Schema - Schma Jisrael
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Höre! Schemagebet; Schemalesen. Bekanntes Gebet, eins der Hauptteile des synagogalen Morgen-und Abendgebetes.
I. Name, Gebot, Teile, Inhalt, Wichtigkeit und Bedeutung. Das »Schema« oder das »Schemagebet« ist, wie es einen Hauptteil des synagogalen Morgen- und Abendgottesdienstes bildet, eine Zusammensetzung von drei Abschnitten aus dem Pentateuch: a. von 5. M. 6. 4 — 9, b. Das. 11. 13 -22. und c. 4. M. 15. 37 — 41. Von diesen ist der erste Abschnitt der Hauptteil desselben; er beginnt mit den Worten: »Schema Israel«, »Höre Israel«, wonach das ganze Gebetstück den Namen: »Schema«, Höre! erhielt. Derselbe lautet in deutscher Übersetzung: »Höre Israel, der Ewige unser Gott, Gott der Eine! « »Und liebe den Ewigen deinen Gott mit deinem ganzen Herzen, mit deiner ganzen Seele und mit deinem ganzen Vermögen. Es seien diese Worte, die ich dir befehle, auf deinem Herzen. Schärfe sie deinen Kindern ein und rede von denselben, wenn du sitzt in deinem Haus, gehst auf dem Weg, dich niederlegst und aufstehst. Knüpfe sie zum Zeichen auf deiner Hand und sie seien zur Stirnbinde zwischen deinen Augen. Schreibe sie auf die Pfosten deines Hauses und deiner Tore.« Eine liturgische Fassung erhielt dieser Abschnitt dadurch, dass man zwischen dem ersten Vers »Höre Israel« und dem ihm folgenden die Formel: »Gepriesen sei der Name der Herrlichkeit seines Reiches immer und ewig! «, einschob. Später kam noch ein dieses ganze Gebet einleitender Zusatz hinzu: »Gott König, der Wahrhafte!« Wir werden später das Nähere über beide Zusätze mitteilen. Der zweite Teil oder der oben bezeichnete zweite Abschnitt lautet: »Und es wird sein, wenn ihr auf meine Gebote hören werdet, die ich euch heute befehle, den Ewigen, euren Gott zu lieben und ihm zu dienen mit eurem ganzen Herzen und eurer ganzen Seele. Ich gebe Gras auf deinem Feld für dein Vieh und du wirst essen und dich sättigen. Hütet euch, dass euer Herz sich betören lasse, ihr abweicht und anderen Göttern dient« usw. »Damit sich mehren eure Tage und die Tage eurer Kinder auf dem Erdboden, den der Ewige euren Vätern zugeschworen, ihnen zu geben wie die Tage des Himmels auf der Erde.« Der vierte Teil oder der vierte Abschnitt: »Und es sprach der Ewige zu Moses wie folgt. Rede zu den Söhnen Israels und sage ihnen, dass sie sich Schaufäden machen an den Enden ihrer Kleider ... und so ihr sie seht, erinnert euch aller Gebote des Ewigen und vollzieht sie; weicht nicht ab nach eurem Herzen und nach euren Augen, denen ihr nachbuhlt. Damit ihr euch erinnert, alle meine Gebot ausübt und heilig werdet eurem Gott. Ich bin der Ewige euer Gott, der euch aus dem Land Ägypten geführt, um euch Gott zu sein; ich der Ewige euer Gott!« Das Gebot hierzu sollen die Worte enthalten: »Und rede von ihnen, wenn du dich niederlegst und wenn du aufstehst.« Andere wollen dasselbe in 2. M. 23. 25.: »Und dient dem Ewigen, eurem Gott«, das als Mahnung zum Gottesdienst aufgefasst wird, angedeutet finden. Die Dritten sehen in der Verrichtung des Schemagebetes die Vollziehung der Pflicht des Gesetzesstudiums. »Wenn du nur«, lehrte R. Simon ben Jochai (im Anfang des 2. Jahrh.), »morgens und abends das Schema liest, kommst du der Pflicht des Gesetzesstudiums (und es weiche nicht das Buch der Lehre aus deinem Mund) schon nach.« Noch deutlicher heißt es von einem anderen: »Warum bestimmten sie das Schemalesen am Morgen und am Abend? « Weil es einerseits heißt: »Es weiche nicht das Buch der Lehre aus deinem Mund, sinne darin nach Tag und Nacht (Josua 1)«, aber andererseits auch befohlen wird: »Sechs Tage arbeite und verrichte dein ganzes Werk (2. M. 20.)«; daher bestimmte man das Lesen des Schemas morgens und abends. »Es wird jedem, der das Schema liest, angerechnet, als wenn er die ganze Thora gelesen hätte.« Die Vierten halten das Schemagebet am Morgen und Abend als Ersatz des täglichen Opfers. Die Lehre darüber ist: »Ich schlafe, aber mein Herz wacht« (Hohld.), d. h. »ich schlafe vor der Darbringung der Opfer, aber mein Herz ist wach für das Schemagebet«; »Früher, so lässt die Agada Gott den Israeliten zurufen, habt ihr laut Vorschrift zweimal täglich das beständige Opfer dargebracht, aber, da der Tempel zerstört ist, wünsche ich anstatt dessen die Verrichtung des Schemagebetes am Morgen und Abend.« Nach den Fünften endlich soll das zweimalige Verrichten des Schemagebetes eine Ablegung des Bekenntnisses des Glaubens an die Gotteseinheit, auch eine Mahnung zum Festhalten an demselben sein. Wir haben über diese letzte Auffassung eine Menge von Aussprüchen, die bald zur Abwehr gegen die Trinität des Christentums, bald gegen den Gottesglauben des Parsismus von den zwei Gottheiten: Ormuzd und Ahriman, aber auch gegen das Heidentum im Allgemeinen erhoben wurden. R. Elieser b. Asaria (im Anfang des 2. Jahrh.) knüpft an den Ausspruch: Gott spricht zu Israel: »Ihr habt mich auserkoren in der Welt, auch ich habe euch auserkoren.« Ihr habt mich auserkoren, denn es heißt: »Höre Israel, der Ewige unser Gott ist Gott der Eine«, auch ich habe euch auserkoren, denn es heißt: »Und wer ist wie dein Volk Israel auf der Erde 1. Chr. 1, 17).« Ein Lehrer des dritten Jahrhunderts, R. Elasar hat darüber: »Sieben Himmel hat Gott Israel geöffnet, um ihm zu zeigen, dass es keinen anderen Gott gibt. Da sprach Israel: Herr der Welt! Wie ich im Himmel außer dir keinen Gott habe, so verlange ich auch auf der Erde keinen anderen Gott; wie ich im Himmel dir keinen Gott zugesellen kann, so mag ich auch auf der Erde dir keinen anderen Gott zugesellen (verbinden), ich besuche täglich die Synagogen und lege Zeugnis von dir ab, dass es keinen anderen Gott außer dir gibt, ich spreche: >Höre Israel!< d.h. was auf Sinai der erste Ausspruch gewesen; >der Ewige unser Gott<, d. h. uns liegt es ob, die Einheit seines Namens zu bekennen; >der Ewige ist unser Gott in dieser Welt<; >der Ewige der Eine< in der künftigen Welt. « Es war natürlich, dass dem Schemagebet eine Wichtigkeit und Heiligkeit, wie nie einem anderen, zuerkannt wurde. Man nannte die Verrichtung des Schemagebets ein »Protogama «, eine tägliche Erneuerung der Verbindung mit Gott, betrachtete sie gleich der Darbringung aller Opfer und hielt sie vorzüglicher als das Studium des Gesetzes, als eine Zusammenfassung des ganzen Gesetzes. Es spricht der erste Abschnitt ein Anerkennen des Gottesreiches aus, ein Geloben, sich unter dasselbe zu stellen; der zweite Abschnitt die Übernahme des Gesetzes und der dritte die Erinnerung an die den Israeliten durch Gott gewordene Erlösung. R. Josua ben Korcha (im z. Jahrh. n.) lehrte darüber: »Warum wurde der Abschnitt des Schema dem folgenden vorangestellt? Damit man erst die Pflichten des Gottesreiches auf sich nehme und darauf die des Gesetzes.« Sein Zeitgenosse R. Simon ben Jochai gibt als Grund der Reihenfolge dieser drei Abschnitte in Folgendem an: Der erste Abschnitt hat das Studium des Gesetzes, der zweite das Lehren desselben und der dritte die Vollziehung desselben zum Gegenstand. Nach einem anderen ist die Erwähnung Israels Erlösung aus Ägypten, wie Israel dadurch zur Freiheit gelangt und Diener Gottes geworden, der Hauptgrund des dritten Abschnittes. Ein Lehrer des dritten Jahrhunderts, R. Juda ben Chabiba, findet in diesem Abschnitt sechs Gegenstände ausgesprochen: »Das Gebot der Schaufäden, den Auszug aus Ägypten, die Übernahme der Gesetzesvollziehung, das Verbot, den Sektierern (Minin) zu folgen, das Verbot, sündhaften Gedanken nachzuhängen und das des Götzendienstes.« Ein vierter Lehrer, R. Simon, weist in den drei Abschnitten die zehn Gebote angedeutet nach. Die zehn Gebote wurden im Tempelgottesdienst vor dem »Schema« zitiert; es war dadurch gleichsam die Nichtnotwendigkeit desselben dokumentiert, da die Zehngebote in dem Schemagebet involviert enthalten sind. Die Mystik zählt die Worte des Schemagebetes und bringt die Zahl 248 gleich den Gliedern des Menschen heraus, woran sie die Mahnung knüpft: »Beobachtest du das Schema ordnungsmäßig zu lesen, wird auch Gott dich hüten.« »Beachte meine Gebote und lebe!« Von diesen drei Abschnitten des Schemagebetes wird der erste als der wichtigste bezeichnet, der mit besonderer Andacht gebetet werden muss. Andere nennen von diesem nur die ersten drei Verse als die wichtigsten. Die dritten endlich geben dafür nur den ersten Vers allein als das Schema an, das der Patriarch R. Juda I. gebetet hat. Die dieses Gebet einleitenden Worte: »Gott, wahrhafter König! el melech neeman«, ist ein späterer Zusatz, der in der Zusammensetzung der Anfangsbuchstaben seiner hebräischen Worte: a, m, n das Wort für »Amen« gibt. Dieser Zusatz ist nur für den Privatgottesdienst und bleibt bei dem öffentlichen (bei Anwesenheit von zehn Personen) weg. Im Unklaren ist man aber über den zweiten Zusatz nach dem ersten Vers des Schema: »Gepriesen sei der Name der Herrlichkeit seines Reiches, immer und ewig!« Wit sind hier nur auf Sagen angewiesen, aber auch diese widersprechen sich. Nach einigen derselben soll derselbe von dem Stammvater Jakob herrühren. Vor seinem Tod fragte er seine Söhne nach ihrem Gottesglauben und als diese ihm zuriefen: »Vater, wie du in deinem Herzen nur an einen Gott glaubst, wendet sich auch unser Herz nur einem Gott zu!«, sprach er: »Gepriesen sei der Name der Herrlichkeit seines Reiches immer und ewig!. Andere geben ihn als Ausruf Moses aus, der von ihm bei der Annahme des ersten Gebotes des Glaubens an die Einheit Gottes gesprochen wurde und die Dritten wollen wissen, dass Moses diesen Satz den Engeln abgelauscht und ihn den Israeliten übergeben habe. Der Tempelritus kennt diesen Zusatz, der an der Stelle unseres »Amen! « am Versöhnungstag vom Volk nach dem Anhören des vom Hohenpriester ausgesprochenen Gottesnamens gesprochen wurde. Wieder wird berichtet, dass derselbe in Jericho weggelassen wurde und in den anderen Gemeinden betete man denselben wie bei uns, nur leise. Der Versöhnungstag allein machte dabei eine Ausnahme, wo wegen der Minen (der Judenchristen), welche in den drei Gottesanrufen im ersten Vers des Schema: »der Ewige unser Gott, der Ewige der Eine« eine Andeutung auf die Dreieinigkeit ihres Gottesglaubens finden wollten, man diesen Zusatz als Verneinung desselben laut sprach.
II. Zeit und Vortragsweise. Die Zeit des Schemagebetes war, wie schon erwähnt, zweimal täglich, des Morgens und des Abends, worauf man den Schriftvers: »Wenn du dich niederlegst und wenn du aufstehst« bezog. Als Zeitpunkt wird am Morgen das Aufstrahlen der Sonne neben anderen Angaben mit Nachdruck bezeichnet (bis gegen 9 Uhr); des Abends das sichtbare Hervortreten der Sterne am Himmel. Die Proselytin, die Königin Helene aus Adiabene, beschenkte den Tempel mit einer goldenen Ampel oder nach der Auffassung anderer, mit einem goldenen Konvexspiegel, der am Eingang des Tempels hing und die Strahlen der aufgehenden Sonne reflektierte, um den Sonnenaufgang, als Zeit des Schemagebetes, kenntlich zu machen. An vielen Orten las man in früherer Zeit des Abends nicht den dritten Abschnitt. Die Mischna bringt erst den Ausspruch; »Man gedenke des Auszuges aus Ägypten des Nachts«, aber schon die Gemara Jeruschalmi bemerkt darauf, dass die Mischna in Opposition mit den Rabbanan sei, die gegen dieselbe den dritten Abschnitt von dem Auszug aus Ägypten zu lesen, nicht gekannt habe. Viel bedeutender für uns sind die Lehren über die Vortragsweise des Schemagebetes. Die Mystik hat dasselbe sich erkoren und für seine Vortragsweise viele Spezialitäten bestimmt, die von den Volks- und Gesetzeslehrern der Verstandesrichtung entschieden missbilligt und verworfen wurden. Obenan gehört hierher der Ausspruch von den letzteren: »Wer das Schema liest, zwinkere und blinzle nicht mit den Augen, verziehe und krümme nicht die Lippen und winke nicht mit den Fingern «; ferner: »Wer das Schema liest und mit seinen Augen blinzelt, seine Lippen verzieht und krümmt und mit seinen Fingern winkt«, von dem heißt es: »Nicht mich hast du angerufen, Jakob! (Jesaja 43).« Beide Aussprüche sind von den Lehrern des zweiten Jahrhunderts von R. Elasar ben Chisma und von k. Jizchak; sie bekämpfen eine von außen ins Judentum eingedrungene Unsitte, durch äußere Zeichen, äußere Gebärden seine innere Erregtheit kundzugeben, die heute wieder bei der Gebetsverrichtung der Chassidäer zum Vorschein kommen. Eine dritte Mahnung gibt schon etwas Positiveres über die Verrichtungsweise des Schemagebetes an; sie lautet: »Wenn Israel in seinen Gotteshäusern das Schema in Andacht und Harmonie liest, verständlich und melodisch, ruft Gott ihnen zu: lasst eure Stimme hören! (Hhld. 8), aber, so Israel das Schema liest mit zerstreutem Sinn, der eine früher und der andere später und nicht seinen Sinn auf das Lesen der Schema richtet, ruft der heilige Geist: Fliehe, mein Lieber! « Nach derselben soll das Schema andächtig, verständlich und in Harmonie mit den anderen Betern nach einer gewissen Melodie vorgetragen werden. Ebenso wird gemahnt, beim Lesen des Schema die grammatikalischen Regeln zu beachten, bei jedem Absatz anzuhalten, die Wörter deutlich auszusprechen, auf das Dagesch und die Trennungsakzente aufzumerken, nicht das He mit Cheth sowie das Daleth nicht mit Resch zu verwechseln u. a. m. Mit besonderer Andacht und Beachtung all dieser speziellen Regeln soll der erste Vers des Schema, der eigentlich wichtigste Teil des Schema, die Anerkennung und das Bekenntnis der Gotteseinheit, gesprochen werden. Das Schlusswort desselben, das »echod«, der eine, wurde länger gedehnt, so dass man die nach allen Seiten hin sich erstreckende Gottesherrschaft anerkennen konnte. Dagegen wurde ein zu langes Verweilen bei diesem Schlusswort getadelt. Von dem Patriarchen R. Juda I. wird erzählt, dass er zur Verstärkung seiner Andacht seine Augen mit den Händen bedeckte und das Schema las. Eine besondere Gesetzesdiskussion zwischen den Schulen Samais und Hilllels bildete, ob das Schemagebet stehend gesprochen werden soll. Erstere lehrte, dass man beim Schema am Morgen stehen, aber des Abends sich anlehnen dürfe, da derselbe Schriftvers auch die Worte hinzufügt: »Und wenn du auf dem Wege gehst«; so dass man auch gehend das Schema beten darf. Beide Schulen hatten ihre Vertreter noch lange Zeit nachher unter den bedeutenden Gesetzeslehrern, bis endlich die Meinung der Hilleliten durchdrang und allgemein normativ wurde. Dennoch behauptete sich der Brauch, den ersten Vers des Schema nur stehend zu sprechen. Die Lehre darüber lautet: »So man gehend das Schemagebet verrichten will, stehe man während des ersten Verses, der die Anerkennung des Gottesreiches und die Unterwerfung unter dasselbe ausdrückt.« Eine zweite Frage bildete die Verrichtung des Schemagebetes in einer anderen, dem Volke verständlichen Sprache. Der Patriarch R. Juda I. wollte dieselbe in der hebräischen Sprache, der Schriftsprache, beibehalten wissen, aber die Majorität erklärte sich gegen ihn und erlaubte, das Schema auch in anderen Sprachen zu verrichten. So zählte schon die Mischna das Schema unter den Stücken, die man auch in fremden Sprachen vortragen darf. Die Lehre darüber lautete: »Schema« bedeutet »höre, verstehe«, d. h. verrichte es in jeder Sprache, die du verstehst.