Schema - Schma Jisrael

Posted 6 yrs ago

Höre! Schemagebet; Sche­malesen. Bekanntes Gebet, eins der Hauptteile des synagogalen Morgen-und Abendgebetes.

I. Name, Gebot, Teile, Inhalt, Wich­tigkeit und Bedeutung. Das »Schema« oder das »Schemagebet« ist, wie es ei­nen Hauptteil des synagogalen Mor­gen- und Abendgottesdienstes bildet, eine Zusammensetzung von drei Ab­schnitten aus dem Pentateuch: a. von 5. M. 6. 4 — 9, b. Das. 11. 13 -22. und c. 4. M. 15. 37 — 41. Von diesen ist der erste Abschnitt der Hauptteil dessel­ben; er beginnt mit den Worten: »Schema Israel«, »Höre Israel«, wonach das ganze Gebetstück den Na­men: »Schema«, Höre! erhielt. Der­selbe lautet in deutscher Übersetzung: »Höre Israel, der Ewige unser Gott, Gott der Eine! « »Und liebe den Ewigen deinen Gott mit deinem ganzen Her­zen, mit deiner ganzen Seele und mit deinem ganzen Vermögen. Es seien diese Worte, die ich dir befehle, auf deinem Herzen. Schärfe sie deinen Kindern ein und rede von denselben, wenn du sitzt in deinem Haus, gehst auf dem Weg, dich niederlegst und aufstehst. Knüpfe sie zum Zeichen auf deiner Hand und sie seien zur Stirnbinde zwi­schen deinen Augen. Schreibe sie auf die Pfosten deines Hauses und deiner Tore.« Eine liturgische Fassung erhielt dieser Abschnitt dadurch, dass man zwischen dem ersten Vers »Höre Is­rael« und dem ihm folgenden die For­mel: »Gepriesen sei der Name der Herrlichkeit seines Reiches immer und ewig! «, einschob. Später kam noch ein dieses ganze Gebet einleitender Zusatz hinzu: »Gott König, der Wahrhafte!« Wir werden später das Nähere über beide Zusätze mitteilen. Der zweite Teil oder der oben bezeichnete zweite Abschnitt lautet: »Und es wird sein, wenn ihr auf meine Gebote hören wer­det, die ich euch heute befehle, den Ewigen, euren Gott zu lieben und ihm zu dienen mit eurem ganzen Herzen und eurer ganzen Seele. Ich gebe Gras auf deinem Feld für dein Vieh und du wirst essen und dich sättigen. Hütet euch, dass euer Herz sich betören lasse, ihr abweicht und anderen Göttern dient« usw. »Damit sich mehren eure Tage und die Tage eurer Kinder auf dem Erdboden, den der Ewige euren Vätern zugeschworen, ihnen zu geben wie die Tage des Himmels auf der Erde.« Der vierte Teil oder der vierte Abschnitt: »Und es sprach der Ewige zu Moses wie folgt. Rede zu den Söh­nen Israels und sage ihnen, dass sie sich Schaufäden machen an den Enden ih­rer Kleider ... und so ihr sie seht, erin­nert euch aller Gebote des Ewigen und vollzieht sie; weicht nicht ab nach eu­rem Herzen und nach euren Augen, denen ihr nachbuhlt. Damit ihr euch erinnert, alle meine Gebot ausübt und heilig werdet eurem Gott. Ich bin der Ewige euer Gott, der euch aus dem Land Ägypten geführt, um euch Gott zu sein; ich der Ewige euer Gott!« Das Gebot hierzu sollen die Worte enthal­ten: »Und rede von ihnen, wenn du dich niederlegst und wenn du auf­stehst.« Andere wollen dasselbe in 2. M. 23. 25.: »Und dient dem Ewigen, eurem Gott«, das als Mahnung zum Gottesdienst aufgefasst wird, angedeu­tet finden. Die Dritten sehen in der Verrichtung des Schemagebetes die Vollziehung der Pflicht des Gesetzes­studiums. »Wenn du nur«, lehrte R. Simon ben Jochai (im Anfang des 2. Jahrh.), »morgens und abends das Schema liest, kommst du der Pflicht des Gesetzesstudiums (und es weiche nicht das Buch der Lehre aus deinem Mund) schon nach.« Noch deutlicher heißt es von einem anderen: »Warum bestimmten sie das Schemalesen am Morgen und am Abend? « Weil es ei­nerseits heißt: »Es weiche nicht das Buch der Lehre aus deinem Mund, sinne darin nach Tag und Nacht (Josua 1)«, aber andererseits auch befohlen wird: »Sechs Tage arbeite und verrichte dein ganzes Werk (2. M. 20.)«; daher bestimmte man das Lesen des Schemas morgens und abends. »Es wird jedem, der das Schema liest, angerechnet, als wenn er die ganze Thora gelesen hätte.« Die Vierten halten das Schema­gebet am Morgen und Abend als Er­satz des täglichen Opfers. Die Lehre darüber ist: »Ich schlafe, aber mein Herz wacht« (Hohld.), d. h. »ich schlafe vor der Darbringung der Opfer, aber mein Herz ist wach für das Sche­magebet«; »Früher, so lässt die Agada Gott den Israeliten zurufen, habt ihr laut Vorschrift zweimal täglich das be­ständige Opfer dargebracht, aber, da der Tempel zerstört ist, wünsche ich anstatt dessen die Verrichtung des Schemagebetes am Morgen und Abend.« Nach den Fünften endlich soll das zweimalige Verrichten des Schema­gebetes eine Ablegung des Bekennt­nisses des Glaubens an die Gottesein­heit, auch eine Mahnung zum Festhalten an demselben sein. Wir ha­ben über diese letzte Auffassung eine Menge von Aussprüchen, die bald zur Abwehr gegen die Trinität des Chris­tentums, bald gegen den Gottesglauben des Parsismus von den zwei Gottheiten: Ormuzd und Ahriman, aber auch ge­gen das Heidentum im Allgemeinen erhoben wurden. R. Elieser b. Asaria (im Anfang des 2. Jahrh.) knüpft an den Ausspruch: Gott spricht zu Israel: »Ihr habt mich auserkoren in der Welt, auch ich habe euch auserkoren.« Ihr habt mich auserkoren, denn es heißt: »Höre Israel, der Ewige unser Gott ist Gott der Eine«, auch ich habe euch auserkoren, denn es heißt: »Und wer ist wie dein Volk Israel auf der Erde 1. Chr. 1, 17).« Ein Lehrer des dritten Jahrhunderts, R. Elasar hat darüber: »Sieben Himmel hat Gott Israel geöff­net, um ihm zu zeigen, dass es keinen anderen Gott gibt. Da sprach Israel: Herr der Welt! Wie ich im Himmel au­ßer dir keinen Gott habe, so verlange ich auch auf der Erde keinen anderen Gott; wie ich im Himmel dir keinen Gott zugesellen kann, so mag ich auch auf der Erde dir keinen anderen Gott zugesellen (verbinden), ich besuche täglich die Synagogen und lege Zeug­nis von dir ab, dass es keinen anderen Gott außer dir gibt, ich spreche: >Höre Israel!< d.h. was auf Sinai der erste Ausspruch gewesen; >der Ewige unser Gott<, d. h. uns liegt es ob, die Einheit seines Namens zu bekennen; >der Ewige ist unser Gott in dieser Welt<; >der Ewige der Eine< in der künftigen Welt. « Es war natürlich, dass dem Schemage­bet eine Wichtigkeit und Heiligkeit, wie nie einem anderen, zuerkannt wurde. Man nannte die Verrichtung des Schemagebets ein »Protogama «, eine tägliche Erneuerung der Verbin­dung mit Gott, betrachtete sie gleich der Darbringung aller Opfer und hielt sie vorzüglicher als das Studium des Gesetzes, als eine Zusammenfassung des ganzen Gesetzes. Es spricht der erste Abschnitt ein Anerkennen des Gottesreiches aus, ein Geloben, sich unter dasselbe zu stellen; der zweite Abschnitt die Übernahme des Gesetzes und der dritte die Erinnerung an die den Israeliten durch Gott gewordene Erlösung. R. Josua ben Korcha (im z. Jahrh. n.) lehrte darüber: »Warum wurde der Abschnitt des Schema dem folgenden vorangestellt? Damit man erst die Pflichten des Gottesreiches auf sich nehme und darauf die des Ge­setzes.« Sein Zeitgenosse R. Simon ben Jochai gibt als Grund der Reihenfolge dieser drei Abschnitte in Folgendem an: Der erste Abschnitt hat das Stu­dium des Gesetzes, der zweite das Leh­ren desselben und der dritte die Voll­ziehung desselben zum Gegenstand. Nach einem anderen ist die Erwähnung Israels Erlösung aus Ägypten, wie Is­rael dadurch zur Freiheit gelangt und Diener Gottes geworden, der Haupt­grund des dritten Abschnittes. Ein Leh­rer des dritten Jahrhunderts, R. Juda ben Chabiba, findet in diesem Ab­schnitt sechs Gegenstände ausgespro­chen: »Das Gebot der Schaufäden, den Auszug aus Ägypten, die Übernahme der Gesetzesvollziehung, das Verbot, den Sektierern (Minin) zu folgen, das Verbot, sündhaften Gedanken nachzuhängen und das des Götzendienstes.« Ein vierter Lehrer, R. Simon, weist in den drei Abschnitten die zehn Gebote angedeutet nach. Die zehn Gebote wurden im Tempelgottesdienst vor dem »Schema« zitiert; es war dadurch gleichsam die Nichtnotwendigkeit des­selben dokumentiert, da die Zehnge­bote in dem Schemagebet involviert enthalten sind. Die Mystik zählt die Worte des Schemagebetes und bringt die Zahl 248 gleich den Gliedern des Menschen heraus, woran sie die Mah­nung knüpft: »Beobachtest du das Schema ordnungsmäßig zu lesen, wird auch Gott dich hüten.« »Beachte meine Gebote und lebe!« Von diesen drei Ab­schnitten des Schemagebetes wird der erste als der wichtigste bezeichnet, der mit besonderer Andacht gebetet wer­den muss. Andere nennen von diesem nur die ersten drei Verse als die wich­tigsten. Die dritten endlich geben dafür nur den ersten Vers allein als das Schema an, das der Patriarch R. Juda I. gebetet hat. Die dieses Gebet einleiten­den Worte: »Gott, wahrhafter König! el melech neeman«, ist ein späterer Zu­satz, der in der Zusammensetzung der Anfangsbuchstaben seiner hebräischen Worte: a, m, n das Wort für »Amen« gibt. Dieser Zusatz ist nur für den Pri­vatgottesdienst und bleibt bei dem öf­fentlichen (bei Anwesenheit von zehn Personen) weg. Im Unklaren ist man aber über den zweiten Zusatz nach dem ersten Vers des Schema: »Geprie­sen sei der Name der Herrlichkeit seines Reiches, immer und ewig!« Wit sind hier nur auf Sagen angewiesen, aber auch diese widersprechen sich. Nach einigen derselben soll derselbe von dem Stammvater Jakob herrühren. Vor seinem Tod fragte er seine Söhne nach ihrem Gottesglauben und als diese ihm zuriefen: »Vater, wie du in deinem Herzen nur an einen Gott glaubst, wendet sich auch unser Herz nur einem Gott zu!«, sprach er: »Ge­priesen sei der Name der Herrlichkeit seines Reiches immer und ewig!. An­dere geben ihn als Ausruf Moses aus, der von ihm bei der Annahme des ers­ten Gebotes des Glaubens an die Ein­heit Gottes gesprochen wurde und die Dritten wollen wissen, dass Moses die­sen Satz den Engeln abgelauscht und ihn den Israeliten übergeben habe. Der Tempelritus kennt diesen Zusatz, der an der Stelle unseres »Amen! « am Ver­söhnungstag vom Volk nach dem An­hören des vom Hohenpriester ausge­sprochenen Gottesnamens gesprochen wurde. Wieder wird berichtet, dass derselbe in Jericho weggelassen wurde und in den anderen Gemeinden betete man denselben wie bei uns, nur leise. Der Versöhnungstag allein machte da­bei eine Ausnahme, wo wegen der Mi­nen (der Judenchristen), welche in den drei Gottesanrufen im ersten Vers des Schema: »der Ewige unser Gott, der Ewige der Eine« eine Andeutung auf die Dreieinigkeit ihres Gottesglaubens finden wollten, man diesen Zusatz als Verneinung desselben laut sprach.

II. Zeit und Vortragsweise. Die Zeit des Schemagebetes war, wie schon er­wähnt, zweimal täglich, des Morgens und des Abends, worauf man den Schriftvers: »Wenn du dich niederlegst und wenn du aufstehst« bezog. Als Zeitpunkt wird am Morgen das Auf­strahlen der Sonne neben anderen An­gaben mit Nachdruck bezeichnet (bis gegen 9 Uhr); des Abends das sichtbare Hervortreten der Sterne am Himmel. Die Proselytin, die Königin Helene aus Adiabene, beschenkte den Tempel mit einer goldenen Ampel oder nach der Auffassung anderer, mit einem golde­nen Konvexspiegel, der am Eingang des Tempels hing und die Strahlen der aufgehenden Sonne reflektierte, um den Sonnenaufgang, als Zeit des Sche­magebetes, kenntlich zu machen. An vielen Orten las man in früherer Zeit des Abends nicht den dritten Abschnitt. Die Mischna bringt erst den Ausspruch; »Man gedenke des Auszuges aus Ägyp­ten des Nachts«, aber schon die Ge­mara Jeruschalmi bemerkt darauf, dass die Mischna in Opposition mit den Rabbanan sei, die gegen dieselbe den dritten Abschnitt von dem Auszug aus Ägypten zu lesen, nicht gekannt habe. Viel bedeutender für uns sind die Leh­ren über die Vortragsweise des Sche­magebetes. Die Mystik hat dasselbe sich erkoren und für seine Vortrags­weise viele Spezialitäten bestimmt, die von den Volks- und Gesetzeslehrern der Verstandesrichtung entschieden missbilligt und verworfen wurden. Obenan gehört hierher der Ausspruch von den letzteren: »Wer das Schema liest, zwinkere und blinzle nicht mit den Augen, verziehe und krümme nicht die Lippen und winke nicht mit den Fingern «; ferner: »Wer das Schema liest und mit seinen Augen blinzelt, seine Lippen verzieht und krümmt und mit seinen Fingern winkt«, von dem heißt es: »Nicht mich hast du angeru­fen, Jakob! (Jesaja 43).« Beide Aus­sprüche sind von den Lehrern des zwei­ten Jahrhunderts von R. Elasar ben Chisma und von k. Jizchak; sie be­kämpfen eine von außen ins Judentum eingedrungene Unsitte, durch äußere Zeichen, äußere Gebärden seine innere Erregtheit kundzugeben, die heute wie­der bei der Gebetsverrichtung der Chassidäer zum Vorschein kommen. Eine dritte Mahnung gibt schon etwas Positiveres über die Verrichtungsweise des Schemagebetes an; sie lautet: »Wenn Israel in seinen Gotteshäusern das Schema in Andacht und Harmonie liest, verständlich und melodisch, ruft Gott ihnen zu: lasst eure Stimme hö­ren! (Hhld. 8), aber, so Israel das Schema liest mit zerstreutem Sinn, der eine früher und der andere später und nicht seinen Sinn auf das Lesen der Schema richtet, ruft der heilige Geist: Fliehe, mein Lieber! « Nach derselben soll das Schema andächtig, verständ­lich und in Harmonie mit den anderen Betern nach einer gewissen Melodie vorgetragen werden. Ebenso wird ge­mahnt, beim Lesen des Schema die grammatikalischen Regeln zu beach­ten, bei jedem Absatz anzuhalten, die Wörter deutlich auszusprechen, auf das Dagesch und die Trennungsakzente aufzumerken, nicht das He mit Cheth sowie das Daleth nicht mit Resch zu verwechseln u. a. m. Mit besonderer Andacht und Beachtung all dieser spe­ziellen Regeln soll der erste Vers des Schema, der eigentlich wichtigste Teil des Schema, die Anerkennung und das Bekenntnis der Gotteseinheit, gespro­chen werden. Das Schlusswort dessel­ben, das »echod«, der eine, wurde län­ger gedehnt, so dass man die nach allen Seiten hin sich erstreckende Gottes­herrschaft anerkennen konnte. Dage­gen wurde ein zu langes Verweilen bei diesem Schlusswort getadelt. Von dem Patriarchen R. Juda I. wird erzählt, dass er zur Verstärkung seiner Andacht seine Augen mit den Händen bedeckte und das Schema las. Eine besondere Gesetzesdiskussion zwischen den Schu­len Samais und Hilllels bildete, ob das Schemagebet stehend gesprochen wer­den soll. Erstere lehrte, dass man beim Schema am Morgen stehen, aber des Abends sich anlehnen dürfe, da der­selbe Schriftvers auch die Worte hinzu­fügt: »Und wenn du auf dem Wege gehst«; so dass man auch gehend das Schema beten darf. Beide Schulen hat­ten ihre Vertreter noch lange Zeit nach­her unter den bedeutenden Gesetzes­lehrern, bis endlich die Meinung der Hilleliten durchdrang und allgemein normativ wurde. Dennoch behauptete sich der Brauch, den ersten Vers des Schema nur stehend zu sprechen. Die Lehre darüber lautet: »So man gehend das Schemagebet verrichten will, stehe man während des ersten Verses, der die Anerkennung des Gottesreiches und die Unterwerfung unter dasselbe aus­drückt.« Eine zweite Frage bildete die Verrichtung des Schemagebetes in ei­ner anderen, dem Volke verständlichen Sprache. Der Patriarch R. Juda I. wollte dieselbe in der hebräischen Sprache, der Schriftsprache, beibehalten wissen, aber die Majorität erklärte sich gegen ihn und erlaubte, das Schema auch in anderen Sprachen zu verrichten. So zählte schon die Mischna das Schema unter den Stücken, die man auch in fremden Sprachen vortragen darf. Die Lehre darüber lautete: »Schema« be­deutet »höre, verstehe«, d. h. verrichte es in jeder Sprache, die du verstehst.