Talmud hat die schöne Lehre: »Von Adam stammen alle Menschen ab, damit die Gerechten nicht sagen: >wir sind Söhne der Gerechten< und die Frevler: >wir sind Abkömmlinge der Frevler!<« Ferner: »Nur einen Men­schen hat Gott als Stammvater aller Geschlechter geschaffen der Familien wegen, dass sie sich nicht stolz gegen­einander überheben, nicht Mord, Raub, Diebstahl u. a. m. gegen andere für erlaubt halten.« Nur wegen ihrer Abstammung wurden die Genealogien der Völker in die Bibel aufgenommen, die Frevler und Gerechten werden des­halb darin genannt, damit erstere ge­lobt und letztere getadelt werden. Eine hohe Abkunft hat nur Wert, wenn sie uns ein Vorbild für die Aneignung ge­wisser Vorzüge gewesen. »Ist er ge­lehrt? So ist's eine Zierde; von hoher Abkunft und großer Gelehrsamkeit? Sicherlich! Aber von hoher Abkunft und ohne Bildung, ist das ein Ruhm? Macht ja das ihn des Feuertodes schul­dig!«, entgegnet ein Lehrer des 3. Jahrh. n., R. Preda, als man ihm die Ankunft eines Mannes mit seiner gan­zen Abstammungsliste anmeldete: »Asaria, Sohn des Abtulus, der zehn­ten Abkunft von R. Elasar ben Asaria, der wieder von der zehnten Abkunft von Esra war, will dich besuchen.« Ge­schichtlich ist es bekannt, dass im z. Jahrh. n. die Gesetzeslehrer durch Assy­rer und die Verpflanzung der besiegten Völker nach andern Gegenden zur Auf­hebung der auf die Nachbarvölker sich beziehenden Gesetze schritten. Auch in­nerhalb Israels konnten die Stammesun­terschiede im zweiten jüdischen Staats­leben nicht mehr aufrechterhalten werden, so dass auch dieser Rest der Geburtsabstammung keine rechtliche Beachtung finden konnte. Die genealo­gischen Verzeichnisse beschränkten sich daher nur noch auf die Priester- und Le­vitenabstammungen in Bezug auf den Tempeldienst. So hat der Geschichts­schreiber Josephus vita z. ein genealogi­sches Verzeichnis der Priesterabstam­mung. Mit welcher Sorgfalt ein solches geführt wurde, davon spricht er selbst in seiner Schrift Contra Apionem 1. 7. Nach dem Talmud war es Esra, der sich um die Anlegung von Genealogien ver­dient gemacht hat. Man nannte die Bü­cher der Chronik und die Bücher Esra und Nehemia »Die Rollen der genealo­gischen Verzeichnisse«, auch nur: »Das Buch der Genealogien«. Zu Aufzeich­nung und Führung der Genealogien waren eigene Beamte angestellt; noch die Mischna kennt ein Gericht zur Prü­fung der Priestergenealogien, die in der Quaderhalle des Tempels in Jerusalem seine Sitzungen hielt. Erst beim Regie­rungsantritt des Herodes I. ging eine Veränderung vor. Die Verzeichnisse der Genealogien hörten von amtlicher Seite zu existieren auf. Nichtjüdische Quel­len erzählen, dass Herodes I. sämtliche genealogischen Verzeichnisse, die sich im Tempel vorfanden, vernichten ließ. Das Motiv zu dieser Maßregel mag wohl der Hinblick auf seine eigene niedrige Abkunft gewesen sein, die er dadurch zu verwischen glaubte, auch um den Ahnenstolz der anderen zu brechen. Diese Vernichtung der amtli­chen genealogischen Verzeichnisse wurde später als eine Zerstörung einer großen Quelle traditioneller Erläute­rungen der Bücher der Chronik betrau­ert. Rabh, ein Lehrer des 3. Jahrh. n., äußerte sich darüber: »Am Tage, da die Bücher der Genealogien kassiert wur­den, war die Kraft der Weisen gelähmt und das Licht ihrer Augen verdunkelte sich.« Trotzdem bewahrten einige Gelehrte genealogische Verzeichnisse und überlieferten sie ihren Jüngern. Viel studiert wurden die Bücher der Chro­nik, Esra und Nehemia, aus denen eine reiche Literatur hervorging. Die Zu­sammenstellung eines solchen traditio­nellen Kommentars zu den Büchern der Chronik fand später statt und war unter dem Namen: »Agadoth dibre ha-jamim« bekannt. Die Sage erzählt, dass das neue Schrifttum dieses Literatur­zweiges so sehr anwuchs, dass die Kommentare zu 1. Chr. 8. 37. bis 9. 44., von dem einen bekannten zum andren 900 Kamellasten be­trugen. So hatten die Gesetzeslehrer noch im 3. Jahrh. n. manche wichtigen Notizen über Familiengenealogien. Abba Areka, genannt Rabh, empfing genealogische Traditionen von seinem Lehrer R. Chija und teilte gelegentlich andern davon mit. Bekannt sind die Stellen in der Chronik, die er metapho­risch erklärt. Doch war man in der Überlieferung solcher Traditionen sehr vorsichtig. R. Simlai, so wird erzählt, besuchte den Gesetzeslehrer R. Jocha­nan und ersuchte ihn um den Unter­richt in den Büchern der Genealogien. Dieser fragte ihn nach seinem Wohn­sitze und seiner Herkunft, und als er antwortete: »Ich bin meiner Geburt nach ein Lyddenser, aber ich wohne jetzt in Nehardea«, entgegnete er ihm, »es heißt: >Man unterrichte keine Lyd­denser und keine Nehardäer< und du bist aus Lydda und wohnst in Nehar­dea!« Es wurde bestimmt, man dürfe genealogische Traditionen nur einmal, nach anderen zweimal wöchentlich überliefern, aber auch da nicht an jeden Mann (Pesachim 76). Liberalere Stim­men über die Beachtung von Genealo­gien ließen sich im 2. Jahrh. n. hören. Wir bringen die Aussprüche: »Auch der Nichtjude, der sich mit der Thora be­schäftigt, ist dem Hohenpriester gleich zu achten«; »Der Priester, (Aaronide) steht höher als der Levit, der Levit hö­her als der Israelit, dieser wieder höher als der Bastard (Mamser), aber besitzt letzterer Gelehrsamkeit, so ist er einem unwissenden Priester vorzuziehen. « In diese Zeit fällt der berühmte Synhederi­alsbeschluss, dass die Nachkommen der alten Nachbarvölker Palästinas, Ammon und Moab, in die Gemeinde Gottes aufgenommen werden können und das mosaische Verbot keine An­wendung auf dieselbe mehr haben könne. Man nannte mehrere Grade, die keiner Untersuchung mehr bedür­fen. Wer am Altar beschäftigt gewesen, in den Reihen der Leviten im Tempel mitgesungen, im Synhedrion gesessen, als Mitglied der öffentlichen Obrigkeit (Schoterim) gekannt war, das Amt eines Almosenvorstehers bekleidet, in den alten königlichen Archiven von Se­phoris eingereiht war. Der Grund hierzu waren die öfteren Streitigkeiten und bedenklichen Auftritte, die in Ba­bylonien und Palästina bei Entdeckung von Familiengenealogien stattzufinden pflegten. In der letzten Hälfte des 3. Jahrhunderts nach der üblichen Zeitrechnung ereignete sich folgender Vor­fall. Aus Nehardea kam ein Mann nach Pumbadita, der daselbst vorgab, von den Hasmonäern abzustammen und mit den angesehensten Familien Nehar­deas verschwägert zu sein. Bei einer Ge­legenheit, wo man dem Diener des Rab Juda ben Jecheskel, des damaligen Schuloberhauptes den Vorzug ein­räumte, rief ersterer spöttelnd aus; »Wer ist denn dieser Juda ben Sche­veskel?« Rab Juda, verletzt von dessen erniedrigender Äußerung, legte ihn dar­auf in den Bann und als man ihn später benachrichtigte, dass dessen Ahnenstolz so weit gehe, alle Welt Sklaven zu nen­nen, tat er das Entgegengesetzte und ließ ihn öffentlich als einen Abkömm­ling von Sklaven brandmarken. Der Nehardäer erklagte ihn darauf bei Rab Nachman, dem Schwiegersohne des Exilfürsten, und Rab Juda erhielt eine Vorladung. Obwohl Rab Nachman be­deutend jünger war, erschien er den­noch auf Zureden des Rabh Juna am bestimmten Tage zur Rechtfertigung, und machte nach vielem Hin- und Her-reden endlich die Gründe seines Verhal­tens geltend. »Samuel«, so sprach er, »hat uns überliefert, wer sich rühmt ein Abkömmling der Hasmönäer zu sein, der ist von der Abkunft des Herodes, der Sklave im Hause der Hasmonäer war, da die letzte Hasmonäerin Mari­amne gewesen.« Dieser Ausspruch machte einen solchen Eindruck, dass selbst Rab Nachman sich bewogen fühlte, denselben öffentlich bekannt zu machen. Und als darauf mehrere ade­lige Familien, die mit ihm verschwägert waren, ihre Ehen lösten, und viele ne­hardeanische Häuser sich dadurch bloßgestellt erblickten, entstand ein förmlicher Aufstand gegen Rab Juda, man drohte, ihn zu steinigen. Rab Juda, ohne von dieser Gefahr sich einschüch­tern zu lassen, rief nur noch drohender dem Volke entgegen: »Wenn ihr nicht aufhört, so werde ich noch mehrere un­erquickliche Familiengeheimnisse ent­decken.« Aus Furcht warfen die Auf-ständigen die Steine in den Kanal, deren so viele gewesen, fügt die Sage hinzu, dass von ihnen eine Stockung des Flusses Nahar Malka entstand. Ebenso wird von einem anderen Auftritte er­zählt, der sich zu Mechuza, einer Stadt in Babylonien, in der ersten Hälfte des 4. Jahrh. n. zugetragen hatte. Die Me­chuzaner stammten größtenteils von Proselyten ab, und es scheuten sich die übrigen babylonischen Juden, mit ih­nen Ehen zu schließen. Da traf es sich, dass Rabbi Seira in seinem Vortrage auf höchst naive Weise ihnen den Rat er­teilte, sich doch mit den unehelich Ge­borenen zu verheiraten. Das Volk fühlte sich bei diesen Worten so gekränkt, dass es Rabbi Seira mit den Festfrüch­ten, es war am Hüttenfest, wie es einst dem König Alexander Janai im Tempel­vorhofe zu Jerusalem begegnet war, steinigen wollte. Es machten sich bald tolerantere Ansichten geltend. Rabh machte Rabbi Seira Vorwürfe, wie er es nur wagen könne, eine solche Entscheidung in einer Gemeinde, die größten­teils aus Proselyten bestehe, vorzubrin­gen, und bewies bald darauf ein einem andren Vortrage, dass Proselyten sogar Priestertöchter ehelichen dürfen. So wurde jede Ängstlichkeit in Betreff der hohen Abkunft getadelt. »Keiner ist heute seiner Abkunft sicher, selbst der Größte und Vornehmste unter uns nicht«, so rief erzürnt Ulla dem Rabbi Juda zu, weil dieser aus Furcht vor nicht reiner Abstammung seinen Sohn nicht verheiraten wollte. Zur Zeit Rabbi Ju­das I. stellten mehrere den Antrag, Babylonien, das in Betreff der hohen Abkunft den ersten Rang einnahm, Pa­lästina unterzuordnen. Dieses Verlan­gen schien dem Patriarchen so sehr an­maßend, dass er ihnen zurief: »Werdet ihr mir nicht auch bald Dornen ins Ge­sicht werfen!«, und ihnen durch seinen Schüler die Traditionen wiederholen ließ: »Die Israeliten aller Länder stehen im Range der Abkunft unter denen in Palästina mit Ausnahme von Babylo­nien, das in dieser Beziehung über Pa­lästina steht.« Er ließ sich daher gleich nach Mitteilung obiger Tradition von seinen Dienern in aller Eile nach Hause tragen, und die Anwesenden wurden gezwungen, über die Unmöglichkeit ih­res Antrages nachzudenken. Sie forsch­ten nach und erblickten sich bald in Ge­fahr, die Abkunft der adeligsten Familien in Frage zu stellen. So standen sie von ihrer Forderung ab und mussten sich begnügen, das Bestehende zu achten. Sie wünschten daher jeden Streit über die Abkunft hinweg und ihr Lieblings­spruch lautete: »Elia der Prophet wird bei seinem Erscheinen die Familien aus­söhnen und sich der mit Gewalt Ent­fernten annehmen, so dass viele einge­reiht und viele ausgeschieden werden.«