Elasar ben Asaria, ‏ר'אלעזר בן עזריה

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Elasar ben Asaria, ‏ר'אלעזר בן עזריה‎ Gesetzeslehrer, ‏(im‎ 1. Jahrh. n.) priesterlicher Abstammung, der zehnten Generation von Esra, der noch, wenn auch nur als Kind, den Tempelgottesdienst zu Jerusalem gesehen hat. Sein Lehrer war R. Jose der Galiläer, dem er später ein Geldgeschenk machte, daß er sich von seiner zänkischen Frau scheiden lassen konnte. Aber schon sein Vater war ein bedeutender Gesetzeslehrer, den R.‎ Dosa (s. d. A.) »unser College« nannte. In Folge dieser hohen Herkunft und in Betracht seiner Gelehrsamkeit wurde er schon zu 18 Jahren in der Zelt der Zerwürfnisse zwischen dem Patriarchen R. Gamliel und R. Josua, die zur Absetzung des Erstern führten, zum Vorsitzenden des Synhedrions gewählt. Nach der Wiedereinsetzung des R. Gamliel in seine Würde verwaltete er mit ihm gemeinschaftlich dieses Ehrenamt, so daß sie wöchentlich mit einander abwechselten. Seine anderen Collegen, mit denen er oft in halachischen Vorträgen disputirte, waren R. Josua, R. Tarphon, R. Ismael und R. Akiba. Mit Letzterm traf er in seinen Gesetzesdiskussionen hart zusammen, so daß er ihm mehrere Mal zurief: »Akiba, wenn du auch den ganzen Tag Beweise zitirst, ich höre nicht darauf!«5 Dagegen stimmte er mehr mit R. Ismael der ihn: »Mein Bruder!« anredete. Ebenso bestritt er nicht die gesetzlichen Bestimmungen des Patriarchen R. Gamliel. In solchen Gesetzesdiskussionen benutzte er die Regel der halachischen Exegese, mittelst welcher man aus der Verbindung und dem Zusammenhang der schriftlichen Gesetze unter einander manche gesetzliche Bestimmung ableitete. Besonders verstand er es, dem Gesetze neue Seiten abzugewinnen, was für das Charakteristische seiner Halacha gelten kann. Er ist ein entschiedener Gegner der Todesstrafe und nennt das Synhedrion, das in 70 Jahren eine Todesstrafe vollziehen läßt: »Todtschläger.« Einen tiefen sittlichen Ernst athmen seine agadischen Lehren. a. Ueber Religion war sein Spruch: Keine Thora, religiöse Bildung, ohne Weltsitte, keine Weltsitte ohne Thora, religiöse Bildung, keine Weisheit ohne Gottesfurcht, keine Gottesfurcht ohne Weisheit; keine Kenntniß ohne Einsicht, keine Einsicht ohne Kenntniß; keine Thora, Gesetzesstudien, ohne Nahrung, keine Nahrung ohne Thora, Gesetzesstudien.« Eine andere Lehre von ihm macht dies deutlich: »Derjenige, dessen Weisheit mehr ist als seine Thaten, gleicht einem Baume mit vielen Aesten und wenigen Wurzeln, der leicht durch einen Wind entwurzelt und hingestreckt werden kann, dagegen steht der, dessen Thaten mehr sind als seine Weisheit, fest wie ein Baum da, der durch keinen Sturm von seiner Stelle gerückt wird, denn also heißt es Jeremia 17. 16: »Und er wird wie ein Baum sein, gepflanzt an Wasser, in feuchten Boden streckt er seine Wurzeln aus, er fürchtet nicht, so die Hitze kommt, sein Blatt grünt, im Jahre der Dürre sorgt er nicht, er hört nicht auf Früchte zu tragen.« Diese Lehre steht nicht ohne Beziehung aus ihre Zeit, er polemisirt in ihr gegen die Gnostiker oder die Hellenisten, Alexandriner, welche bekanntlich die Gesetzesausübung nur gering achteten und theilweise ganz vernachlässigten. Aus einer andern Stelle schätzt er den Religionslehrer höher als die Eltern, da diese dem Menschen nur das diesseitige Dasein geben, aber jener ihn in das Jenseits bringt. Die Bestimmung Jsraels als besonderes Volk zu leben, findet er in der Erhaltung des Glaubens an die Gotteseinheit. »Ihr erwähltet mich als den Einen in der Welt, auch ich erwählte euch zu einem Volke, denn also heißt es 5 M. 6: »Höre Jsrael, der Ewige unser ist Gott der Eine!« ferner: »Wer ist wie dein Volk, eine Nation auf der Erde.« Vielleicht haben wir darin eine Polemik gegen die Trinität des Christenthmus. Großes Gewicht legt er auf die Feier der Feste, die er mit dem Nachdruck dem Volke empfiehlt: »denn Jeder, welcher die Feste verachtet, begeht gleichsam einen Götzendienst.«‎ Das Gesetz, welches die Kinder zur Vorlesung der Thora am Laubhüttenfeste des Jobeljahres mitzubringen befiehlt, war, damit die Eltern Lohn dafür erhalten.i Die Versöhnung der Sünden am Versöhnungstage ist nach ihm nur für die Sünden des Menschen gegen Gott, aber nicht für die der Menschen gegen einander, die ihre Versöhnung an diesem Tage nur erhalten, wenn die Menschen sich erst gegenseitig versöhnt haben. Andere ethische Lehren von ihm sind: »Wer da verleumdet, falsche Zeugenschaft annimmt, den sollte man den Hunden zum Fraß vorwerfen.« Als Heilmittel für den Sünder nennt er die Zurechtweisung der Weisen, Gesetzeslehrer, die ihn auf rechte Bahn bringen. Aber er wünscht, daß dieselbe auf eine geschickte Weise und von einer tadellos dastehenden Persönlichkeit ausgeführt werde. Dem über seine Zeit klagenden R. Tarphon, »Niemand wolle mehr Zurechtwveisung annehmen!« antwortete er: »Es sollte mich wundern, ob heute Jemand existire, der zurecht zu weisen verstehe!« Gegen die Stimmen seiner Zeit, in Folge der Zerstörung des Tempels keine Ehen mehr zu schließen u. a. m. erklärt er: »Jeder Jude, der dem Eheleben entsagt, verringert gleichsam Gottes Ebenbild.« Doch finden die Folgen des unglücklichen Krieges, die Verarmung des Landes, auch in seiner Lehre ihren Ausdruck: »Schwer ist die Nahrung des Menschen gleich dem Wunder bei der Spaltung des Schilfmeeres vor den Israeliten auf ihrem Zuge in der Wüste.« Sein helles Urtheil machte ihn der Geheimlehre (s. d. A.) abhold, er trat als ihr entschiedener Gegner auf und erklärte, nicht ohne Ironie, gegen R. Akiba und seine anderen Collegen, welche die in Daniel 7. genannten zwei Stuhle für den Thron für Gott und den für David, oder für den Thron der Gerechtigkeit und den der Barmherzigkeit hielten, daß von diesen der eine den Thron, aber der andere den Fußschemel bedeuten könne, denn also heißt es Jesaia 66. 1: »Der Himmel ist mein Thron und die Erde der Schemel meiner Füße.« Er stellt den exegetischen Grundsatz auf: »Die Thora redet in der Sprache der Menschen« (Kidduschin 17.). Doch war er auch ein Anhänger der Messiashoffnungen seiner Zeit, die er mit seinen Collegen offen theilte. Er erwartete die Tage des Messias nach Ablauf von 70 Jahren. Von seinem Privatleben war sein Reichthum sprichwörtlich: »Wer R. Elasar ben Asaria im Traume sieht, hoffe auf Reichthum.« Die Zehnten seiner Rinderheerden betrugen jährlich 12,000 Kälber. So stand er gesegnet an irdischen und geistigen Schätzen, als würdiger Nachkomme eines großen Ahnengeschlechts, hochgeachtet da. »Das Geschlecht ist nicht verwaist, in welchem R. Elasar den Asaria sich befindet!« lautete die Volksstimme über ihn. Bei einem Besuche des R. Elasar ben Arach mit seinen Collegen wurden für ihn und R. Josua goldene Sessel gebracht. Welche Stellung er bei der barkochbaischen Erhebung einnahm, verlautet nichts. Auch über seinen Tod haben wir keine besondere Notiz, nur allgemein heißt es: »Mit dem Tode des R. Elasar ben Asaria hörten die Kronen der Weisheit auf«