Mizwa - Barmizwa

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Sohn des Ge­botes, Verpflichteter zur Gesetzesvoll­ziehung. So heißt im rabbinischen Schrifttum der Sohn jüdischer Eltern bei seinem Eintritt in das Alter, wo er zur Übernahme der Religionspflichten reif wird. Nach talmudischem Gesetz beginnt dasselbe nach zurückgelegtem dreizehntem Jahre, also nach dreizehn Jahren und einem Tag. Die Mischna bringt darüber den Ausspruch eines Lehrers des zweiten Jahrhunderts n.: »Zu fünf Jahren für die Bibel, zu zehn Jahren für die Mischna und zu drei­zehn Jahren für das Gebot d.h. zur Übernahme der Religionspflichten.« Eine Verordnung des nach dem barko­chbaischen Aufstande in Uscha wieder konstituierten Synhedrions (im 2. Jahrh. n.) bestimmte, dass der Vater zur Erziehung und Bildung seines Sohnes wenigstens bis zum dreizehnten Jahre verpflichtet ist. Deutlich wird dasselbe in dem Ausspruch eines Leh­rers des dritten Jahrhunderts n., des R. Elasar, wiederholt: »Der Mensch soll sich mit seinem Sohne bis zum drei­zehnten Jahre beschäftigen.« Von da ab spreche er: »Gepriesen sei der, wel­cher mich von der Strafe, d. h. von der Verantwortlichkeit desselben, befreit hat. « Mit der Erreichung des vier­zehnten Jahres erlangt der junge Mensch den Namen »Großer«, d. h. Herangereifter, oder »Sohn der Strafe«, d. h. Selbstverantwortlicher, er ist für sein Tun und Lassen selbst verantwort­lich und wird bei Vergehungen bestraft. Andererseits ist mit dem Eintritt dieses Alters auch ein Heraustreten aus der Gewalt des Vaters verbunden; die Be­vormundung desselben durch ihn hört auf; der Sohn hat über sich selbst zu bestimmen. Der Agadist stellt darüber, indem er an die Verschiedenheit der bi­blischen Charaktere und der Lebensbe­rufe von Jakob und Esau anknüpft, folgendes Gleichnis: »Die Knaben wuchsen heran« (1. M. 25. 27). Ne­beneinander wuchsen einst in einem Garten eine Myrthe und ein Dorn­busch. Als sie sich entwickelt und den Stand ihrer Blütezeit erreicht hatten, machte sich dieser durch den Stachel, aber jene durch den Duft bemerkbar. So verhielt es sich mit Esau und Jakob. Beide besuchten dreizehn Jahre die Schule, aber nach Ablauf dieser Zeit suchte Esau Götzentempel auf, dage­gen Jakob die Lehrhäuser. Mit dieser Freiheit, über sich zu bestimmten, tritt noch ein anderer Vorteil für den jungen Menschen ein: Kinder müssen, nach biblischer und talmudischer Lehre, oft wegen der Sünden ihrer Eltern leiden; diese Bestrafung der Kinder hört mit dem zurückgelegten dreizehnten Jahre auf. Das Kind, das bis jetzt wie als Glied des Vaters angesehen wurde und mit ihm Schmerz und Freude empfand, hört auf ein solches zu sein, es wird mit dem vierzehnten Jahre von ihm gleich­sam abgelöst, es wird selbstständig. »Bis dreizehn Jahre«, heißt es, »leidet der Sohn wegen der Sünde seines Va­ters, von da ab stirbt jeder in seiner Schuld.« Dieser Abschluss des Kindes-und Knabenalters und dieser Eintritt in das reifere Alter wurden in der Familie und im Gotteshause feierlich begangen. Diese Feier ist unter dem Namen »Bar­Mizwafeier« bekannt. Drei Moriate vorher wird der Bar-Mizwa im Anle­gen der Tephilin und in den damit in Verbindung stehenden Gesetzen unter­richtet. Am Tage der Bar-Mizwafeier, gewöhnlich am Shabbath, wird der­selbe in der Synagoge beim Morgen­gottesdienst zur Thora gerufen, wo er nach der Benediktion, je nach Sitte, ei­nen oder mehrere Abschnitte aus der Thora von dem vorzulesenden Penta­teuchstück oder die Haftara vorliest. Im Hause trägt er im Kreise der Freunde und Verwandten, je nach seinen Fähig­keiten, eine Rede oder eine Ansprache vor; der Begabtere pflegte einen talmu­dischen Vortrag, verbunden mit Dispu­tation, Derascha genannt, zu halten. Den Schluss bildet ein frohes Mahl, an dem die Geladenen teilnehmen und zur Hebung der Familienfreude beitragen.