Sopherim
Posted 6 yrs ago
Schriftgelehrte, Schreib-, Schrift- und Gesetzeskundige, Schrifterklärer, Gesetzesausleger.
I. Name und Bedeutung. Der Name »Sopherim« in seinem Gebrauch und in seiner Bedeutung hat eine nicht unbedeutende Geschichte. In den biblischen Schriften der vorexilischen und exilischen Zeit ist »Sopher« (pl. Sopherim) ein Schreiber, aber schon in den nachexilischen Büchern bedeutet dieser Name auch: »Schriftgelehrter«, wo derselbe neben »Mebin«, »Mebinim«, Schriftkundige, vorkommt. In der nachexilischen Zeit waren es, nach dieser zweiten Bedeutung, die Männer, die sich bei der Wiederbegründung des zweiten jüdischen Staatslebens und nachher der Tätigkeit Esras, Schrift-und Gesetzeskunde unter das Volk zu verbreiten, anschlossen und dieselbe nach seinem Tod fortsetzten. Sie besorgten die Abschriften und die Verbreitung der heiligen Bücher, erklärten dieselben in öffentlichen Vorträgen, legten das Gesetz aus und trafen die nötigen Anordnungen zur Förderung und Erhaltung des religiösen Lebens. In dieser Bedeutung wurde der Name »Sopher«, Schriftkundiger, Schriftgelehrter, schon Esra dem Ersten, der öffentlich dem Volk aus der Thora vorlas und die vorgelesenen Stücke in die Volkssprache (armäische) übersetzte und erklärte, beigelegt, den nun auch die ihm in diese Tätigkeit folgenden Männer erhielten. Es waren dies die Männer, die Schriftgelehrten der großen Synode, wie sie in wechselnder Reihenfolge in dem Zeitraum von 450 bis 219 v. auf dem von Esra ihnen vorgezeichneten Weg rüstig weiter arbeiteten. Als einer der Letzten von ihnen wird der Hohepriester Simon der Gerechte angegeben. So wird im 1. B. der Makkabäer 7, 12 die große Synode, die Synode der Schriftgelehrten genannt, die auf einer anderen Stelle auch »Älteste« heißt. Ähnlich spricht man auch im talmudischen Schrifttum von den »Worten, Anordnungen der Sopherim«, Einrichtungen und Verbesserungen der Sopherim; Lesearten der Sopherim; »Weglassung (gewisser Buchstaben im Bibeltext) der Sopherim«; »Weisheit der Sopherim« und »Schriftforschung der Sopherim.« Die diesem Namen gleichbedeutende Bezeichnung ist: »Die Alten oder die Ältesten der Vorzeit«, zum Unterschied von den späteren Gelehrten, die nur »die Alten« heißen. In der nachmakkabäischen Zeit und später verstand man unter »Sopher« oder »Sopherim« die Schriftgelehrten, die Gesetzesausleger allgemeinhin, die Volks- und Gesetzeslehrer, Tanaim, welche im Gesetz forschten, an dessen Ausbau arbeiteten, Volksvorträge hielten und die Gesetzesjünger heranbildeten. So heißen in den Targumim Moses und Ahron »die ersten Sopherim in Israel.« Von diesen Sopherim, als den Volks- und Gesetzeslehrern, haben wir die Sopherim, die nur Bibelabschriften anfertigen oder Gerichtsschreiber waren, zu unterscheiden. Die zwei Ämter, Lehren und Anfertigen von Abschriften, fielen in dieser Zeit nicht mehr zusammen, sie wurden getrennt und bildeten zwei Klassen, die nur noch einen gemeinsamen Namen »Sopherim« hatten. In noch späterer Zeit sind Spoherim auch Kinderlehrer. Wir haben also in der Erklärung des Namens »Sopherim« die engere Bedeutung von der weiteren zu unterscheiden. In der engeren Bedeutung bezeichnet »Sopherim« die Schriftgelehrten der älteren Periode, die Mitglieder der großen Synode, die auch »die Alten der Vorzeit« heißen. Dagegen versteht man in weiterem Sinn dieses Namens die Gelehrten allgemein, den gelehrten Stand, die Volks- und Gesetzeslehrer auch der nachmakkabäischen Zeit, wie sie die Gesetzesausleger, die Volkslehrer, die Richter und die Kinderlehrer des jüdischen Volkes waren. Wir haben es hier mit den ersteren zu tun, mit den Sopherim in der engeren Bedeutung, den älteren Schriftgelehrten.
II. Tätigkeit und Stellung. Die Tätigkeit der Sopherim umfasst einen Zeitraum gegen 170 Jahre, von 450 — 219, der Zeit der persischen Oberhoheit über Palästina. Als Mitglieder der großen Synode bildeten sie die Oberbehörde des wiedergegründeten jüdischen Staates in Palästina und hatten als solche die oberste Leitung des Staatswesens, die Gesetze und Anordnungen zu treffen, Gerichte einzusetzen, die Behörden des Landes zu überwachen, geeignete Persönlichkeiten für dieselben zu ernennen u. a.m. Von den Berichten über diese ihre Tätigkeit, besonders der späteren Zeit, sind uns nur wenige erhalten. Die Bücher der Chronik und die der Makkabäer, das Buch Esther, das Buch Sirach u. a. m., auch die Schriften des Josephus und der beiden Talmuden haben nur spärliche Notizen davon. Etwas reicher fließen die Nachrichten über ihre Wirksamkeit als Volks- und Gesetzeslehrer. Wir haben über dieselben ausführlich in den anderen Artikeln berichtet, was wir hier nicht wiederholen wollen.