Simon ben Gamliel I.

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Patriarch aus dem edlen Haus Hillels, dessen Ur­enkel, der nach dem Tod seines Vaters, Gamliels I., achtzehn Jahre vor der Zerstörung des Tempels zum Synhedri­alpräsidenten erhoben wurde und bald darauf in den nun folgenden stürmi­schen Jahren der Aufstände und Kriege der Juden gegen die ihnen gehässige Römerherrschaft an die Spitze des jü­dischen Staates trat. Über seine große staatsmännische Fähigkeit ist das Ur­teil des Geschichtsschreibers Josephus, seines Gegners, von Bedeutung. Er sagt von ihm: »Er aber war ein Mann voll Einsicht und Verstand, der durch seine Klugheit Dinge in übler Lage festzu­stellen vermochte. « In dieser Stellung zeigte er sich voll Entschlossenheit und Energie, er ließ sich von keiner Partei hinreißen und verlor bis in den letzten Augenblick nicht seine Besonnenheit; er drohte dem wankelmütigen Jose­phus, der den Oberbefehl in Galiläa hatte, mit Enthebung. Ebenso trat er als Gegner der Zeloten auf, denen er es nicht verzeihen konnte, dass durch ihr Andrängen ein Hoherpriester lediglich durch das Los gewählt wurde, das auf einen unwissenden Priester namens Phanias ben Samuel fiel. Derselbe musste wider seinen Willen vom Pflug hinweg diese Würde annehmen, was Gelächter und Entrüstung erregte. An­dererseits näherte er sich den von den Pharisäern so sehr gehassten Hohen­priestern aus dem Haus Anan. Bedeut­sam ist sein Spruch, der uns seine ganze Persönlichkeit charakterisiert: »Mein ganzes Leben verbrachte ich unter Wei­sen, ich fand nichts Besseres für den Körper (leibliches Wohl) als Schwei­gen; das Studium ist nicht Hauptsache, sondern die Tat; und wer Worte häuft, bringt Sünde.« Von seinen Gesetzesins­titutionen, die er im Geiste seiner großen Ahnen traf, nennen wir seine Erklärung, dass die Sadducäer, wenn sie auch in ihren Gesetzesbestimmun­gen von den Pharisäern abweichen, den anderen Juden völlig gleich zu hal­ten sind; ferner, dass man nie für eine Gemeinde Anordnungen treffe, die der größere Teil derselben nicht ertragen kann; ebenso ergriff er in einer Teue­rungszeit, wo Trauben, die man zu Op­fern kaufen sollte, sehr hoch bezahlt wurden, zu einer Maßregel, welche die Opferzahl bedeutend herabsetzte. Sonst zeigte er sich auch als Weltmann, der an Volksbelustigungen gern teil­nahm. Bei dem Wasserfreudenfest am Abend des Laubhüttenfestes sah man auch ihn Fackel werfen und bewun­derte seine Gewandtheit darin. Einststand er auf den Stufen des Tempel­berges, wo er eine gar schöne Heidin erblickte. Er faltete seine Hände und sprach: »Herr, wie verehrungsvoll sind deine Werke! « Über seinen Tod berich­tet uns die Sage, dass er durch die Hand der Römer getötet wurde, was jedoch bezweifelt und auf Gamliel II. bezogen wird.