Laubhüttenfeststrauß - Lulav
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Laubhüttenfeststrauß.
I. Gesetz und Auslegung. Das Gesetz über den Feststrauß am Laubhüt tenfeste lautet: »Und nehmet euch am ersten Tage die Frucht des edeln Baumes (des Baumes hadar), Palmzweige und einen Ast von dem dick belaubten Baume nebst Bachweiden, und freut euch vor dem Ewigen, eurem Gott.« Nach demselben gehören zum Feststrauß des Laubhüttenfestes: die Frucht des edeln Baumes, die Palmzweige (Palmblätter, da die Palme bekanntlich keine Äste hat), Zweige von dem dick belaubten Baume und die Bachweide. Die Bezeichnungen »edler Baum« (Baum hadar), von dem die Frucht, und »dick belaubter Baum«, dessen Ast dem Feststrauß angehören soll, ist dunkel und lässt verschiedene Deutungen zu. Die Tradition bezeichnet für ersteres die orangeartige Frucht »Ethrog« und für das Zweite die »Myrthe«, von der drei Stängel, während von der Bachweide nur zwei genommen werden sollen. Diese traditionelle Erklärung sowie der ganze Gebrauch des Feststraußes nach der traditionellen Lehre (siehe weiter Ritual desselben), stieß sehr früh auf heftige Gegner. In Nehemia 8. 15. heißt es: »Und holet Blätter des Olivenbaumes, Zweige des (wilden) Ölbaumes, Zweige der Myrthe, Zweige der Palme und Zweige des dick belaubten Baumes, um Laubhütten anzufertigen, wie es vorgeschrieben ist.« Hier werden neben der Myrthe auch noch Zweige von anderen Baumarten: des Ölbaums, des Olivenbaums und des dick belaubten Baumes genannt, woraus sich ergibt, dass die Myrthe und der »dick belaubte Baum« zwei Baumarten sind, gegen die Tradition, die sie für eine erklärt. Auch wird das Holen dieser Pflanzenarten als zur Anfertigung oder Ausschmückung der Laubhütte gehörig betrachtet; aber nicht als ein von derselben unabhängiger Brauch, um mit denselben Umzüge um den Altar zu halten. Bekannt ist, dass die Karäer den Gebrauch des Feststraußes in diesem Sinne ganz und gar verwerfen und obiges Gebot nach Nehemia 8. 15 als zur Laubhütte gehörig erklären. Diese Auslegung und Abweichung der Karäer hat zweifellos eine ältere Geschichte zu ihrem Ursprunge, sie wurzelt in den Protesten gegen die Tradition im Allgemeinen und gegen obige traditionelle Auslegung des Gesetzes besonders, also in der Lehre der Sadducäer. Wir entnehmen dasselbe einer uns erhaltenen Midraschstelle, welche die gegen den Brauch und die traditionelle Bezeichnung der einzelnen Pflanzengattungen des Feststraußes sich erhebenden Gegenstimmen nennt. Die Stelle ist vollständig in Tanchuma zu Emor 3. M. 23. 40 und lautet: »Drei sind mir verholen und vier weiß ich nicht« (Spr. Sal. 30. 12); die Vier, das sind die vier Gattungen des Feststraußes, so man nach deren Grund forscht. Wer sagt dir, dass »die Frucht des schönen Baumes« der Ethrog sei, tragen doch auch andere Bäume Früchte? Ferner müssten nach dem Pluralausdruck: כפות תמרים, Äste, Blätter der Palme mindestens zwei Palmäste (Palmblätter) genommen werden. »Ast des dick belaubten Baumes« — wer vermag zu behaupten, dass man darunter die Myrthe verstehe, da eine andere Stelle (Nehemia 8. 1 5) die Blätter der Myrthe neben den Blättern des dick belaubten Baumes, וענף עץ עבות, als zwei verschiedene Gattungen bezeichnet. Es ist unzweifelhaft, dass hier, wo die von der Tradition angegebenen vier Pflanzenarten des Feststraußes als unerklärbar bezeichnet sind, Verwahrung gegen die Traditionsgegner, gegen die Sadducäer, die Vorgänger der Karäer eingelegt wird. Doch man blieb hierbei nicht stehen, sondern versuchte diese traditionelle Auslegung, so gut es ging, auch exegetisch und rationell zu begründen. So wird von dem Lehrer «Ben Asai« (im 1. Jahrh. n.) die Bezeichnung הדר als die nähere Angabe des Baumes nach dem Stamme דר »wohnen« genommen und auf die Frucht gedeutet, die jahraus und jahrein auf dem Baume angetroffen wird, was bei der Orangefrucht »Ethrog« der Fall ist. Weiter soll der Ausdruck: כפות תמרים, dessen Leseart ohne 1 in der Schrift angegeben ist, gleichsam als Singular gelten. Auch die Worte: »Zweige des dick belaubten Baumes«, ענף עץ עבות, sollen den Blätterwuchs, gleich einer Flechte, דומה לקליעה, andeuten, was nur für die Myrthe passt. Andere halten schon den dichten Blätterwuchs der Myrthe allein, wie er das Holz fast ganz bedeckt, als mit der biblischen Bezeichnung »dick belaubt« konform. Die Dritten endlich, R. Elieser ben Jakob (im 2. Jahrh.) u.a. weisen auf die Beschaffenheit der Myrthe hin, deren Frucht und Holz ein Aroma geben, was bei der Myrthe der Fall ist. Doch sind auch die Traditionstreuen: R. Ismael und R. Akiba, noch immer in der Angabe der Anzahl von den im Gesetz ge; nannten Pflanzengattungen des Feststraußes uneinig. Nach ersterem sollen drei Myrthenstängel, zwei Bachweiden, eine Palme, Lulab, und ein Ethrog den Feststrauß bilden. R. Akiba bestimmt dagegen nur eine Myrthe, eine Bachweide, einen Lulab und einen Ethrog für denselben. Gesetzeskraft erhielt die Angabe des R. Ismael. Der Feststrauß besteht demnach aus der Baumfrucht »Ethrog« und der Palme, verbunden mit drei Myrthenstängeln und zwei Bachweiden. Die Frucht »Ethrog« wird als für sich der Palme zugefügt, ohne mit derselben gleich der Myrthe und der Bachweide vereinigt zu werden. Mit diesem Feststrauß in der Hand hielt man im Tempel zu Jerusalem täglich feierliche Umzüge um den Altar, und zwar jeden Tag der ersten sechs Festtage einmal, aber am letzten Tage siebenmal. In den Synagogen dieser Zeit war der Umzug mit dem Feststrauß nur einmal am ersten Festtage. Dagegen fanden nach der Zerstörung des Tempels sämtliche Umzüge des Tempelgottesdientes in den Synagogen statt. Von den im Tempel gehaltenen Umzügen spricht Josephus Altertümer III. 10. 4; XIII. 13. 5 und das 2. B. der Makkabäer X. 6. 7. In der gewissenhaften Beobachtung dieses Gesetzes zeichneten sich besonders die Jerusalemiter aus. Sie banden ihren Feststrauß, den Lulab, mit goldenen Fäden, und hatten, wohin sie gingen, immer den Feststrauß bei sich.
II. Symbol und Deutung. Die Agada in den Talmuden und Midraschim hat über den Feststrauß als Symbol recht nette Deutungen. Als die erste und naturgemäße Erklärung nennen wir ihre Auffassung des Feststraußes als Ausdruck der dankbaren Anerkennung des Gotteswaltens in der Natur, verbunden mit der Bitte um Tau und Regen für das fernere Gedeihen des Bodenanbaues. »Ich sagte: >Nehmet euch am ersten Tage die Frucht des schönen Baumes<, um euch zu beglücken, damit ich euch Tau und Regen herabströmen lasse.« Später erhielt der Feststrauß die mystische Deutung, die ihn in Verbindung mit den Gebeten am Versöhnungstage bringt, wo die Palme als Friedenssymbol, das Zeichen der Israel gewordenen Sündenvergebung, gilt. »Am Versöhnungstage«, heißt es, »fastet ganz Israel, Männer, Frauen und Kinder; Gott vergibt ihre Sünden: >denn an diesem Tage versöhnt Gott über euch.< Israel bringt darauf den Feststrauß und preist seinen Gott.« Eine andere Stelle hat darüber: »Wie bei zweien, die vor den Richter treten, von denen man nicht weiß, wer siegen werde, derjenige gesiegt hat, der das Siegeszeichen hochhält; so traten am Tage des Gerichts, am Neujahrstage, Israel und die Heiden mit ihren Anklagen vor Gott; niemand weiß, wer den Sieg davon tragen werde. Da bringt Israel den Feststrauß, die Palme, und alle Welt erfährt seinen Sieg. So wurde man nicht müde, die Hoffnung auf die Erfüllung der Israel gewordenen Zukunftsverheißungen an die Vollziehung des Gesetzes von dem Feststrauße zu knüpfen. Es waren die Jahre der Verfolgung, wo solche Vorträge dem Volke wohl taten. Der Feststrauß der Gegenwart mit seinen vier Pflanzenarten, den Repräsentanten des Bodenanbaues in Palästina, erinnerte oder wurde das Bild des Feststraußes der Zukunft Israels, der Erfüllung der vier Prophetenverheißungen von der Gotteserscheinung zum Tage des Gerichts; der Vergeltung an Edom (wohl Rom); der Erbauung des Tempels in Jerusalem und des Eintreffens des Messias. In Folge der Vollziehung des Gebotes: »Und so nehmet am ersten Tage (des Laubhüttenfestes), werde ich mich als Erster offenbaren, denn also heißt es: >Ich bin der Erste und der Letzte werde Vergeltung gegen den Ersten üben, gegen Esau (Rom), von dem es heißt: >Und er kam als Erster heraus< (1. M. 2.5); werde das Erste, den Tempel, erbauen nach: >Der Thron der Ehre, die Stätte vom Ersten der Ort unseres Heiligtums<; und werde den Ersten, den Messias, bringen nach: >Der Erste zu Zion, er ist da, ich gebe Jerusalem den Verkünder (Jesaja).<« Doch war hiermit die symbolische Deutung des Feststraußes noch nicht erschöpft; die Agadisten fanden in ihren Volksvorträgen für ihn immer neue Gesichtspunkte auf. Der Gottesglaube, die Ahnen Israels, das Volkstum, das Synhedrion, diese Repräsentanten des geistigen und leiblichen Wachstums Israels fanden ihr Symbol in den Pflanzarten des Feststraußes. Der Gottesglaube des Judentums, der Gott als den Weltschöpfer und Welterhalter verkündet, der das Gute belohnt, die Unschuld beschützt und dem Bedrückten beisteht — ist das Erste, was der Feststrauß symbolisch darstellt. »Die Frucht des majestätischen (hadar) Baumes«, das ist Gott (Gott als Schöpfer), von dem es heißt: »Huld und Majestät ist dein Gewand« (Ps. 104. 1); die Palme bezeichnet Gott (Belohner des Guten), nach: »Der Gerechte grünt wie die Palme (Ps. 91. 13); »der Zweig des dick belaubten Baumes«, »die Myrthe«, deutet auf Gott (Beschützer der Unschuld), denn also heißt es: »Und er (Gott) steht zwischen den Myrthen, die in der Tiefe sind« (Sacharia 1. 8); »die Bachweide«, das ist Gott (Beistand der Bedrückten), nach: »Machet ihm Bahn, der auf dicken Wolken einherfährt, — er der Vater der Waisen und Richter der Witwen« (Ps. 68. 5. 6). Das Zweite, was der Feststrauß symbolisch andeutet, waren die Stammväter Israels als die Verkünder dieses Gottesglaubens: »Die Frucht des schönen (hadar) Baumes« ist Abraham (der Gottausgezeichnete), den Gott mit einem schönen Alter geschmückt hatte (1 M. 2.4); »die Palme« ist Isaak (das Gottesopfer), der auf dem Altar gebunden lag; »die Myrthe«, d.i. Jakob (der Gottgesegnete), wie die Myrthe blätterreich ist, so war Jakob kinderreich; »die Bachweide« Joseph, wie die Bachweide am frühesten welkt, so starb Joseph vor seinen Brüdern (1. M. 5o. 26)«. Aber auch die Stammmütter erhalten durch den Feststrauß ihre symbolische Darstellung: Sara durch die Frucht des schönen Baumes; Rebekka durch die Palme; Lea durch die Myrthe und Ra-hel durch die Bachweide. Am ausführlichsten ist die Symbolisierung des Feststraußes auf das Synhedrion und das jüdische Volkstum. Die Frucht des schönen Baumes bezeichnet das große Synhedrion, dessen Mitglieder Gott mit einem hohen Alter schmückte; »die Palmenblätter«, die den Synedristen beigegebenen Gelehrten, die gleich den Palmblättern sich neigen, um Lehren (von ihren Lehrern) zu erhalten; »die drei Myrthenstängel « — die drei Schülerreihen vor den Synedristen und die zwei Bachweiden — die zwei Schreiber des Synhedrion, welche die verschiedenen Urteile der Synedristen verzeichnen. In Bezug auf das jüdische Volks-turn lautete die Symbolisierung: Die Frucht des Feststraußes ist genießbar und hat einen angenehmen Geruch, das sind diejenigen in Israel, die Gelehrsamkeit mit guten Werken vereinen; die Palme, die Genießbares (siehe Palme) hat, aber geruchlos ist, deutet auf diejenigen, die gute Werke üben, aber keine Gelehrsamkeit haben; die Myrthe, die einen angenehmen Geruch hat, aber selbst ungenießbar ist, bezeichnet diejenigen, die Weisheit ohne gute Werke besitzen. Verbindet, heißt es am Schlusse, sie alle und sie werden sich gegenseitig ergänzen, oder wörtlich: und der eine wird den anderen versöhnen. Eine andere Stelle hat darüber: »Von den Pflanzenarten des Feststraußes sind zwei, die Früchte tragen, zwei, die keine Früchte tragen; aber alle vier gehören zusammen und werden in einen Bund vereinigt, so sollen auch in Israel die verschiedenen Menschenklassen verbunden, ein Ganzes bilden..
III. Ritual. Von den Ritualbestimmungen über den Feststrauß nennen wir:
a. in Bezug auf die Anschaffung desselben. Der Feststrauß soll wirkliches Eigentum desjenigen sein, der dem Gesetze nachkommen will, was ausschließt, wenn er gestohlen oder geliehen ist. In Bezug auf die Gestalt wird angegeben, dass der Ethrog schön erhalten und fehlerfrei sei. Die Palme soll mindestens vier Handbreit lang sein, dagegen die Myrthe und die Bachweide drei Handbreit. Die Myrthe soll der Myrthenart angehören, deren Blätter zu je drei den Stängel bedecken. Die Bachweide von der Weidenart mit länglichen Blättern.
b. Die Verwendung. Den Gebrauch des Feststraußes bei dem Gottesdienste an den sieben Tagen des Laubhüttenfests zu feierlichen Umzügen in dem Tempel zu Jerusalem und in den Synagogen haben wir schon oben genannt. Wir fügen hier noch dem Berichte hinzu, dass im Tempel bei den Umzügen in den Levitenchören von Psalm 118. Vers 25 » O, Herr hilf doch! O, Herr lasse es glücken!« gesungen wurde. Nach dem Berichte R. Judas sangen sie in mystischer Verschlingung des Tetragrammation die ersten hebräischen Worte: אנא ה' .0 Herr!« dieses Verses, als wenn sie lauteten: אני והו — Am siebenten Tag fanden siebenmal Umzüge statt, worauf das Volk gerührt ein Abschiedslied anstimmte: »Heil dir Altar!« »Heil dir Altar!« Nach R. Elieser lautete der Abschiedssang: »Heil ihm, dem Gott, und dir, — o Altar!« »Heil ihm (dem Gott) und dir, o Altar!« Ebenso war es Sitte, dass beim Hallelgebet (Ps. 113 — 118) der Feststrauß in der Hand gehalten und derselbe bei gewissen Versen, die einen Dank oder eine Bitte aussprachen, nach den vier Seiten sowie nach oben und unten geschwungen wurde. Diese Verse waren: Psalm 118. 1., der dreimal am Ende der folgenden Verse wiederholt wurde; ferner bei dem ersten Teil des Verses 26. »O, Herr hilf doch!«, ferner bei Vers 29. »Danket dem Herrn, denn er ist gütig; denn ewig ist seine Güte!« Dieser Brauch wurde auch in dem Syna gogen-Gottesdienst am Laubhüttenfeste beibehalten. Die Schwingungen nach den vier Weltgegenden bedeuten nach der Erklärung eines Lehrers des dritten Jahrhunderts: »Dem Gotte, dem die vier Weltgegenden gehören!« Die Schwingungen nach oben und unten: »Dem Gotte, dem Schöpfer des Himmels und der Erde!«