Abhängigkeit von Gott

Posted 6 yrs ago

Die Ab­hängigkeit in ihrem Gegensatze zur Überhebung und Selbstvergötterung des Menschen, wie derselbe im Gefühl der Beschränktheit der menschlichen Kräfte wurzelt, ist eine die Bibel durch­ziehende Grundidee ihrer Lehren und Institutionen. Den Männern der vorsi­naitischen Epoche ist er der Verkünder der Lehren eines religiös sittlichen Le­bens. Er erfüllt Abraham mit Vertrauen auf die ihm gewordene göttliche Ver­heißung, stärkt Eliesar, seinen Knecht, in der geschickten Vollziehung seines Auftrages, offenbart Jakob im Bilde ei­ner Leiter von der Erde bis zum Him­mel den über den Verlassenen in Liebe wachenden Gott, zwingt die Söhne Ja­kobs zum Geständnis ihres Vergehens des Verkaufs Josephs, ihres Bruders, lehrt Joseph diese Tat als eine göttliche Fügung zu betrachten und dieselbe sei­nen Brüdern zu verzeihen, zeigt Mose in der Gestalt eines brennenden Dorn­busches den zur Erlösung seines ge­knechteten Volkes existierenden Gott, veranlasst Pharao zur Einsicht sei­ner Ohnmacht usw. Im Gesetze ist die Hinweisung auf die Abhängigkeit von Gott die Mahnstimme zur treuen Er­füllung desselben. Die Gebote der Nächsten- und Fremdenliebe, der Wohltätigkeit an Armen und Hilflosen, der Unterdrückung jeder stolzen Erhe­bung usw. schließen mit der Mahnung, des Wechsels der menschlichen Ver­hältnisse durch Gott eingedenkt zu sein: »Ihr selbst waret Fremde im Lande Ägypten«; »Wenn er zu mir auf­schreit, ich höre ihn, denn gnädig bin ich. Es werden eure Frauen zu Witwen, eure Kinder zu Waisen.« Schön ist der Abhängigkeitsglaube mit seiner sittlich veredelnden Bedeutsamkeit in den Aus­sprüchen gezeichnet: »Nicht ihr habt mich hierher geschickt, sondern Gott« (i. M. 45. 5. 1); »Ihr habt über mich Böse gedacht, aber Gott hat Gutes be­schlossen« (Das. 50. 2o); »wozu ver­wünschen, so Gott nicht verwünscht! Wozu schelten, so Gott nicht schilt!« (4. M 23. 8-13 ); »Nur das, was der Ewige in meinen Mund legt, das beob­achte ich zu reden« (Das.); »Wer gab dem Menschen den Mund? Oder wer machte ihn stumm, taub, sehend oder blind, bin ich es nicht, der Ewige?« (2. M. 4. i 1); »Wie wird einer Tausende und zwei Zehntausende in die Flucht jagen, wenn der Ewige sie nicht ver­kauft hätte?« (5. M. 32. 40); »Sehet, dass ich, ich es bin, ich töte und belebe, verwunde und heile.« (Das. V. 39. 40) Als Beweise dieses Abhängigkeitsglau­bens gelten in den prophetischen Schriftstücken, nächst der Hinweisung auf große Geschichtsbegebenheiten auch gewisse Vernunftgründe. So bei Jesajas: »Verkehrtheit! Soll der Töpfer dem Tone gleichgeachtet sein? Kann das Werk dem Meister zurufen: du hast mich gemacht! Das Gebilde dem Bild­ner: du verstehst es nicht!« (Jesaja 2.9. 15-17); »Wird die Axt gegen den sich brüsten, der sie hebt? Die Säge über ih­ren Führer sich erheben? Die Geißel sich dessen bemächtigen, der sie schwingt?« (Das. 1o. 14. 15.) Über den Sturz des assyrischen und des babylonischen Reiches sind die Aussprüche: »Und du sprachst ja in deinem Herzen, ich er­steige den Himmel, nun senkst du mich in die Gruft!« (Jesaja); »Er, Gott, ändert die Zeiten, wechselt die Abschnitte, setzt Könige ein und ab, gibt Weisheit dem Weisen, Einsicht dem Verständigen.« (Daniel 2. 21 .) In den Psalmen hören wir den in sich gekehrten Menschen sprechen, die Beweise werden aus der in ihm liegenden Sehnsucht nach Gott ge­holt. »Was wird ein Mensch mir tun, der Ewige ist in meiner Hilfe.« (Psalme); »Mit dir durchbreche ich die Kriegs­schar, mit meinem Gott setze ich über die Mauer« (Das.); »So der Ewige nicht das Haus baut, vergebens mühen sich daran die Bauleute, so der Ewige nicht die Stadt bewacht, umsonst wacht der Wächter.« (Das.); »Er spricht und es ge­schieht, gebaut und es steht da!« (Das.)