Mussafgebet
Posted 6 yrs ago
Zusatzgebet. Für den Gottesdienst an Shabbath-, Neumondsund Festtagen bestimmte das mosaische Gesetz außer dem täglichen Morgen- und Abendopfer die Darbringung noch anderer Opfer, die der Bedeutung und der Heiligkeit des betreffenden Tages entsprechen. Dieselben waren im Tempelgottesdienst unter dem Namen » Mussafopfer «, »Zusatzopfer«, bekannt. Nach dem Aufhören des Opferkultus wurde in dem Synagogengottesdienste an der Stelle des Mussafopfers ein Mussafgebet, »Zusatzgebet«, eingeführt, das gleich diesem dem Morgengebet folgen soll. Beide, das Mussafopfer und das an dessen Stelle getretene Mussafgebet, haben das Gemeinsame, dass sie Akte sind, welche die Betätigung der Gesamtheit, die Teilnahme der ganzen Gemeinde an ihnen repräsentieren. In diesem Sinne wurde das Mussafgebet noch am Ende des ersten Jahrhunderts gehalten, sodass der Gesetzeslehrer R. Elasar ben Asaria die Verrichtung des Mussafgebets nur durch die Gemeindevertretung, cheber ir, Stadtrepräsentanz, städtische Genossenschaft haben will. »Das Gebet der Mussafim soll nur durch die Stadtvertretung, städtische Genossenschaft, cheber ir, verrichtet werden«, lautet darüber seine Bestimmung. Noch im zweiten Jahrhundert wiederholt der Gesetzeslehrer R. Juda diese Bestimmung mit dem Zusatz, dass, wo es eine Gemeindevertretung gibt, nur diese, aber nicht der Einzelne der Gemeinde, zur Verrichtung des Mussafgebets verpflichtet ist. Ebenso spricht sich im dritten Jahrhundert n. der Gesetzeslehrer Samuel aus: »Nie betete ich das Mussafgebet in Nehardea als Einzelner (d.i. privatim) als nur an dem Tage, wo die Rabbanan (die Gemeindevertreter in Folge des Eintreffens eines Kriegsheeres) von dem Abhalten des Mussafgebets behindert wurde; ich betete, weil die Gemeindevertretung nicht da war.« Auch im vierten Jahrhundert n. war es noch der Gesetzeslehrer Rab Jizchak ben Abdimi, der im Namen anderer Gelehrten die Lehre des R. Juda nach dem Ausspruch des R. Elasar Sohn Asaria zum Gesetz erhoben hat. Doch haben sich die anderen Lehrer im dritten und vierten Jahrhundert, R. Janai und R. Jochanan an ihrer Spitze, dagegen erklärt. »Das Mussafgebet darf mit oder ohne die Gemeindevertretung verrichtet werden«, lautete die Gegenlehre der Chachamim, die später als Gesetz angenommen wurde. Hiermit fiel obige Anordnung des R. Juda, dass der Einzelne von der Pflicht des Mussafgebets, wenn die Gemeindevertretung da ist, befreit ist. Das Mussafgebet kann daher auch privatim und von Einzelnen, wenn auch die Gemeindevertretung da ist, verrichtet werden. Das Zweite, was an den Zusammenhang des Mussafgebets mit dem Mussafopfer erinnern soll, war die Bestimmung der Zeit für dasselbe. Die Darbringung des Mussafopfers geschah bald nach dem täglichen Morgenopfer, konnte jedoch bis zur siebenten Stunde der Tageszeit, d.i. bis 1 Uhr nachmittags, verschoben und bis Abend vollbracht werden. Mit Bezug darauf war auch die Zeitangabe für das Mussafgebet: Es soll gleich nach dem Morgengebet stattfinden, aber kann bis 1 Uhr nachmittags verschoben und zur Not den ganzen Tag verrichtet werden. R. Jochanan nennt den, welcher ohne Grund die Verrichtung des Mussafgebets über die 7. Tagesstunde (1 Uhr nachm.) hinausschiebt, einen Gesetzesübertreter, wenn auch das Mussafgebet den ganzen Tag gebetet werden darf. In diesem Sinne lautet auch ein Ausspruch darüber von dem Lehrer R. Josua ben Levi. Sein Verhältnis zu dem ihm vorausgehenden Morgengebet und dem ihm folgenden Minchagebet wird in Folgendem angegeben: »Hat man das Morgengebet noch nicht verrichtet und trifft im Gotteshause zum Mussafgebet ein, wenn keine Zeit mehr für beide ist, verrichte man das Morgengebet; ebenso ist in ähnlichem Falle das Minchagebet dem Mussafgebet vorzuziehen.« Dieses Mussafgebet besteht aus drei Teilen: a) dem dasselbe einleitenden Psalm 145 mit dem Halbkaddisch; b) dem eigentlichen Mussafgebet, der Schemone Esre und c) dem dasselbe beschließenden Gebetsstück. Der zweite Teil, die Mussaf-SchemoneEsre, hat je nach dem Feste verschiedene Einschiebsel, worüber wir der Ausführlichkeit wegen auf den Artikel: »Schemone-Esre« verweisen.