Händewaschen
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Händewaschen; Händereinigung. Das Händewachen als Reinigungszeremonie hat schon der Mosaismus in seine Bestimmungen aufgenommen. »Wenn sie eintreten in das Heiligtum, sollen sie sich mit Wasser waschen, damit sie nicht sterben oder wenn sie zu räuchern hingehen«, deutlicher: »Und sie sollen ihre Hände und Füße waschen, und nicht sterben.« »Alles, was der Flüssige berührt, ist unrein, so er seine Hände nicht im Wasser gewaschen« (2. M. 15. 11.). Auch die symbolische Bedeutung desselben als Zeichen der Einheit und Unschuld ist an mehreren Stellen klar ausgesprochen: Ps. 26. 6. »Ich wasche in Unschuld meine Hände und umringe deinen Altar, o Herr!« Ebenso in 5. M. 21. 6 — 8. »Die Ältesten der Stadt sollen beim Auffinden eines Erschlagenen ihre Hände waschen und sprechen: Unsere Hände haben dieses Blut nicht vergossen und unsere Augen es nicht gesehen.« Die äußere Reinheit, die leibliche, war als Bild der inneren, der sittlichen; wie ja in der Tat durch die Wechselwirkung des Leibes und Geistes der Einfluss der Reinheit des Körpers auf die Kräftigung des Geistes unverkennbar hervortritt. Dagegen kommt das Händewaschen als Reinheitszeremonie vor dem Essen im biblischen Schrifttum nirgends vor; sie war bei den alten Hebbräern nicht üblich. Desto mehr spricht davon das talmudische Schrifttum, das es als einen pharisäischen Brauch aus dem letzten Jahrhundert des jüdischen Staatslebens kennt. Das Händewaschen vor dem Genuss des Heiligen, d. h. der Opferteile, gilt als eine der uralten Anordnungen, die auf biblische Personen, hier auf Salomo zurückgeführt werden. Jüngeren Datums ist die Verordnung des Händewaschens vor dem Genuss der Hebe (Theruma), sie gehört zu den achtzehn Verordnungen, die in der Synhedrialsitzung, wo die Samaiten die Stimmenmehrheit erlangten, beschlossen wurden; ist also aus der ersten Hälfte des Jahrhunderts vor der Zerstörung des Tempels. Die Pharisäer, als die Mitglieder des Chaberbundes, dessen Aufgabe war, bei dem Genuss profaner Speisen die Vorschriften des Genusses der Heiligen zu beobachten, betrachteten es daher als Pflicht, vor dem Genuss von Speisen sowie vor jedem Mahle die Hände zu waschen. So entstand der Brauch des Händewaschens vor dem Mahle; es gehörte zur guten Sitte, denselben zu beobachten; zumal er den Stand der Gelehrten und der Gebildeten in ihrem Unterschied von dem Landvolke (AmHaarez) bezeichnete. Doch wurde er nie höher als ein Gebot, eine Satzung der Weisen gehalten. In den Evangelien wird dieser Brauch stark angegriffen und die Juden, die sich wegen der Nichtbeachtung desselben von Seiten der Jünger Jesu wunderten, schnöde abgewiesen. Indessen war dieser Brauch auch bei den anderen alten Völkern üblich, als z. B. bei den Griechen, insbesondere bei den Orientalen, und war wegen der Sitte, die Speise mit den Fingern zum Munde zu bringen, nötig, was auch das Händewaschen während des Mahles oft zwischen einer Speise und der anderen, und nach demselben zur Folge hatte. Dieser ethische Grund scheint wirklich später bei den Gesetzeslehrern in Aufnahme gekommen zu sein. Von Rabh (Abba Areka im 3. Jahrh. n.) zitiert der Lehrer Rab Juda (im 4. Jahrh. n.) den Ausspruch: »Ihr sollt euch heilig halten«, d.i. das Händewachen vor dem Mahle; »und seid heilig« d.i. das Händewaschen nach dem Mahle; denn heilig bin ich, euer Gott«, d.i. das Tischgebet. Von einem Anderen, R. Chia ben Aschi, wird als Grund des Händewaschens nach dem Mahle das damals gebrauchte sodomitische Salz angegeben, das bei etwaiger Berührung mit dem Auge für dasselbe sehr schädlich werden kann. Allgemein lautete darüber die Lehre: »Das Händewaschen vor und nach dem Mahle ist eine Pflicht, das im Mahle, zwischen einer Speise und der anderen, freier Wille. « Doch gab es noch immer Gesetzeslehrer, die das Händewaschen vor dem Mahle auf seinen ursprünglichen Grund, den Genuss des Profanen nach den Reinheitsbestimmungen des Genusses der heiligen Gaben, der Hebe, der Opfer, einzurichten, zurückführten. So lehrt R. Elasar ben Arach (im 2. Jahrh. n.) mit Hinweisung auf den Vers: »Alles, was da der Flüssige berührt, so seine Hände nicht im Wasser gewaschen waren, ist unrein; da haben die Weisen eine Andeutung für ihre Institution des Händewaschens. « In diesem Sinne sprechen noch die Lehrer des 4. Jahrh. n., Rab Jizchak und Rab Jdi ben Abin, dass das Händewaschen vor dem Genuss des Profanen in Bezug auf die Hebe, Theruma, die nicht ohne dasselbe genossen werden durfte, eingeführt wurde. Diese Zeremonie des Händewaschens lebt sich bei den Juden im Laufe der Jahrhunderte so sehr ein, dass sie als Unterscheidungsmerkmal zwischen Juden und Heiden galt, und man dreist den, der vor dem Mahle nicht seine Hände gewaschen hatte, für einen Nichtjuden halten und ihm verbotene Speisen vorsetzen konnte, eine Annahme, die praktisch auch befolgt wurde. Auch das Händewaschen nach dem Mahle war so allgemein bei den Juden, dass man an den Speiseteilen, die in Folge des Nichtwaschens der Hände nach dem Mahle an den Händen und um den Mund kleben blieben, Kennzeichen zur Entlarvung gefährlicher Gesellen hatte. Man stellte daher den Mahnspruch auf: »Das Verabsäumen des Händewaschens vor dem Mahle kann zum Genuss verbotener Speisen, das nach dem Mahle zur Mordtat führen.« Es fehlte auch nicht an anderen Mahnungen, als z. B.: »Wer ohne Händewaschen Brot genießt, hat unreines Brot genossen.«